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Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall

Wer hat nach einem Verkehrsunfall Anspruch auf Schmerzensgeld? Wie macht man dieses geltend und in welcher Höhe wird es gezahlt?

1. Schmerzensgeldanspruch bei Personenschäden

Ein Verkehrsunfall hat im günstigsten Fall nur einen leichten Blechschaden zur Folge. Der Geschädigte hat in diesem Fall gegen den Unfallverursacher bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherer einen Schadensersatzanspruch zum Ausgleich des vermögensrechtlichen Schadens. Dies ist vor allem der Anspruch auf Zahlung der Reparaturkosten wegen des bei dem Unfall beschädigten Fahrzeugs.

Ein Verkehrsunfall kann aber auch erhebliche Personenschäden, also körperliche Schäden bei den Unfallbeteiligten, zur Folge haben. Dann bestehen Schadensersatzansprüche zum Ausgleich weiterer Kosten, wie etwa die Kosten einer Heilbehandlung, Verdienstausfall und Erwerbsminderung. Diese Kosten werden zum Teil auch von eigenen Versicherungen wie die Krankenkasse oder Berufsunfallversicherung, oder vom Arbeitgeber getragen. Diese Stellen machen den Schaden dann wiederum selbst gegenüber dem Ersatzpflichtigen geltend.

Neben den genannten Kosten für die Heilbehandlung usw. kommt bei einem Personenschaden für den Geschädigten aber auch ein Schadensersatzanspruch eigener Art in Betracht: das Schmerzensgeld. Mit diesem wird der immaterielle – also nicht vermögensrechtliche Schaden – ausgeglichen, den der Geschädigte durch den Unfall erlitten hat. Hierbei spricht man von der sogenannten Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes. Zugleich kommt dem Schmerzensgeld auch eine sogenannte Genugtuungsfunktion zu im Hinblick darauf, dass der Schuldner dem Geschädigten Genugtuung schuldet für das, was dieser ihm durch den Unfall angetan hat.

2. Höhe des Schmerzensgeldes

Dem Geschädigten steht gemäß § 253 BGB eine angemessene Entschädigung in Geld zu. Was angemessen ist, bestimmt sich im Einzelfall. Hierfür existieren keine gesetzlichen Vorgaben. Einen Maßstab bildet aber die Rechtsprechung deutscher Gerichte. Diese wird zusammengefasst in Schmerzensgeldtabellen und Urteilssammlungen, die aufzeigen, für welche Körperschäden welche Schadensbeträge zugesprochen wurden. Beispielsweise veröffentlicht das Oberlandesgericht Celle eine eigene Urteilssammlung – die Celler Schmerzensgeldsammlung – die frei zugänglich von jedermann einsehbar ist und so für eine erste Einschätzung der möglichen Schmerzensgeldhöhe dienen kann. Daneben gibt es einige in der Fachliteratur etablierte kostenpflichtige Schmerzensgeldtabellen, die die Rechtsprechung umfassend verwerten und die Schmerzensgeldbeträge nach verschiedenen Kriterien katalogisieren.

Diese Tabellen und Sammlungen bieten aber nur Anhaltspunkte, denn im konkreten Fall muss der Anspruch genauer nach verschiedenen Faktoren bestimmt werden: So kann ein Schmerzensgeld für leichte körperliche Schäden bei 50,00 € anfangen. In schwerwiegenden Fällen – wie etwa bei einer durch den Unfall verursachten Behinderung – kann der Anspruch im sechsstelligen Bereich liegen.

Wichtige Kriterien zur Bestimmung des Schmerzensgeldes sind:

  • Umfang der unmittelbaren Verletzungen, wie Knochenbrüche, Fleischwunden etc.
  • Dauer einer Erkrankung bzw. Arbeitsunfähigkeit
  • psychische oder soziale Folgen
  • (mögliche) Folgeschäden und bleibende körperliche Beeinträchtigungen, Grad der Behinderung
  • eventuelles Mitverschulden, was den Schmerzensgeldanspruch mindert

Die vorgenannten Faktoren lassen erahnen, dass es im Einzelfall nicht damit getan ist, sich auf die Angebote der gegnerischen Versicherung zu verlassen. Gerade auch bei schwerwiegenderen körperlichen Schäden, die eine mehrjährige Heilbehandlung mit diversen Krankenhausaufenthalten zur Folge haben, so dass Auseinandersetzungen über Jahre hinweg geführt werden, ist es wichtig, den Überblick über die zu stellenden Forderungen auf Schmerzensgeld und sonstigen Schadensersatz zu behalten. Auch die in Tabellen aufgeführten Schmerzensgeldbeträge aus der Vergangenheit können überholt sein und heute erheblich höher liegen. Ebenso sind mathematische Berechnungen allein nicht zielführend. So wäre es verkürzt gedacht, wenn etwa im Hinblick auf einen vergleichbaren Fall, bei dem für eine Krankheitsdauer von zwei Monaten ein Schmerzensgeld von 400,00 € gezahlt wurde, in einem anderen Fall mit einer Krankheitszeit von einem Jahr der Betrag einfach mit sechs multipliziert würde.

Die Auswirkungen der langen, zwölfmonatigen Leidenszeit können über den Umstand der eigentlichen Verletzung hinaus viel schwerer wiegen und zu einem ungleich höheren Schmerzensgeld führen. Es ist stets die individuelle Situation des Betroffenen zu berücksichtigen. Gerade psychische und soziale Folgen können das Leben des Geschädigten stärker beeinträchtigen als die unmittelbare Verletzung, etwa wenn der erlernte Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann. Derlei schwerwiegende Auswirkungen können zu erheblich höheren Schmerzensgeldansprüchen führen, bis hin zu einer Schmerzensgeldrente. Hinzu kommen sonstige Schadensersatzansprüche, wie der Haushaltsführungsschaden, Pflege- und Betreuungskosten.

3. Voraussetzungen für das Schmerzensgeld

Das Unfallopfer muss durch den Unfall körperlich verletzt worden sein. Trägt der Geschädigte eine Mitschuld an dem Unfall, schmälert sich ein etwaiger Anspruch entsprechend.
Insbesondere auch im Rahmen einer eventuell erforderlichen klageweisen Geltendmachung liegt die Beweislast für die Verletzungen beim Geschädigten. Dieser muss also beweisen, dass die Körperschäden auch unfallbedingt sind, also tatsächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Denn nicht selten wird von der gegnerischen Versicherung genau das ebenso wie das Ausmaß der Verletzungen angezweifelt.

Daher ist es wichtig, dass Sie als Geschädigter bei körperlichen Beschwerden nach einem Unfall sofort einen Arzt aufsuchen, damit dieser die Verletzungen attestiert. Ohne Attest ist später kaum noch der Beweis zu der Körperverletzung und ihrem Umfang zu erbringen. Beispielsweise, welchen Grad der Schwere ein Schleudertrauma – die häufigste Verletzungsart bei Verkehrsunfällen – hat. Die Diagnose hilft auch dabei, das mögliche Schmerzensgeld zu ermitteln.

4. Das Schmerzensgeld geltend machen: Anwalts Sache

Dringend ratsam ist es, Ansprüche aus einem Verkehrsunfall über einen auf das Verkehrs- und Schadensrecht spezialisierten Anwalt geltend zu machen. Die Haftpflichtversicherer versuchen, den Schaden so kostengünstig wie möglich zu regulieren und zahlen nur das, was sich nicht vermeiden lässt. Ohne Anwalt werden Sie so kaum einen angemessenen Schadensausgleich durchsetzen können. Er kann auch einschätzen, ob die Weigerung der Versicherung, den Schaden wie gefordert auszugleichen, berechtigt ist oder nicht und eine Klage auf Schmerzensgeld Aussicht auf Erfolg hat.

Der auf dem Gebiet der Schadensregulierung versierte Anwalt wird alle möglichen Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche ermitteln, beziffern und geltend machen. Er wird den weiter oben angesprochenen Überblick über die Forderungen auch bei mehrjähriger Dauer der Heilbehandlung behalten. Zudem wird er auch etwaige künftige Ansprüche hinsichtlich noch unabsehbarer Folgen für den Mandanten vorbehalten.

Die Kosten des Anwalts trägt – soweit für das Verkehrsrecht vorhanden – die Rechtsschutzversicherung. Ist der Gegner alleiniger Verursacher des Unfalls, muss seine Haftpflichtversicherung sämtliche Kosten tragen.