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Kündigung und Kündigungsschutz von Auszubildenden

Was Sie tun sollten, wenn es im Ausbildungsverhältnis hakt: Wie Sie aus dem Ausbildungsvertrag rauskommen und aus welchen Gründen Arbeitgeber und Azubis fristlos kündigen dürfen.

Ihr neuer Auszubildender bleibt auch nach einer Schonzeit weit hinter Ihren Erwartungen zurück? Ob eine Kündigung rechtens ist, sollten Sie genau prüfen. Denn anders als bei normalen Arbeitsverhältnissen gelten für Azubis arbeitsrechtliche Sonderregeln.

Wir erläutern, wann Azubis auf ihren Kündigungsschutz vertrauen können – aber auch, in welchen Fällen ein Ausbildungsverhältnis von beiden Seiten erfolgreich gekündigt werden kann.

1. Besonderer Kündigungsschutz für Azubis

Die Beschäftigung von Auszubildenden steht unter einem besonderen Schutz. Der Gesetzgeber hat für Azubis besonders strenge Kündigungsschutzregeln getroffen. Für ausbildende Unternehmen ist es daher meist schwierig, einen Ausbildungsvertrag zu kündigen.

Grund für die hohen Hürden zur Kündigung eines Auszubildenden ist, dass der Gesetzgeber die besondere Lebensphase junger Menschen berücksichtigt, die sich noch in der Entwicklung befinden. Jugendlichen und Heranwachsenden soll der Abschluss einer Ausbildung ermöglicht werden – selbst wenn es einmal zu kleinen Verfehlungen kommt, die in diesem Lebensabschnitt nicht selten sind. Von Unpünktlichkeit und schlechter Arbeitsleistung bis hin zur ein oder anderen „Jugendsünde“ ist vieles denkbar.

Geregelt ist die Kündigung von Auszubildenden in den §§ 20 bis 23 Berufsbildungsgesetz (kurz: BBiG).

Maßgeblich für die Hürden bei der Kündigung ist der Zeitpunkt, zu dem eine Kündigung erwogen wird. Dabei gilt:

Je näher das Ausbildungsverhältnis vor dem Abschluss steht, desto schwieriger wird eine Kündigung.

2. Kündigung in der Probezeit

Der Kündigungsschutz in der Probezeit liegt nicht höher als bei sonstigen Beschäftigungsverhältnissen: Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis von beiden Seiten jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden, § 22 Abs. 1 BBiG. Es müssen auch keine Gründe für die Kündigung angegeben werden.

Wichtig: Auch für die Dauer der Probezeit besteht eine Sonderregel für Auszubildende. Nach Nach § 20 BBiG gilt eine Mindestprobezeit von einem Monat und eine maximale Dauer der Probezeit von vier Monaten. Kürzere oder längere Probezeitvereinbarungen sind unwirksam.

Außerdem müssen bei Azubis ebenso wie bei sonstigen Probearbeitsverhältnissen sonstige Kündigungsverbote beachtet werden. Ist z. B. eine Auszubildende schwanger, gilt auch für sie der Kündigungsschutz während der Schwangerschaft und sodann in der Elternzeit, so dass sie auch während der Probezeit grundsätzlich nicht gekündigt werden darf.

Formell zu beachten ist, dass die Kündigung auch in der Probezeit schriftlich erfolgen muss. Zudem muss die schriftliche Kündigung vor Ablauf der Probezeit zugegangen sein – es reicht nicht, wenn sie zunächst mündlich ausgesprochen wird und die schriftliche Kündigung erst nach Ablauf der Probezeit zugeht. Dann gelten die Vorschriften für eine Kündigung nach der Probezeit – die sehr viel strenger sind.

3. Kündigung nach der Probezeit

Nach Ablauf der Probezeit ist aus Sicht des Auszubildenden ein wichtiger Schritt gemacht, da ihm nun der besondere Kündigungsschutz des § 22 Abs. 2 BBiG zusteht.

Nach der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis dann nur noch in zwei Fällen gekündigt werden:

  • Beide Seiten dürfen nur aus einem wichtigen Grund kündigen. Für eine solche Kündigung muss keine Kündigungsfrist eingehalten werden, d. h., der Azubi kann fristlos gekündigt werden.
  • Die Auszubildenden dürfen darüber hinaus mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen kündigen, wenn sie die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen wollen.

In der Rechtspraxis relevanter ist der erstgenannte Fall – die Kündigung aus wichtigem Grund – meist durch den Ausbildungsbetrieb. Dafür muss ein triftiger Grund für die Kündigung bestehen, der eine sofortige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses erforderlich macht. Neben dieser außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund ist also keine ordentliche Kündigung möglich. Denkbar ist dann allenfalls eine einvernehmliche Auflösung des Ausbildungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag.

Es ist also nicht einfach, einen Ausbildungsvertrag nach der Probezeit zu kündigen. Dennoch gibt es Einzelumstände, bei deren Vorliegen eine Kündigung dringend angebracht erscheint – unter Umständen auch berechtigt. Eine solche Kündigung kommt in Betracht bei

  • verhaltensbedingten,
  • personenbedingten oder
  • betriebsbedingten Gründen.

4. Verhalten des Auszubildenden als Kündigungsgrund

Ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund besteht, wenn der Azubi gegen den Ausbildungsvertrag verstößt. Allerdings muss der Arbeitgeber hier auch abwägen, wie lang der Azubi bereits ohne Verstöße im Betrieb tätig war. Je länger dies der Fall war, desto strenger muss der Kündigungsgrund geprüft werden. Dies gilt umso mehr, je näher die Abschlussprüfung liegt.

Zudem kommt eine verhaltensbedingte Kündigung meist nur dann in Betracht, wenn der Auszubildende zuvor bereits einmal abgemahnt wurde. Entbehrlich ist eine Abmahnung nur in besonders schweren Fällen. Hierzu zählt beispielsweise, wenn der Azubi einen größeren Geldbetrag unterschlägt. Gleiches gilt für den geplanten Diebstahl von Betriebsgegenständen.

Wichtige Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung können je nach den Einzelumständen und nach schon erfolgter Abmahnung sein, wenn der Azubi

  • mehrmals unentschuldigt fehlt oder mehrmals unentschuldigt nicht zum Berufsschulunterricht erscheint
  • mehrmals ungenehmigt den Arbeitsplatz verlässt
  • eigenmächtig einen Urlaub antritt
  • den Betriebsfrieden wiederholt stört
  • wiederholt beharrlich Arbeiten verweigert und so die Ausbildung schlicht nicht möglich ist
  • wiederholt das betriebliche Internet zu privaten Zwecken nutzt oder
  • vertragswidrig Nebentätigkeiten ausführt, die vom Ausbildungsbetrieb nicht genehmigt wurden.

5. Personenbedingte Gründe für die Kündigung des Azubis

Personenbedingte Gründe für eine Kündigung sind solche, die in der Person des Auszubildenden liegen, die aber keinen arbeitsvertraglichen Verstoß darstellen.

Zu beachten ist, dass eine vorherige Abmahnung – da dem Azubi in diesem Fall kein Fehlverhalten vorgeworfen kann – nicht in Betracht kommt und damit auch nicht erforderlich ist.

Gründe können je nach den genaueren Einzelumständen sein:

  • Krankheit

Ein berechtigter Grund für eine krankheitsbedingte Kündigung ist eine negative Gesundheitsprognose für die Ausbildungszeit. Dies ist der Fall, wenn feststeht, dass der Azubi über den gesamten oder einen sehr langen Zeitraum der geplanten Ausbildungszeit nicht gesunden wird, also arbeitsunfähig bleibt.

Ein weiterer Grund ist eine Erkrankung (beispielsweise eine Allergie) infolge derer eine Eignung für den Ausbildungsberuf dauerhaft entfällt.

In beiden Fällen ist eine Kündigung zulässig, wenn durch die Erkrankung die notwendigen beruflichen Fertigkeiten nicht mehr innerhalb des vertraglich vereinbarten Ausbildungszeitraums erlernt werden können oder es ein zu hohes Sicherheitsrisiko für den Betrieb darstellt, den Azubi nach Rückkehr aus der Arbeitsunfähigkeit weiter zu beschäftigen.

  • Mangelnde Eignung

Die Probezeit dient bekanntlich der Feststellung, ob der Beschäftigte für die Arbeit geeignet ist. Es gibt aber auch Fälle, in denen erst nach Ablauf der Probezeit die Eignung wegfällt. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Azubi aufgrund einer Krankheit oder aufgrund einer Behinderung die Arbeit nicht mehr leisten kann oder aber eine fehlende Eignung erst nach der Probezeit erkennbar wurde. Eine Kündigung z. B. wegen Schlechtleistung ist aber nur unter strengen Voraussetzungen gerechtfertigt. Die mangelnde Eignung muss zu einer konkreten und auch in Zukunft zu erwartenden Störung des Arbeitsverhältnisses führen, welche die Arbeitsabläufe im Betrieb erheblich beeinträchtigt und auch nicht durch mildere Mittel behoben werden kann, z. B. durch eine Fortbildung oder andere Einsatzbereiche innerhalb des Ausbildungsvertrags.

  • Suchtkrankheit

Bei einer Alkoholerkrankung oder Drogensucht ist für eine Kündigung ebenso wie bei einer Krankheit eine negative Prognose für den Ausbildungszeitraum erforderlich. Es muss also eine Suchtkrankheit vorliegen, die auch nicht absehbar geheilt werden kann, so dass eine Ausbildung innerhalb des vertraglich festgelegten Ausbildungszeitraums nicht mehr möglich ist.

  • Haftunterbringung

Eine personenbedingte Kündigung kommt auch in Betracht, wenn der Auszubildende in Untersuchungshaft kommt oder sogar eine Gefängnisstrafe antreten muss. Steht fest, dass mit einer Freilassung nicht mehr innerhalb des Ausbildungszeitraums gerechnet werden kann, ist eine Kündigung des Azubis gerechtfertigt.

6. Betriebsbedingte Gründe für die Kündigung des Azubis

Schließlich kann eine Kündigung auch aus betriebsbedingten Gründen auf Unternehmerseite zulässig sein. Liegen die Voraussetzungen vor, ist für die Kündigung auch in diesem Fall keine vorherige Abmahnung erforderlich.

Als betriebsbedingte Kündigung kommen insbesondere folgende Gründe in Betracht:

  • eine Stilllegung des kompletten Betriebs, oder aber
  • eine Stilllegung der Ausbildungsabteilung, soweit sie eine organisatorisch eigenständige Einheit des Betriebs bildete.

Keine betriebsbedingten Gründe für eine Kündigung des Azubis sind dagegen:

  • Arbeitsmangel im Betrieb,
  • wirtschaftliche Probleme des Unternehmens und

7. Eigenkündigung des Auszubildenden

Wie bereits erwähnt, ist eine Kündigung durch den Auszubildenden selbst ebenfalls nur aus wichtigem Grund oder aber bei Aufgabe der Berufsausbildung oder Aufnahme einer anderen Berufsausbildung möglich. Der Auszubildende kann also nicht „einfach so“ kündigen, sondern muss ebenfalls berechtigte Gründe haben.

Eine Kündigung durch den Azubi kommt wegen verhaltensbedingter oder betriebsbedingter Gründe in Betracht.

Verhaltensbedingter Grund kann sein, dass der Ausbildungsbetrieb gegen seine Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag verstößt. Allerdings muss auch der Auszubildende vor einer Kündigung das von ihm missbilligte Verhalten des Vertragspartners grundsätzlich zuvor abmahnen. Eine Ausnahme von dem Abmahnerfordernis gilt auch hier bei schweren Vertragsverstößen.

Je nach den konkreten Einzelumständen ist eine verhaltensbedingte Kündigung in folgenden Fällen denkbar:

  • ungeeignete Ausbilder, mangelhafte Ausbildung
  • Mobbing, Beleidigungen, körperliche Übergriffe wie z.B. Schläge oder sexuelle Übergriffe
  • die Ausbildungsvergütung wird wiederholt verspätet gezahlt
  • der Azubi wird wiederholt nicht für die Berufsschule oder für eine überbetriebliche Ausbildung freigestellt
  • vom Azubi werden wiederholt unerlaubte Überstunden verlangt
  • sonstige arbeitsrechtliche Verstöße, z.B. gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz.

Betriebsbedingte Gründe liegen vor, wenn es zu einem Betriebsübergang kommt oder die Ausbildungsabteilung an einen anderen, weiter entfernten Ort verlegt wird. Die betriebsbedingte Kündigung bedarf auch hier keiner Abmahnung.

Gibt der Azubi die Ausbildung auf oder entscheidet sich, eine Ausbildung für eine andere Berufstätigkeit aufzunehmen, musst die Kündigung unter Beachtung der Vierwochenfrist schriftlich und unter Angabe des Kündigungsgrundes erfolgen (§ 22 Abs. 3 BBiG). Eine Kündigung ist allerdings nicht möglich, wenn der Auszubildende denselben Beruf weiter erlernen, die Ausbildung aber bei einem anderen Ausbildungsbetrieb fortsetzen will. Gibt der Azubi nur vor, den Beruf wechseln zu wollen, setzt eine Ausbildung für den gleichen Beruf aber andernorts fort, macht er sich gegenüber dem bisherigen Ausbildungsbetrieb schadensersatzpflichtig, § 23 Abs. 1 BBiG. In diesem Fall sollte der Azubi daher stattdessen versuchen, sich mit dem Ausbildungsbetrieb auf einen Aufhebungsvertrag zu einigen.

8. Form- und Verfahrensvorschriften für die Kündigung von Azubis

Die Kündigung muss schriftlich erfolgen, mit Angabe des wichtigen Kündigungsgrundes (§ 22 Abs. 3 BBiG).

Der wichtige Grund muss genau bezeichnet werden, so dass eindeutig erkennbar ist, welche konkreten Vorfälle zugrunde liegen. Also die Angabe von Datum, Uhrzeit, Ort und Art des Vertragsverstoßes.

Gibt es einen Betriebsrat, hat dieser ein Recht auf Mitbestimmung bei personellen Angelegenheiten, wie etwa bei Abmahnungen und Kündigungen. Insbesondere vor Ausspruch einer Kündigung von Auszubildenden muss er grundsätzlich angehört werden.

Die Kündigung muss spätestens binnen zwei Wochen nach dem Zeitpunkt erfolgen, ab dem die zugrundeliegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten bekannt sind (§ 22 Abs. 4 BBiG).

Zu den Rechtsmitteln gegen eine Kündigung ist zu beachten: Sofern ein Ausschuss bei einer entsprechenden Innung oder Kammer (z.B. bei der Handwerksinnung oder IHK) für den Auszubildenden besteht, ist vor Erhebung einer Klage beim zuständigen Arbeitsgericht zwingend ein Schlichtungsverfahren gemäß § 111 Abs. 2 ArbGG durchzuführen.

9. Fazit

  • In der Probezeit ist eine Kündigung für Arbeitgeber und Azubi jederzeit ohne Einhaltung einer Frist und ohne Kündigungsgrund möglich.
  • Nach der Probezeit müssen besondere Kündigungsgründe gemäß § 22 BBiG vorliegen.
  • Alternativ ist nur ein einvernehmlicher Aufhebungsvertrag denkbar.
  • Für das Verfahren bei einer Kündigung von Azubis sind besondere Formalien zu beachten; insbesondere muss vor einer Klage ggf. ein Schlichtungsverfahren erfolgen.