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Änderungskündigung im Arbeitsrecht – annehmen oder gehen?

Wie verhalte ich mich, wenn ich eine Änderungskündigung, d.h. eine Kündigung und das Angebot eines neuen Arbeitsvertrags erhalte?

1. Was ist eine Änderungskündigung

Eine Kündigung zielt im Arbeitsrecht auf die (befristete oder unbefristete) einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitsgeber oder den Arbeitnehmer ab. Was ist aber nun eine Änderungskündigung und warum bzw. in welchen Fällen wird diese ausgesprochen?

Eine Änderungskündigung, die quasi nur von Arbeitsgeberseite erfolgt, bewirkt zunächst – wie eine „normale“ Kündigung auch – die Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses zu den bislang herrschenden Arbeitsbedingungen. Zugleich wird aber der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages zu veränderten (meistens: schlechteren) Arbeitsbedingungen angeboten. Der Begriff der „Kündigung“ ist daher etwas irreführend, da der Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht, obwohl er an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses interessiert ist.

2. Wann und warum wird eine Änderungskündigung ausgesprochen?

Die Änderungskündigung zielt auf eine Änderung des Arbeitsverhältnisses, d.h. auf eine Fortsetzung unter veränderten Bedingungen, ab. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber in den Grenzen seines sog. Weisungs- oder Direktionsrechts (vgl. § 106 GewO§ 315 Abs. 3 BGB) sowieso die konkrete Ausgestaltung der Arbeitsleistung des Arbeitsnehmers näher bestimmen, also etwa bestimmte Arbeitsaufträge an den Arbeitnehmer vergeben. Das Weisungsrecht darf aber nur in den durch den Arbeitsvertrag vorgegebenen Grenzen ausgeübt werden. Ist etwa im Arbeitsvertrag ein bestimmter Arbeitsort vorgegeben, bedarf die Änderung des Arbeitsorts einer Änderungskündigung. Ist ein Wechsel des Arbeitsplatzes vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt (z.B. Zuweisung einer neuen Arbeitsposition mit vergleichbaren Tätigkeiten in einer anderen Abteilung am selben Arbeitsort), spricht man von einer Versetzung.

Der Arbeitgeber wird also immer dann eine Änderungskündigung aussprechen, wenn er Arbeitsbedingungen ändern möchte, die der Arbeitsvertrag vorschreibt und die nicht mehr vom Weisungsrecht gedeckt sind. Das gilt natürlich auch für eine Änderungen von Arbeitsbedingungen, die explizit im Arbeitsvertrag geregelt sind (z.B. Entlohnung, Urlaubstage).

3. Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers

Was kann ich tun, wenn ich eine Änderungskündigung erhalten habe – welche Reaktionsmöglichkeiten gibt es?

Möglichkeit 1:  Annahme des Arbeitsvertrags

Zunächst besteht die Möglichkeit der (vorbehaltslosen) Annahme des Änderungsangebots. In diesem Fall werden die vom Arbeitsgeber vorgegebenen neuen Arbeitsbedingungen vollständig akzeptiert, etwaige Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen können danach nicht mehr angegriffen werden. Eine Annahme des Arbeitsvertrags ist meistens im Sinne des Arbeitgebers, aber oft nicht im Sinne des Arbeitnehmers. Denn dieser nimmt den neuen Arbeitsvertrag häufig nur deshalb an, weil er seine Arbeit nicht vollständig verlieren möchte. Die Annahme des neuen Arbeitsvertrags kann übrigens auch durch schlüssiges Handeln (z.B. klagloses Weiterarbeiten zu veränderten Bedingungen) erfolgen (vgl. LAG Baden-Württemberg v. 28.11.2001, Az. 17 Sa 45/01).

Möglichkeit 2: Ablehnung des neuen Arbeitsvertrags

Wer die Unterzeichnung des neuen Arbeitsvertrags ablehnt bzw. schlicht untätig bleibt, der bewirkt eine endgültige Beendigung des Arbeitsverhältnisses, da die nicht angegriffene Kündigung wirksam bleibt und das neue Arbeitsangebot nicht angenommen wurde. Diese Möglichkeit ist oft weder im Sinne des Arbeitgebers noch des Arbeitnehmers, da beide Seiten zwar grundsätzlich an einer Weiterbeschäftigung interessiert sind, sich aber über die (neuen) Arbeitsbedingungen streiten.

Möglichkeit 3: Erhebung der Kündigungsschutzklage

Da die Änderungskündigung prinzipiell als „gewöhnliche“ Kündigung gilt, kann diese auch mit einer Frist von 3 Wochen mit Erhebung einer Kündigungsschutzklage angegriffen werden. Die (bloße) Einlegung einer Kündigungsschutzklage beinhaltet allerdings das Risiko, den Arbeitsplatz im Falle eines Unterliegens vollständig zu verlieren. Scheitert nämlich die Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht, bleibt die Kündigung hinsichtlich des alten Arbeitsvertrags wirksam. Wird daher das neue Vertragsangebot (das auch nicht für längere Zeit fortbesteht) nicht angenommen, erlischt das Vertragsangebot und der Arbeitnehmer steht dann am Ende ohne Arbeitsplatz da.

Möglichkeit 4: Annahme unter Vorbehalt und Änderungsschutzklage

Um das Risiko des vollständigen Arbeitsplatzverlusts durch Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu verhindern, räumt die Vorschrift des § 2 KSchG die Möglichkeit ein, das neue Vertragsangebot unter dem Vorbehalt anzunehmen, dass die Änderung der Vertragsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist.

In diesem Fall wird eine Kündigungsschutzklage beim Vorliegen einer Änderungskündigung, eine sog. Änderungsschutzklage, erhoben. Die Annahme der neuen Arbeitsbedingungen unter Vorbehalt muss innerhalb einer Frist von drei Wochen gegenüber dem Arbeitgeber erklärt werden. Der Arbeitnehmer hat stets eine Überlegungszeit von drei Wochen, das veränderte Angebot unter Vorbehalt anzunehmen. Setzt der Arbeitgeber zur Annahme des neuen Vertragsangebotes eine kürzere Frist als drei Wochen, ist diese kürzere Frist unwirksam, so das Bundesarbeitsgericht (BAG v. 18.05.2006 – Az. 2 AZR 230/05).

4. Soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung

Die Änderungskündigung muss sozial gerechtfertigt sein, darf also nur aus personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen erfolgen. Der vorgebrachte Grund zur sozialen Rechtfertigung muss sich gerade auf den Ausspruch der Änderungskündigung beziehen. Wenn also etwa der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Änderungskündigung ausspricht, muss er darlegen, dass betriebliche Erfordernisse den Ausspruch der Änderungskündigung (z.B. neuer Arbeitsort wegen Rationalisierungsmaßnahmen) erforderlich gemacht haben.

Die Änderungskündigung muss auch zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses unbedingt notwendig sein (Ultima-Ratio-Prinzip), ansonsten ist sie unwirksam (BAG v. 26.06.2008 – Az. 2 AZR 147/07).

5. Sonstige Wirksamkeitsvoraussetzungen

Da die Änderungskündigung (weitestgehend) als „normale“ Kündigung anzusehen ist, muss der Betriebsrat vor Ausspruch der Änderungskündigung angehört werden.

Die Änderungskündigung bzw. der Änderungsvertrag muss hinreichend bestimmt sein, ansonsten ist die Änderungskündigung unwirksam (BAG v. 25.04.2013 – Az. 2 AZR 110/12). Dies bedeutet, dass für den Arbeitnehmer klar ersichtlich sein muss, zu welchen Arbeitsbedingungen er zukünftig arbeiten soll.

Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB ist ebenfalls zu beachten, die Kündigung muss also schriftlich erfolgen.

6. Fazit & Praxistipp

Beim Ausspruch von Änderungskündigungen werden oft Fehler gemacht. Viele Änderungskündigungen halten deshalb einer gerichtlichen Kontrolle vor dem Arbeitsgericht nicht stand, weil sie formelle oder Inhaltliche Mängel aufweisen. Dem Arbeitnehmer kann daher nur empfohlen werden, sich gut zu überlegen, ob er eine Änderungskündigung nicht gerichtlich überprüfen lassen möchte.

Die Liste der möglichen Mängel, die zu einer Unwirksamkeit führen können, ist lang. So muss einem Arbeitgeber vom Versuch abgeraten werden, im täglichen Arbeitsalltag bereits geänderte Arbeitsbedingungen durch den Ausspruch einer Änderungskündigung zu „verschriftlichen“. Eine solche Änderungskündigung, die den Bestand des Arbeitsverhältnisses ohne Not gefährdet, ist unverhältnismäßig und damit unwirksam.

Eine Änderungskündigung kann auch außerordentlich, d.h. fristlos ausgesprochen werden, wenn ein ausreichender Grund für eine sofortige Änderung der Arbeitsbedingungen vorliegt.