Artikel bewerten
VN:F [1.9.22_1171]
Bitte bewerten Sie diesen Artikel.
3.6 von 5 Sternen auf Grundlage von 8 Bewertungen

Wann ist eine Kündigungsschutzklage sinnvoll?

Mit der Kündigungsschutzklage wehrt man sich gegen eine Kündigung am Arbeitsplatz. Sie kann aber auch dann sinnvoll sein, wenn man das Arbeitsverhältnis gar nicht fortsetzen will. Was muss ich dabei beachten?

1. Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Wer in einem Betrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern arbeitet und seit mehr als sechs Monaten im Betrieb ist, genießt den Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Nach § 1 KSchG darf eine Kündigung nicht „sozial ungerechtfertigt“ sein und nur aus personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen erfolgen. In den sog. Kleinbetrieben mit weniger als 10 Arbeitnehmern gilt diese Beschränkung nicht, hier kann grundsätzlich ohne Grund ordentlich gekündigt werden.

Eine Kündigungsschutzklage kann auch in Kleinbetrieben erhoben werden – die Anforderungen an eine rechtmäßige Kündigung sind allerdings erheblich niedriger, da keine soziale Rechtfertigung nach dem Kündigungsschutzgesetz erforderlich ist. Allerdings gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urt. v. 21.02.2001, Az. 2 AZR 15/00) auch hier ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme. In der Praxis sind solche Fälle allerdings selten.

2. Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG

Wer eine Kündigung am Arbeitsplatz erhalten hat und sich nicht damit abfinden möchte, kann Widerspruch gegen die Kündigung einlegen, nämlich Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG erheben. Die Kündigungsschutzklage dient der gerichtlichen Überprüfung, ob ein Arbeitsverhältnis rechtmäßig durch Kündigung beendet wurde oder nicht. Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen erhoben worden sein, nachdem die schriftliche Kündigung erhalten wurde. Die Kündigung muss beim zuständigen Arbeitsgericht schriftlich erhoben werden. Die Frist wird allerdings auch durch Einreichung der Klage bei einem anderen Arbeitsgericht gewahrt. Insgesamt sind die Arbeitsgerichte hinsichtlich der Formalien der Kündigungsschutzklage (Antragstellung, Parteienbezeichnung usw.) recht „arbeitnehmerfreundlich“ und großzügig, wenn die Klage ohne Anwalt erhoben wird. So ist auch die Bezeichnung „Kündigungsschutzklage“ nicht notwendig – es reicht, wenn ersichtlich wird, dass man sich gegen die erhaltene Kündigung am Arbeitsplatz wehren will.

Wer in einem Unternehmen mit einem Betriebsrat arbeitet, sollte den Betriebsrat miteinbeziehen. Es empfiehlt sich, innerhalb einer Woche nach Erhalt der Kündigung beim Betriebsrat Einspruch gegen die Kündigung einzulegen (§ 3 KSchG), auch wenn der Einspruch keine zwingende Voraussetzung für eine spätere Kündigungsschutzklage darstellt.

Die Zulassung verspäteter Klagen ist möglich, die Hürden sind hier allerdings hoch – eine nachträgliche Zulassung kommt nur in Betracht, wenn die Verspätung „unverschuldet“ passierte. Achtung: Wenn die Erhebung einer Kündigungsschutzklage versäumtwurde, gilt die Kündigung als wirksam!

3. Warum kann eine Kündigung unwirksam sein?

Eine Kündigung kann aus verschiedensten Gründen unwirksam sein. Bei einer ordentlichen (fristgemäßen) Kündigung sind die Kündigungsfristen des § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu beachten.

Wird eine außerordentliche Kündigung wegen eines schweren Pflichtverstoßes (z.B. Diebstahl am Arbeitsplatz, Tätlichkeiten oder Beleidigungen) ausgesprochen – dies geschieht sehr oft, aber nicht immer als fristlose Kündigung – wird sich nicht selten herausstellen, dass dieser Vorwurf des Arbeitgebers so nicht stimmt. Eine außerordentliche Kündigung muss begründet werden (§ 626 BGB).

Eine Kündigung muss schriftlich erklärt worden sein – eine mündliche Kündigung oder eine Kündigung per E-Mail ist unwirksam!

Oft wird eine Kündigung eine vorherige Abmahnung voraussetzen, die dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten vor Augen führen und ihn vor einer Kündigung im Wiederholungsfall „warnen“ soll. Wurde vor der Kündigung keine Abmahnung ausgesprochen ist die nachfolgende Kündigung oft unwirksam!

Etwas anderes gilt für besonders schwere Verstöße (Diebstahl, körperliche Gewalt, Beleidigungen usw.), die regelmäßig keine vorangehende Abmahnung erfordern. Wer eine Abmahnung erhält, die er für unrechtmäßig hält, sollte bereits gegen diese Abmahnung vorgehen – auch hier ist der Gang vors Arbeitsgericht möglich.

Wurde in einem Betrieb eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen, weil etwa Stellen abgebaut wurden, kann eine Überprüfung vor Gericht ergeben, dass die erforderliche Sozialauswahl fehlerhaft war. Dies liegt etwa nahe, wenn jüngeren Arbeitnehmern oder solchen mit einer geringeren Betriebszugehörigkeitszeit nicht gekündigt wurden.

Wird personenbedingt wegen langer Krankheits– bzw. Fehlzeiten gekündigt, kann sich herausstellen, dass die Fehlzeiten zur Begründung einer Kündigung nicht ausreichten.

Betriebsräte, Schwangere und Menschen mit Behinderung genießen einen besonderen gesetzlich verankerten Kündigungsschutz.

4. Wie läuft ein Kündigungsschutzprozess ab?

Nach Erhebung der Klage findet zunächst ein Gütetermin vor Gericht statt. Dieser „soll“ zwei Wochen nach Klageerhebung stattfinden – oft dauert es aber auch bis zu zwei Monate, bis der Gütetermin stattfindet. Der Gütetermin dient dem Zweck, eine gütliche, also einvernehmliche Lösung zwischen Arbeitgeber und gekündigtem Arbeitnehmer zu erreichen. Oft wird ein Vergleich im Raum stehen, etwa die Einigung beider Seiten auf Zahlung einer Abfindung. Der Gütetermin wird nur von dem vorsitzenden Richter ohne die beiden ehrenamtlichen Richter geführt. Im Gütetermin teilt der Richter eine erste (unverbindliche) Einschätzung über das Verfahren mit und erläutert die Risiken und Chancen eines Urteilsspruchs.

Ergeht keine gütliche Einigung, wird ein weiterer Gerichtstermin angesetzt – diesmal vor der vollständigen Kammer mit den beiden ehrenamtlichen Richtern (Kammertermin). Wird auch im Kammertermin keine Einigung erzielt, spricht das Gericht ein Urteil aus. Der Kammertermin findet bis zu sechs Monaten nach dem Gerichtstermin statt.

5. Ziele und Wirkung der Kündigungsschutzklage

Die Kündigungsschutzklage dient zunächst dem Ziel, festzustellen, ob ein Arbeitsverhältnis rechtswirksam durch Kündigung beendet wurde oder nicht. Die Kündigungsschutzklage dient daher für den Arbeitnehmer in erster Linie dem Erhalt des Arbeitsverhältnisses. Die Kündigungsschutzklage kann aber auch dann sinnvoll sein, wenn der gekündigte Arbeitnehmer gar nicht mehr an der Weiterführung des Arbeitsverhältnisses interessiert ist, aber eine Abfindungszahlung durch den Arbeitgeber erreichen oder ein gutes Zeugnis erhalten will.

Oft wird eine ausgesprochene Kündigung zumindest nicht eindeutig rechtmäßig sein. Durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage verbessert sich deshalb die „Verhandlungsposition“ des gekündigten Arbeitnehmers. Viele Arbeitgeber werden nämlich in einem solchen Fall die Zahlung einer Abfindung anstreben, um sich nicht dem Risiko auszusetzen, dass die Kündigung durch Urteil für unwirksam erklärt wird. In diesem Fall gilt nämlich: Alles bleibt, wie es ist – das Arbeitsverhältnis wird fortgesetzt, und der Arbeitnehmer behält seinen Anspruch auf monatlichen Arbeitslohn.

Wer einer Kündigung lediglich gegenüber dem Arbeitgeber widerspricht, erreicht nicht dieselbe rechtliche Wirkung wie bei Erhebung der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht: Die Kündigung bleibt wirksam und kann nach Ablauf der 3-Wochenfrist nicht mehr gerichtlich überprüft werden!

Eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung kann von diesem nicht mehr einseitig zurückgenommen werden. Dies geht dann nur, wenn der Arbeitnehmer damit einverstanden ist.

6. Kosten einer Kündigungsschutzklage

Wie üblich sind die Gerichts- von den Anwaltskosten zu unterscheiden – beide hängen vom Streitwert des Verfahrens ab, der sich hier nach dem Bruttomonatsgehalt des gekündigten Arbeitnehmers bemisst. Kommt es zu einem Vergleich im Gütetermin, entfallen die Gerichtskosten. Für die Anwaltskosten gilt im Arbeitsrechtsprozess die Besonderheit, dass kein Anspruch auf Erstattung der eigenen Anwaltskosten durch die Gegenseite besteht – der Ausspruch „Wer verliert, zahlt“ gilt hier also nur begrenzt. Wer nur geringe Mittel zur Verfügung hat und nicht rechtsschutzversichert ist, kann mit der Kündigungsschutzklage Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen.

7. Fazit und Praxistipp

Die Kündigungsschutzklage dient der rechtlichen Überprüfung einer erhaltenen Kündigung. Wer gegen die Kündigung vorgehen möchte, muss unbedingt die 3-Wochen-Frist zur Einreichung der Kündigungsschutzklage einhalten, damit die Kündigung nicht wirksam wird. Dies gilt auch, wenn „nur“ ein leistungsgerechtes Zeugnis oder eine Abfindung angestrebt werden.

Auch wenn eine Kündigungsschutzklage ohne Anwalt möglich ist: Es empfiehlt sich die Hinzuziehung eines Anwalts für Arbeitsrecht, gerade wenn es um Aushandlung einer Abfindung geht. Denn diese wird – wenn im Unternehmen keine expliziten Abfindungsvereinbarungen bestehen, etwa durch Tarifvertrag bzw. Sozialplan – nach den Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage bestimmt. Das bedeutet: Je größer die Wahrscheinlichkeit ist, bei einem Urteil durch das Arbeitsgericht „zu gewinnen“, desto höher wird die Abfindung ausfallen. Diese Erfolgsaussichten kann ein Anwalt besser einschätzen.

Mitunter werden Arbeitnehmer mit einer bereits vorbereiteten Kündigung konfrontiert und dann dazu aufgefordert, einen (ebenfalls bereits vorbereiteten) Abfindungsvertrag zu unterschreiben, um die Kündigung zu vermeiden. Hier sollte man sich hüten, vorschnell zu unterschreiben. Denn wer hier unterschreibt ist grundsätzlich an dieser Vereinbarung gebunden – egal, ob die in Aussicht gestellte Kündigung rechtmäßig gewesen wäre oder nicht.