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Zu langsam – Kündigung wegen Schlechtleistung

Wenn ein Arbeitnehmer dauerhaft zu langsam oder schlecht arbeitet, stellt sich für viele Arbeitgeber die Frage: Wann und mit welcher Begründung kann ich einen „Low Performer“ kündigen?

1. (Zu) langsame Mitarbeiter im Unternehmen – Schlechtleistung

In jedem Betrieb gibt es schnelle und langsame, gute und „schlechte“ Arbeitnehmer. Das ist ein stückweit normal, denn kein Arbeitnehmer ist genau gleich schnell oder gleich gut wie der Andere. Arbeitet ein Arbeitnehmer jedoch ungewöhnlich langsam oder macht viele Fehler („Schlechtleistung“), ist dies für den Arbeitgeber nicht zuletzt aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein „Dorn im Auge“. Denn irgendwann wird der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber unwirtschaftlich und erbringt (aus Sicht des Arbeitgebers) nicht mehr die für den gezahlten Lohn erwartete Gegenleistung. Dann stellt sich die Frage: Ist eine arbeitsrechtliche Kündigung von (sehr) langsamen Arbeitnehmern (auf Neudeutsch: „Low Performer„) möglich und unter welchen Voraussetzungen kann dies geschehen?

2. Arbeitsrechtliche Ausgangssituation

Das Arbeitsverhältnis zeichnet sich durch ein Gegenseitigkeitsverhältnis der Leistungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus. Daher gilt im Arbeitsrecht auch der Grundsatz, dass der Arbeitslohn nach Erbringung der Arbeitsleistung zu erbringen ist („Keine Arbeit, kein Lohn“ – vgl. § 614 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB). Allerdings bedeutet dies nicht, dass der Arbeitgeber deswegen einfach Lohnkürzungen vornehmen darf, wenn er die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers für zu schlecht oder für zu langsam hält. Dies wird in den meisten Fällen juristisch nicht haltbar sein. Denn letztlich schuldet der Arbeitnehmer lediglich die (bestmögliche) Erbringung seiner Arbeitsleistung, nicht aber ein bestimmtes Ergebnis. Nur wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten einen vorwerfbaren Fehler begangen hat und dadurch ein konkreter Schaden entstanden ist, ist ein Schadensersatzanspruch bzw. eine entsprechende Aufrechnung gegen den Arbeitnehmer denkbar.

Eine Kündigung wegen „zu langsamer Arbeit“ oder Schlechtleistung ist bei Geltung des Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) wegen personen- oder verhaltensbedingten Gründen denkbar. Diese Ansätze werden im Folgenden dargestellt.

3. Kündigung wegen zu langsamer Arbeitsleistung

Eine dauerhafte langsame oder schlechte Arbeitsleistung kann einen Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers darstellen. Denn durch eine dauerhafte erhebliche Minderleistung wird das arbeitsrechtliche Gegenseitigkeitsverhältnis von Arbeitslohn gegen Arbeitsleistung empfindlich gestört. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn der Grund der langsamen oder schlechten Arbeit auch wirklich in der Person des Arbeitnehmers liegt, also in seinen persönlichen Leistungen und Fähigkeiten. Liegt der Grund in der Minderleistung dagegen in anderen Faktoren außerhalb des Arbeitnehmers begründet (z.B. fehlende Akzeptanz und Mitarbeit der Arbeitskollegen, unzureichende Arbeitsbedingungen usw.), dann kommt eine personenbedingte Kündigung nicht in Betracht.

 

Die Darstellung einer Minderleistung ist für den Arbeitgeber durch einen Vergleich mit Arbeitskollegen möglich, die eine ähnliche Arbeitstätigkeit ausüben. Dafür ist es natürlich Voraussetzung, dass diese Tätigkeiten auch wirklich vergleichbar sind. Zudem ist zu beachten, dass eben nicht alle Arbeitnehmer „gleich schnell“ sind. Hier dürfen insgesamt nicht „Äpfel mit Birnen“ verglichen oder unrealistische Maßstäbe angesetzt werden. So ist es völlig normal, dass ein neu eingestellter Arbeitnehmer mit wenig Berufserfahrung noch nicht so effektiv arbeitet wie ein Kollege, der schon seit Jahren im Unternehmen ist und alle Arbeitsabläufe kennt. Wirft der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Fehler vor, müssen diese in außergewöhnlich hoher Zahl vorliegen – die Idee des völlig fehlerlosen Arbeitnehmers bleibt eine Wunschvorstellung.

Die Minderleistung muss auch in erheblichem Grad unter dem Leistungsvermögen liegen, das der Arbeitgeber fordern kann. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Arbeitnehmer im selben Zeitraum ein Drittel weniger leistet als ein vergleichbarer anderer Arbeitnehmer.Nach den Maßgaben des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 03.06.2004 – Az. 2 AZR 386/03) ist es in einem Kündigungsschutzverfahren zunächst Sache des Arbeitgebers, die (angebliche) Minderleistung eines Arbeitnehmers darzustellen. Danach hat der Arbeitnehmer die Gelegenheit, den Vorwurf der Minderleistung zu kommentieren bzw. zu widerlegen. Hierfür reicht es auch aus, wenn ihm eine glaubhafte Darstellung gelingt, dass sich seine Leistung in Zukunft steigern wird und ihm insoweit eine sog. „positive Prognose“ vorliegt.

Eine Kündigung kommt schließlich auch nur dann in Betracht, wenn diese das letzte mögliche Mittel („ultima ratio“) zur Beseitigung des vom Arbeitgeber gerügten und tatsächlich vorhandenen Missverhältnisses von erwarteter und tatsächlicher Leistung darstellt. Bestehen dagegen andere erfolgversprechende Optionen (Schulungen, Wiedereingliederungsmaßnahmen usw.), sind diese zuerst auszuschöpfen, bevor eine Kündigung erfolgen darf.

4. Arbeitsverweigerung und verhaltensbedingte Kündigung

Bringt der Arbeitnehmer nicht die Leistung, die der Arbeitgeber vom Arbeitgeber (berechtigt) erwartet und die der Arbeitnehmer erbringen könnte, kommt eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen in Betracht. Der eigentliche Kündigungsgrund liegt hier in dem Vorwurf, dass der Arbeitnehmer sein persönliches Leistungsvermögen bewusst nicht ausschöpft. In krassen Fällen, also wenn der Arbeitnehmer ohne größere Mühe das vom Arbeitgeber verlangte Pensum erreichen könnte, dies aber immens unterschreitet, liegt ein Fall der Arbeitsverweigerung vor. Ähnlich sind die Fälle des Arbeitszeitbetruges gelagert, also wenn der Arbeitnehmer zwar vorgibt zu arbeiten, in Wirklichkeit aber gar nicht arbeitet (z.B. stundenlanges Surfen im Internet am Arbeitsplatz).

Während bei einer personenbedingten Kündigung also das (fehlende) persönliche Können des Arbeitnehmers zur Kündigung führt, ist bei der Verhaltenskündigung das persönliche Wollen, also der fehlende Wille zur Erbringung der möglichen Arbeitsleistung der Grund der Kündigung.

Da auch eine verhaltensbedingte Kündigung das letzte Mittel vor anderen Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsleistung darstellen muss, ist regelmäßig eine vorherige Abmahnung erforderlich: Denn diese soll dem Arbeitnehmer die Gelegenheit geben, sein Verhalten zu überdenken und seine Arbeitsleistung in Zukunft besser zu erbringen.

In Einzelfällen kann eine Abmahnung entbehrlich sein oder auch der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung rechtens sein. Hier bleibt für den Arbeitgeber jedoch stets eine gewisse Unsicherheit, da nicht immer klar ist, wie dies die Arbeitsgerichte bewerten.

5. Fazit/Praxistipp

Will der Arbeitgeber die Kündigung gegen einen Low-Performer aussprechen, sollte er sich gut überlegen, wie er diese Kündigung begründen möchte. Er kann seine Kündigung durchaus sowohl auf personen- als auch auf verhaltensbedingte Gründe stützen. Diese können durchaus nebeneinander vorliegen, etwa wenn der Arbeitnehmer generell sehr langsam ist und die Arbeitsleistung sich noch zusätzlich durch sein Verhalten verschlechtert. Der Arbeitgeber muss allerdings aufpassen, dass er sich durch seine Ausführungen nicht widerspricht. Nicht selten wird die Kündigung einfach „pauschal“ auf personen- und verhaltensbedingte Gründe gestützt – in der Hoffnung, dass diese schon „irgendwie durchgehen“ wird.

Der Arbeitgeber sollte alle Möglichkeiten ausschöpfen, um eine Kündigung zu vermeiden. Dies gilt schon deshalb, weil er bei einem späteren Kündigungsschutzprozess genau dies darstellen muss, also wenn der Arbeitnehmer sich mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung wehrt.