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So gelingt der Rücktritt vom Auto-Kaufvertrag

Der Kfz-Kaufvertrag führt in der anwaltlichen Praxis nicht selten zu Problemen, da Gesetzgebung und Rechtsprechung im Kaufvertragsrecht und so auch beim Autokauf einem steten Wandel unterliegen. Der Rücktritt unterliegt gewissen Voraussetzungen.

Wenn man von einem Autokauf zurücktreten möchte, gibt es daher einige Voraussetzungen zu beachten. Beachten Sie bitte hierzu auch unseren Beitrag zu einem Rücktritt vom Autokauf im Internet.

Mit einem Rücktritt vom Auto-Kaufvertrag soll die Rückabwicklung des Kfz-Kaufvertrages – also die Rückgabe des Autos gegen Rückzahlung des Kaufpreises – erreicht werden. Der Rücktritt stellt aber kein „Rückgaberecht“ des Käufers dar; wie in unserem allgemeinen Artikel zum Rücktritt vom Kaufvertrag erläutert, existiert ein solches Rückgaberecht nämlich nicht. Vielmehr müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Vorliegen eines erheblichen Mangels am Fahrzeug

Ein Rücktritt vom Kfz-Kaufvertrag beim Kauf eines gebrauchten oder neuen Autos ist nur dann möglich, wenn ein erheblicher Mangel am Fahrzeug vorliegt. Ein Mangel liegt dann vor, wenn das Fahrzeug nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Der Mangel muss so prägend sein, dass es nicht zumutbar ist, ihn einfach zu akzeptieren.

Dies ist nicht der Fall, wenn die Tauglichkeit zum Gebrauch des Fahrzeuges nur in geringem Maß beeinträchtigt ist oder der Mangel vom Käufer selbst ohne großen Aufwand beseitigt werden kann. Ein solcher Mangel ist unerheblich. Wann ein Mangel als unerheblicher Bagatellschaden einzustufen ist, ist häufig Anlass für streitige Auseinandersetzungen und wird in gerichtlichen Verfahren durch ein Sachverständigengutachten geklärt.

In einer Entscheidung vom Mai 2014 (BGH, Urteil vom 28.05.2014, VIII ZR 94/13) hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage beschäftigt, wann ein Sachmangel „unerheblich“ im gesetzlichen Sinne ist. Danach liegt ein erheblicher Sachmangel vor, wenn die Mängelbeseitigungskosten mehr als 5 % des Kaufpreises betragen. Erst ab dieser Kostenhöhe ist also die sogenannte Bagatellgrenze überschritten.

Weitere Voraussetzung ist, dass der Mangel bereits zum Kaufzeitpunkt vorgelegen haben muss. Bei Reklamationen behaupten Händler daher gerne, dass das Fahrzeug erst später „kaputt gegangen“ ist. Das hilft ihnen jedoch nicht weiter, da in den ersten sechs Monaten stets vermutet wird, dass ein Mangel mitgekauft wurde – der Verkäufer muss also das Gegenteil beweisen können. Diese „Beweislastumkehr“ gilt laut einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch für Karosserieschäden, die nicht auf den ersten Blick erkennbar waren (BGH, Urteil vom 14. 9. 2005, VIII ZR 363/04).

2. Fristsetzung zur Nachbesserung

Wenn der Käufer nach dem Kauf einen Mangel feststellt, den er für erheblich hält, muss er folgende Schritte für einen wirksamen Rücktritt begehen:

Zunächst muss er den Mangel dem Verkäufer anzeigen. Dies muss unverzüglich – also regelmäßig binnen 14 Tagen nach Kenntnis – erfolgen.

Sodann muss dem Verkäufer nach den Regeln des Gewährleistungsrechts zunächst die Möglichkeit gegeben werden, den Mangel zu beseitigen; er hat also ein Recht zur sogenannten Nachbesserung. Hierzu muss der Käufer dem Verkäufer eine angemessene Frist setzen, den Mangel zu beseitigen oder ein gleichwertes Fahrzeug zu überlassen. Die Angemessenheit der Frist bestimmt sich nach dem Einzelfall, jedenfalls muss dem Verkäufer so viel Zeit gegeben werden, dass er den Mangel tatsächlich beheben kann. Erst wenn ein zweiter Reparaturversuch fehlschlägt oder der Verkäufer jegliche Nachbesserung oder Ersatzlieferung ernsthaft verweigert, kann der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären.

Alternativ kann der Käufer statt des Rücktritts auch den Kaufpreis mindern. Der Minderwert richtet sich nach den Kosten, die für die Beseitigung des Mangels anfallen und dem hierdurch oft entstehenden Minderwert des Autos.

3. Rücktrittserklärung

Entscheidet sich der Käufer für den Rücktritt vom Kaufvertrag, muss er diesen Rücktritt erklären. Dazu muss er dem Verkäufer unmissverständlich zu verstehen geben, dass er die Erfüllung des Kaufvertrages nicht mehr wünscht, sondern die Folgen des Rücktritts auslösen möchte, also Rückgabe des Fahrzeugs gegen Rückzahlung des Kaufpreises. Dabei empfiehlt es sich, den Rücktritt schriftlich zu erklären und sich den Zugang vom Verkäufer mit Datum quittieren zu lassen.

Der Käufer hat nach dem wirksamen Rücktritt Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises. Auch kann er Ersatz seiner notwendigen Aufwendungen, die mit dem Fahrzeugkauf einhergingen, verlangen. Dies sind beispielsweise die Kosten für neue Reifen, weil die alten nicht mehr fahrtauglich waren. Daher ist es sinnvoll, die Kaufbelege aufzuheben, um den Kostenaufwand nachweisen zu können.

Nicht ersatzfähig sind dagegen die üblichen Unterhaltskosten für Inspektion oder Verschleißerscheinungen.

Ein gewerblich tätiger Autohändler hat beim Verkauf eines Neuwagens an einen Verbraucher eine Gewährleistung von zwei Jahren zu beachten. Dieser Gewährleistungszeitraum kann beim Verkauf eines Gebrauchtwagens halbiert werden, so dass das Rücktrittsrecht meist auf ein Jahr verkürzt wird.

4. Kauf von Privat

Wenn das Auto von einem privaten Verkäufer gekauft wurde, kann dieser die Gewährleistungshaftung sogar vollkommen im Kaufvertrag ausschließen. Gekauft wird das Fahrzeug so, wie der Käufer es Probe gefahren und besichtigt hat.

Nur dann, wenn der private Verkäufer eine Garantie für eine bestimmte Eigenschaft übernommen oder einen Mangel arglistig nicht mitgeteilt hat, kann der Käufer außer dem Minderungsanspruch auch den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Hierfür ist der Käufer aber beweispflichtig, so dass er die Garantie oder die Arglist nachzuweisen hat. Daher gilt die dringende Empfehlung, einen Fahrzeugkauf immer mit einem schriftlichen Kaufvertrag zu besiegeln, in dem die wesentlichen Eigenschaften des Fahrzeugs und Garantieerklärungen zu zugesicherten Merkmalen aufgenommen werden. Anderenfalls sollte der Käufer zumindest einen Begleiter mitnehmen, der im Falle von Streitigkeiten als Zeuge zur Verfügung steht.

5. Sonderfall: Arglist

Wann ein Verkäufer arglistig handelt, also einen Mangel bewusst verschweigt, ist im Einzelfall zu betrachten: Zwar muss der Verkäufer nicht in jedem Fall alles Ungünstige über das zu verkaufende Fahrzeug von selbst mitteilen, jedoch muss er alle für die Kaufentscheidung wesentlichen Mängel ansprechen. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass einem Auto-Käufer selbst dann Gewährleistungsansprüche zustehen, wenn der Verkäufer Unfallschäden, z.B. durch die Formulierung “Unfallschäden lt. Vorbesitzer: Nein“, verneint, obwohl das Auto tatsächlich einen Unfallschaden aufweist. Hatte also der Verkäufer von einem Unfallschaden Kenntnis – unabhängig davon, ob er ihn selbst verursacht oder ihn von einem Voreigentümer mitgeteilt bekommen hat – so muss er diese Tatsache dem potentiellen Käufer mitteilen. Der angabepflichtige Sachmangel liegt hier bereits darin, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen Unfallwagen handelt. Nach dieser Rechtsprechung kann der Käufer auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs mangels anderer Angaben erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als Bagatellschäden gekommen ist (BGH, Urteil vom 12.03.2008, VIII ZR 253/05).

Hierzu führt der BGH in der vorgenannten Entscheidung aus, dass „Bagatellschäden“ bei Personenkraftwagen „nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden“ sind, „nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war; ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist, ist nicht von Bedeutung“ (dazu auch BGH, Versäumnisurteil vom 10.10.2007, VIII ZR 330/06).

Weitere häufig vorkommende Falschangaben betreffen den Kilometerstand, das Baujahr oder das Datum der Erstzulassung. Nach der Rechtsprechung sind derartige Angaben über das Fahrzeug wesentliche Angaben, die die Kaufentscheidung beeinflussen, wenn sie deutlich von den tatsächlichen Werten abweichen. Der Käufer darf hierbei wahrheitsgemäße Angaben erwarten.

Im Falle der Arglist kann sich der Verkäufer weder auf einen Haftungsausschluss noch auf eine verkürzte Verjährungsfrist berufen. Es gilt die regelmäßige Verjährungsfrist, so dass ein Mangel erst nach drei Jahren verjährt.