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Ablauf und Kosten des gerichtlichen Mahnverfahrens

Wie lassen sich offene Forderungen eintreiben? Erfahren Sie Näheres zu Einleitung, Ablauf und Kosten eines außergerichtlichen/gerichtlichen Mahnverfahrens und welche Fristen gelten, damit Sie als Gläubiger an Ihr Geld kommen. Außerdem wird erklärt, wie Antragsgegner reagieren können, wenn ein Mahn- oder Vollstreckungsbescheid in der Post ist.

1. Ablauf und Einleitung des Mahnverfahrens

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Der Kaufvertrag ist geschlossen, die Ware geliefert und der Schuldner erhält eine Rechnung. Allerdings zahlt er den Kaufpreis nicht.

Der Gläubiger kann in dieser Situation zunächst ohne Hilfe eines Gerichtes versuchen, die offene Forderung einzutreiben, indem er seinen Schuldner (mehrmals) mahnt und dabei auch Mahnkosten und Verzugszinsen geltend machen kann (sog. „außergerichtliches Mahnverfahren“).

Wenn dieses Vorgehen ohne Erfolg bleibt, kann der Gläubiger einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides stellen und dadurch ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten. Der Antrag lässt sich einfach online ausfüllen (www.online-mahnantrag.de), ausdrucken und postalisch an das zuständige Mahngericht senden. Zum Beispiel in Bayern ist dies das zentrale Mahngericht Coburg, Heiligkreuzstr. 22, 96450 Coburg.

Wer den Antrag lieber in Papierform ausfüllen möchte, kann den Antragsvordruck (in der Fassung vom 01.07.2017) auch im Papier- und Schreibwarenhandel erwerben.

Unterstützung zum Ausfüllen der Formulare bieten amtliche Ausfüllhinweise bzw. die Broschüre „Das automatisierte gerichtliche Mahnverfahren“. Das zuständige Mahngericht (= dies ist das Amtsgericht am Wohnsitz des Antragstellers) stellt die erforderlichen Informationen auf Antrag kostenlos zur Verfügung bzw. berät telefonisch. Auch Ihr Anwalt unterstützt Sie bei Fragen zum Mahnverfahren.

Das gerichtliche Mahnverfahren ist mehrstufig aufgebaut. Die folgende Grafik zeigt die Verfahrensschritte von der Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens bis zum späteren Gerichtsprozess:

Ablauf eines gerichtlichen Mahnverfahrens

Gut zu wissen: Im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides macht der Gläubiger Angaben zur genauen Bezeichnung des Antragstellers, des Gegners und der zugrunde liegenden Forderung. Zudem kann er Verzugszinsen geltend machen, die bis zum Erlass des Mahnbescheides angefallen sind. Die Verzugszinsen lassen sich online berechnen und betragen für das Jahr 5 % über dem Basiszinssatz.

2. Der Erlass des Mahnbescheids

Liegt ein vollständiger, inhaltlich korrekter Mahnantrag des Gläubigers vor, erlässt das zuständige Mahngericht einen Mahnbescheid und stellt ihn dem Antragsgegner zu.

Sollte der Gläubiger beim Ausfüllen des Antrags Fehler gemacht haben, z.B. bei inhaltlichen Unrichtigkeiten oder einer unzureichenden Aufführung der Forderung, wird er vom Mahngericht im Zuge der sog. Monierung zur Korrektur aufgefordert. Er erhält dazu vom Gericht einen Vordruck, auf dem er seine Angaben berichtigen kann.

Aber wie genau ist ein Mahnbescheid aufgebaut? Ein Mahnbescheid enthält:

  • Die Anschriften von Antragsteller und Antraggegner,
  • Angaben zu eventuellen Prozessbevollmächtigten,
  • die Bezeichnung der Forderungen (einschließlich Verzugszinsen und Nebenforderungen).
  • eine Aufstellung der Gerichtskosten sowie der Kosten eines eventuellen Prozessbevollmächtigten.

Wenn der Mahnbescheid nicht zugestellt werden kann, erhält der Gläubiger vom Gericht eine sog. Nichtzustellungsnachricht. Auf dieser werden von der Post die Gründe für die Nichtzustellung vermerkt, die das Gericht ohne weitere Prüfung übernimmt.

Mit der Nachricht erhält der Gläubiger gleichzeitig einen Antrag auf Neuzustellung. Sollten sich durch die Adressermittlung weitere Kosten für den Antragsteller ergeben, können diese in den Vordruck neu mit aufgenommen werden. Die durch weitere Zustellungsversuche entstehenden Kosten trägt der Antragsteller.

3. Gerichtliches Mahnverfahren: Welche Kosten fallen an?

Mit dem Erlass des Mahnbescheides wird der Antragsteller (Gläubiger) vom Mahngericht über den Versand informiert. Gleichzeitig erhält er eine Kostenrechnung über das Mahnverfahren.

Auf dem Mahnbescheid werden sämtliche Kosten, d.h. Forderungen (und Nebenforderungen), Zinsen und Kostenbeträge, zu einer Gesamtsumme gerechnet.

Die Gerichtskosten werden vom Mahngericht festgesetzt und richten sich nach der Höhe der zugrundeliegenden Forderung. Bis zu einer Forderungshöhe von 1.000 € beträgt die Mindestgebühr für die Durchführung des gerichtlichen Mahnverfahrens insgesamt 36 €. Ist die Forderung höher, steigen die Gebühren. Wird der Sachverhalt an das Prozessgericht (= das für das streitige Verfahren zuständige Gericht) abgegeben – z.B. bei einem Widerspruch des Schuldners – entstehen zusätzliche Kosten.

Folgende Auflistung zeigt die Gebühren im Mahnverfahren bei Streitwerten bis 10.000 €.

Streitwert Gebühren
0,00 € bis 1.000 € 36,00 €
1.000,01 € bis 1.500 € 39,00 €
1.500,01 € bis 2.000 € 49,00 €
2.000,01 € bis 3.000 € 59,50 €
3.000,01 € bis 4.000 € 70,00 €
4.000,01 € bis 5.000 € 80,50 €
5.000,01 € bis 6.000 € 91,00 €
6.000,01 € bis 7.000 € 101,50 €
7.000,01 € bis 8.000 € 112,00 €
8.000,01 € bis 9.000 € 122,50 €
9.000,01 € bis 10.000 € 130,00 €

Kann der Gläubiger die Verfahrenskosten nicht bezahlen, besteht u.U. die Möglichkeit, Prozesskostenbeihilfe in Anspruch zu nehmen.

4. Was tun bei Erhalt eines Mahnbescheides?

Nach der Zustellung des Mahnbescheids hat der Antragsgegner 14 Tage Zeit, um darauf zu reagieren. Folgende Varianten kommen in Betracht:

  1. Er bezahlt die Forderung – dann ist die Sache erledigt.
  2. Er tut gar nichts – dann kann der Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Mit diesem vollstreckbaren Titel kann ein Gerichtsvollzieher in das Vermögen des Schuldners vollstrecken, z.B. indem er dessen Konto sperrt und das Guthaben zur Eintreibung der säumigen Forderung pfändet.
  3. Er legt Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein. Dann befasst sich das zuständige Gericht – i.d.R. ist dies das Gericht am Wohnsitz des Zahlungspflichtigen – mit der Angelegenheit.
    Der Gläubiger kann darauf aber auch verzichten, beispielsweise wenn bei niedrigen Geldbeträgen der Verwaltungsaufwand für ein Gerichtsverfahren in keinem Verhältnis zur Forderungshöhe steht.

5. Widerspruch gegen den Mahnbescheid

Der Antragsgegner kann schriftlich beim Mahngericht Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegen. Ein spezieller Vordruck ist dafür nicht erforderlich, zur Beschleunigung empfiehlt sich jedoch die Verwendung des amtlichen Formulars. Der Gläubiger erhält dann vom Mahngericht eine Nachricht über den Widerspruch sowie eine Kostenrechnung für ein streitiges Verfahren.

Das gerichtliche Mahnverfahren selbst ist mit der Einreichung des Widerspruchs beendet. Will der Gläubiger seinen Anspruch weiterverfolgen, muss er dies vor dem Prozessgericht tun. Das zuständige Prozessgericht ist im Mahnbescheid bezeichnet und wird tätig, sobald der Gläubiger die Kostenrechnung beglichen hat. Bei streitigen Forderungen bis zur Höhe von 5.000 € wird der Fall vom Amtsgericht behandelt, bei höheren Streitwerten ist das Landgericht zuständig.

Für den Zivilprozess muss der Anspruch mit einer Klageschrift begründet werden. Im Zuge der Gerichtsverhandlung wird ein Urteil gefällt, der Prozess kann aber auch durch einen Vergleich enden oder wenn der Kläger die Klage für erledigt erklärt.

Sofern der Antragsgegner nur eine Teilforderung des Mahnbescheids anerkennt, kann auch hinsichtlich der Restforderung Teilwiderspruch eingelegt werden. In diesem Fall würde das Prozessgericht nur den strittigen Sachverhalt verhandeln.

Gut zu wissen: Bis zu einem Streitwert von 5.000 € kann der Gläubiger die Klage selbst verfassen und alleine vor Gericht auftreten. Bei einem höheren Streitwert vor dem Landgericht besteht Anwaltszwang. Um Prozessrisiken vorzubeugen, sollte aber auch bei niedrigeren Verfahrenswerten anwaltliche Unterstützung in Betracht gezogen werden.

6. Einen Vollstreckungsbescheid beantragen

Wenn innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Mahnbescheides keine Zahlung erfolgt ist und der Antragsgegner auch keinen Widerspruch eingelegt hat, kann der Gläubiger beim Mahngericht einen Vollstreckungsbescheid beantragen.

Fristbeginn ist der Tag der Zustellung. Die 14-tägige Frist verlängert sich auf den nächsten Werktag, sofern das Fristende auf einen Sonn- oder Feiertag fällt.

Das erforderliche Antragsformular befindet sich in der Zustellungsnachricht über den Mahnbescheid. Dort sieht der Gläubiger auch das Datum der Zustellung, das von der Post vermerkt wurde.

Der Gläubiger muss im Vollstreckungsantrag angeben, ob der Antragsgegner schon Zahlungen geleistet hat. Auch können abweichende Anschriften angegeben werden, sofern die Zustellungsnachricht der Post hierzu Angaben gemacht hat.

Ebenfalls kann der Gläubiger wählen, ob er den Vollstreckungsbescheid selbst versendet oder das Gericht die Zustellung veranlasst. Es empfiehlt sich, dass das Mahngericht den Bescheid zustellt. Sofern der Gläubiger selbst zustellt, ist es nicht notwendig, das Gericht über die Zustellung zu informieren.

Für die Antragsstellung hat der Gläubiger nicht unbegrenzt Zeit. Der Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids muss zwingend innerhalb von 6 Monaten nach Zustellung gestellt werden!
Bei Nichtbeachtung der 6-monatigen Frist entfällt die Wirkung des Mahnbescheids und der Gläubiger verliert seine Ansprüche! Dasselbe gilt, wenn der Vollstreckungsbescheid rechtzeitig beantragt ist, der Antrag aber zurückgewiesen wird.
Expertentipp: Häufig wird vergessen, im „Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides“ das Kästchen ganz links (Zeile 7!) zu setzen. Damit können die entstehenden Verfahrenskosten ab Erlass des Vollstreckungsbescheids mit 5%-Punkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz verzinst werden. Es lohnt sich also, hier ein Kreuz zu machen!

7. Wie reagieren bei Vollstreckungsbescheid?

Mit dem Erlass des Vollstreckungsbescheides hat der Gläubiger einen Vollstreckungstitel in der Hand, der die säumige Forderung sichert und aus dem heraus unmittelbar gepfändet werden kann.

Regelmäßig wird der Vollstreckungsbescheid dem Schuldner von Amts wegen und mittels Postzustellungsurkunde zugestellt. Auf dem gelben Umschlag notiert der Zusteller das Datum der Zustellung und übermittelt eine Zustellungsnachricht ans Mahngericht.

Der Vollstreckungsbescheid gibt dem Gläubiger umfangreiche Rechte, um sein Geld zu erhalten und ist wesentlicher Ausgangspunkt für eine spätere Zwangsvollstreckung. Mit dem Titel kann der Gläubiger 30 Jahre lang in das Vermögen des Schuldners vollstrecken. Beispielsweise könnte er einen Gerichtsvollzieher beauftragen, um Wertgegenstände, Konten oder Einkünfte aus Lohn und Rente zu pfänden (vorausgesetzt es besteht kein Pfändungsschutz).

Der Schuldner hat nach Erhalt eines Vollstreckungsbescheides die folgenden drei Möglichkeiten:

  1. Er bezahlt die Forderung – Dann ist die Sache für ihn erledigt.
  2. Er tut gar nichts – Dann erfolgt die Zwangsvollstreckung in sein Vermögen, damit der Gläubiger sein Geld erhält.
  3. Er legt innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ein. Dies ist seine letzte Möglichkeit, gegen die Forderung vorzugehen.

8. Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid

Ein Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid (oder Teile davon) muss schriftlich erfolgen. Sobald das Mahngericht den Einspruch erhält, gibt es das Verfahren automatisch an das Prozessgericht ab, das das streitige Verfahren durchführt.

Für den Einspruch ist kein bestimmtes Formular vorgeschrieben, aber es bedarf folgender Angaben:

  • Es muss deutlich werden, dass es sich um einen Einspruch handelt,
  • Es muss ersichtlich sein, gegen welchen Vollstreckungsbescheid sich der Einspruch richtet (Geschäftszeichen angeben!).

Der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid muss nicht begründet werden!

Achtung: Der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid verhindert keine Zwangsvollstreckung, denn der Vollstreckungsbescheid ist zumindest vorläufig vollstreckbar. Hat der Gläubiger bereits Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet, kann der Antragsgegner nur noch beim Prozessgericht einen Antrag auf Vollstreckungsschutz stellen. In der Regel entscheidet das Gericht innerhalb von wenigen Tagen.

9. Fazit

  • Mit einem gerichtlichen Mahnverfahren können ausstehende Zahlungen eingetrieben werden.
  • Der Antrag zum Erlass eines Mahnbescheides lässt sich einfach online auszufüllen.
  • Durch das Mahnverfahren kann der Gläubiger recht zeitnah einen Vollstreckungsbescheid erwirken, der zur Zwangsvollstreckung berechtigt. Dann zieht der Gerichtsvollzieher die ausstehenden Forderungen ein.
  • Das außergerichtliche Mahnverfahren kann zwar grds. auch ohne Anwalt durchgeführt werden. Sofern der Antragsgegner aber Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegt und bei komplexen Sachverhalten empfiehlt sich anwaltliche Unterstützung.
  • Im gerichtlichen Mahnverfahren dürfen Sie sich bei niedrigen Forderungen selbst vor Gericht vertreten. Sofern ein Verfahren vor dem Landgericht erfolgt (bei Streitwerten > 5.000 €), besteht Anwaltszwang.