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Einspruch gegen Fahrverbot aus beruflichen Gründen: So gehen Sie vor

Ein Fahrverbot ist besonders problematisch, wenn Sie beruflich auf das Auto angewiesen sind. Wir zeigen Ihnen, wie Sie aus beruflichen Gründen gegen ein Fahrverbot vorgehen können.

1. Was ist ein Fahrverbot?

Ein Fahrverbot wird von einer Behörde oder einem Gericht verhängt und verbietet Ihnen, für einen bestimmten Zeitraum Kraftzeuge oder zumindest bestimmte Fahrzeuge zu führen.

Das Gesetz sieht dafür verschiedene Gründe vor. Ein Fahrverbot ist anders als der Entzug der Fahrerlaubnis immer zeitlich limitiert. Üblich sind Fahrverbote von einem bis zu drei Monaten. Geben Sie Ihren Führerschein nicht rechtzeitig in amtliche Verwahrung, kann das Fahrverbot auch länger ausfallen.

Achtung: Das Fahrverbot darf nicht mit dem Entzug der Fahrerlaubnis verwechselt werden. Dabei handelt es sich um eine noch schwerwiegendere Maßnahme, da Sie den Führerschein nicht automatisch zurückerhalten. Wollen Sie den Entzug der Fahrerlaubnis abwenden, sollten Sie sich unbedingt anwaltlich beraten lassen.

2. Was mache ich, wenn ich beruflich auf ein Auto angewiesen bin?

Ein Fahrverbot ist besonders ärgerlich, wenn Sie beruflich auf ein Auto angewiesen sind. Das kann Ihren Arbeitsweg oder sogar Ihre Berufsausübung selbst betreffen, wenn Sie z.B. Kraft- oder Taxifahrer sind. Für diese Fälle gibt es Möglichkeiten, das Fahrverbot aus beruflichen Gründen zu umgehen.

Vorab ist zu beachten: Je häufiger Sie fahrauffällig werden, desto schwieriger wird es, ein Fahrverbot aus beruflichen Gründen abzuwenden. Die nachstehenden Möglichkeiten richten sich deshalb besonders an Fahrer, die erstmalig oder selten gegen die Verkehrsregeln verstoßen.

Ist das Fahrverbot für Sie nachweisbar eine unzumutbare Härte, kann die Sanktion verkürzt oder sogar ganz ausgesetzt werden.

Ein Härtefall lässt sich oft mit beruflichen Gründen belegen. Allerdings wird das Gericht das Fahrverbot nur aussetzen, wenn Sie einen Konflikt mit dem Arbeitsverhältnis nicht anderweitig vermeiden können, zum Beispiel durch:

  • Beantragung von Urlaub für die Zeit des Fahrverbots
  • Anstellung eines Fahrers / Erledigung der Fahrten per Taxi (beides allerdings nur bei ausreichenden Vermögensverhältnissen)
  • Freistellung durch den Arbeitgeber

Eine berufliche Härte liegt daher meist nur in den folgenden drei Fällen vor:

1. Weg zur Arbeit mit dem PKW

Nutzen Sie Ihr Fahrzeug nur für den Fahrtweg, weil Sie ungern auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, stellt ein Fahrverbot im Regelfall noch keine berufliche Härte dar. Nicht ausreichend sind z.B. diese Nachteile:

  • Zeitverlust durch längere Anfahrt
  • Bloße Unannehmlichkeit des Bahnfahrens (Angst bei Nachtfahrten)
  • Finanzieller Mehraufwand durch Bahntickets

Allerdings gibt es auch Fälle, in denen Arbeitnehmer dringend auf Ihre Fahrerlaubnis angewiesen sind, um zur Arbeit zu kommen. Hier lässt sich eine unzumutbare Härte deutlich besser begründen.

Beispiel: Arbeitnehmer A hat Schichtdienst. In seiner Stadt fährt nachts allerdings kein Personennahverkehr. Um während der Zeit des Fahrverbots zur Arbeit zu kommen, müsste A auf Taxis, Freunde oder das Fahrrad umsteigen. Ausreichend Urlaub hat A nicht mehr. Das Amtsgericht Lüdinghausen entschied, dass in diesem Fall eine berufliche Unzumutbarkeit begründet werden kann. Fährt der ÖPNV jedoch auch nachts, wird ein Härtefall seltener angenommen.

Dasselbe gilt für Arbeitnehmer, die vom Land kommen. Dort verkehren Busse und Bahnen oft nur unregelmäßig. Ein Fahrverbot kann daher im Einzelfall unzumutbar sein.

Auch bei einem Arzt, der 24h im Rufbereitschaftsdienst war und kurzfristig das Krankenhaus erreichen musste, hat das zuständige Amtsgericht Potsdam das Fahrverbot zurückgenommen. (AG Potsdam, Urteil vom 28.11.2000 – 77 OWi 441 Js 26908/00).

2. Berufskraftfahrer

Ein Fahrverbot kann häufig abgewendet werden, wenn gravierende Folgen für Ihren Arbeitsplatz drohen. Das gilt vor allem in den Fällen, in denen Sie beruflich auf Ihre Fahrerlaubnis angewiesen sind und nicht etwa Urlaub nehmen können, um dem Konflikt mit dem Arbeitsverhältnis auszuweichen.

In diesem Bereich führt das Fahrverbot faktisch zu einem Berufsverbot und kann schwerwiegende Konsequenzen haben, insbesondere die Kündigung. Hier sind Einsprüche oft erfolgreich. Ein Freibrief für Verkehrssünden ist dies aber nicht.

Beispiele:

  • LKW-Fahrer
  • Taxifahrer
  • Außendienstler
  • Fahrlehrer
  • Paketlieferanten
Beachten Sie: Ein Fahrverbot kann bestehen bleiben, obwohl es für Sie eine berufliche Härte darstellt. Das gilt insbesondere für Wiederholungstäter. Das OLG Karlsruhe hielt an einem Fahrverbot für einen Taxifahrer fest, für den ein Fahrverbot faktisch eine berufliche Zwangspause und damit eine enorme Härte darstellte. Der Fahrer zeigte sich jedoch uneinsichtig und war in der Vergangenheit bereits mehrfach wegen zu schnellen Fahrens aufgefallen. Das Fahrverbot blieb deshalb bestehen (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 2.3.2004 – 1 Ss 18/04).

3. Existenzgründer & Selbständige

Das Amtsgericht Wuppertal hat zugunsten eines Existenzgründers entschieden, dass ein Fahrverbot für ihn unzumutbar sei. In dem Fall ging es um einen Familienvater und Empfänger von Arbeitslosengeld I (2.000 €/Monat), der sich als Elektro- und Veranstaltungsmeister selbständig zu machen versuchte. Die Gründungszuschüsse der Arbeitsagentur waren mündlich daran geknüpft, dass der Leistungsempfänger seinen Führerschein behält. Zur Gründung war er auf die ortsflexible Kundenakquise angewiesen. Urlaub war für ihn nicht möglich. Ebenso konnte er keinen Fahrer bezahlen.

Gerade in Ein-Mann-Betrieben oder wirtschaftlich angeschlagenen Unternehmen nehmen die Gerichte gegenüber dem Inhaber recht häufig eine unzumutbare Härte an.

3. Wie lege ich Einspruch ein?

Gegen einen Bußgeldbescheid können Sie sich per Einspruch wehren. Dazu haben Sie grundsätzlich zwei Wochen ab Erhalt des Bußgeldbescheides Zeit.

Reagieren Sie innerhalb dieser Zeit nicht, wird der Bescheid rechtskräftig. Dann lässt sich ein Fahrverbot auch trotz Härtefall nicht mehr verhindern.

Nach Ihrem Einspruch wird die Sache dem Amtsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zuständig ist das Amtsgericht, an dem die Verwaltungsbehörde sitzt, von der Sie den Bescheid erhalten haben.

4. Was bringt eine sogenannte Arbeitgeberbescheinigung?

Wollen Sie ein Fahrverbot aus beruflichen Gründen abwenden, müssen Sie darlegen, warum Ihnen ein Fahrverbot nicht zumutbar ist. Hierzu wird üblicherweise eine Bescheinigung des Arbeitgebers vorgelegt.

Diese sollte aussagekräftig verfasst sein und folgende Punkte beinhalten:

  • Warum sind Sie beruflich auf Ihre Fahrerlaubnis angewiesen? Welcher Tätigkeit gehen Sie nach?
  • Droht der Verlust des Arbeitsplatzes?
  • Erklärung, warum Sie das Fahrverbot nicht (mehr) mit Urlaub aussitzen können (wie viel Resturlaub haben Sie noch?)
  • Erklärung, dass keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb besteht.

Häufig geben sich Arbeitgeber bei diesen Bescheinigungen keine große Mühe oder nutzen unpassende Muster. Sie sollten sich daher vorher mit einem Rechtsanwalt für Verkehrsrecht abstimmen. Gerne stehen wir Ihnen hier als Ansprechpartner zur Verfügung.

5. Was tun, wenn das Fahrverbot nicht abwendbar ist?

Wenn sich das Fahrverbot nicht abwenden lässt, können Sie möglicherweise zumindest auf den Zeitpunkt Einfluss nehmen.

Haben Sie sich in den letzten zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit nichts zu Schulden kommen lassen, haben Sie vier Monate Zeit, das Fahrverbot anzutreten. Sie können dann also selbst entscheiden, wann genau Sie auf Ihre Fahrerlaubnis verzichten. Sie können sich also mit Ihrem Arbeitgeber abstimmen und beispielsweise Fahrverbot und Urlaub kombinieren, um berufliche Einschnitte zu verringern.

6. Fazit

  • Bei einem Fahrverbot muss der Führerschein für einen vorübergehenden Zeitraum bei der zuständigen Stelle abgegeben werden.
  • Ein Fahrverbot können Sie im Einzelfall abwenden, wenn es eine unzumutbare Härte darstellt.
  • Führt das Fahrverbot faktisch zu einem Berufsverbot, liegt regelmäßig ein Härtefall vor.
  • Wiederholte Verstöße führen dazu, dass trotz Härtefall das Fahrverbot nicht zurückgenommen wird.
  • Der Betroffene muss die Gründe für den Härtefall darlegen. Hierzu ist eine Arbeitgeberbescheinigung meist hilfreich.