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So können Verbraucher erfolgreich einen Vertrag widerrufen

Erfahren Sie in diesem Beitrag, in welchen Fällen Ihnen als Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht und wie Sie dieses ausüben.

1. Was ist ein Widerruf?

Wer einmal einen Vertrag eingeht, ist daran grundsätzlich gebunden. Meist kann man sich von der Vereinbarung nur lösen, wenn der Vertragspartner seine Pflichten nicht erfüllt (z.B. Mängel auftreten).

Wer hingegen ein Widerrufsrecht hat, kann den Vertrag meist 14 Tage lang ohne besondere Voraussetzungen auflösen.

Der Widerruf steht allerdings nur  Verbrauchern zu. Darunter versteht man Personen, die den betroffenen Vertrag nicht in geschäftlichen Angelegenheiten eingegangen sind.

Das Widerrufsrecht gibt es übrigens in der ganzen EU. Es kann vertraglich nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

2. Bei welchen Verträgen habe ich als Verbraucher ein Widerrufsrecht?

Ein Widerrufsrecht besteht grundsätzlich bei

  • außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen,
  • Fernabsatzverträgen
  • und Verbraucherdarlehen.

Dies sind Unterfälle von Verbraucherverträgen. Ein Verbrauchervertrag ist ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher. Bei Privatgeschäften allein unter Verbrauchern – z.B. beim Autokauf von Privat – gibt es also keinen Widerruf.

Mandanten wollen häufig folgende Verträge widerrufen:

Kaufvertrag über Möbel

Meist lässt sich erst in den eigenen vier Wänden sagen, ob die ausgesuchten Möbel die richtigen sind.

Ein Widerrufsrecht besteht allerdings nur in diesen Fällen:

  • Die Möbel wurden online, im Katalog oder per Telefon bestellt
  • Die Möbel sind per Ratenkauf finanziert

Der Ratenkauf muss einen Wert von 200 Euro erreichen und die Laufzeit muss länger als drei Monate sein.

Liegt keiner der genannten Fälle vor, kann der Kaufvertrag über die Möbel unter Umständen trotzdem aufgelöst werden. Es kommt etwa in Betracht,

  • dass wegen eines Mangels der Rücktritt vom Kaufvertrag möglich ist
  • oder der Verkäufer ein freiwilliges Rücknahme- oder Umtauschprogramm anbietet.

Handyvertrag

Ein reiner Mobilfunkvertrag lässt sich widerrufen, wenn dieser z.B. per Telefon, postalisch oder online abgeschlossen wurde. Wem auf der Straße oder an der Haustür ein neuer Mobilfunkvertrag aufgedrängt wird, der kann ebenfalls widerrufen.

In den meisten anderen Fällen sind Verbraucher an den Vertrag und seine Kündigungsfristen gebunden. Diese lassen sich den AGB entnehmen. Einige dieser Klauseln sehen zu lange Fristen vor. Es lohnt sich, einen Anwalt für Vertragsrecht über den Vertrag schauen zu lassen.

Meist werden Mobilfunkverträge zusammen mit einem Handykauf abgeschlossen. Der Kaufpreis des Handys wird dann mit der monatlichen Gebühr abgegolten. Nach einer Entscheidung des Landgerichts Lüneburg kann neben dem Mobilfunkvertrag auch der Kaufvertrag über das Handy widerrufen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der eigentliche Kaufpreis über 200 Euro liegt.

Fitnessstudio

Fitnessverträge werden in aller Regel im Studio selbst abgeschlossen. Dann besteht kein Widerrufsrecht. Verbraucher können allenfalls kündigen. Sie können sich dann erst nach Ablauf der vereinbarten Kündigungsfristen vom Vertrag lösen.

Unter Umständen können Kunden aber ein außerordentliches Kündigungsrecht haben. Für den Umzug in eine andere Stadt hat der BGH dies zwar abgelehnt. Allerdings kann es etwa bei lang andauernder Krankheit oder Schwangerschaft.

Reise

Für Pauschalreiseverträge gibt es kein Widerrufsrecht.

Reisende können zwar jederzeit vor Reiseantritt zurücktreten; sie schulden dann allerdings eine Entschädigung. Je kurzfristiger der Rücktritt vor Reisebeginn erklärt wird, desto höher fällt der Betrag aus. Kurz vorher kann er auch den vollen Reisepreis umfassen.

Bei außergewöhnlichen Umständen wie politischen Unruhen, Terrorakten und Naturkatastrophen können Reisende natürlich ohne Entschädigungspflicht zurücktreten.

Im Übrigen können sie bei Mängeln des Reiseangebots zurücktreten oder kündigen.

Beispiel: Das Hotelzimmer ist stark mit Schimmel befallen.

DSL-Vertrag

Gute Nachrichten für Verbraucher, die ihren DSL-Vertrag online, per Post oder am Telefon abgeschlossen haben: Sie können den Vertrag grundsätzlich widerrufen.

In allen anderen Fällen sind Kunden an die Kündigungsfristen gebunden. Ausnahmsweise kann ein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht bestehen. Das gilt etwa bei einem Umzug, wenn der Anbieter am neuen Wohnort nicht verfügbar ist.

Darlehensvertrag

Bei Darlehensverträgen steht dem Verbraucher stets ein Widerrufsrecht zu, auch wenn diese regelmäßig in den Geschäftsräumen der Bank geschlossen werden.

Maklervertrag

Widerruf und Rücktritt sind auch bei einem Maklervertrag möglich.

Autokauf

Auch der Widerruf vom Autokauf im Internet ist möglich. Treten Mängel am PKW auf, können Käufer vom Auto-Kaufvertrag auch zurücktreten. Täuscht der Verkäufer den Käufer oder irrt der Käufer sich, kann der Kaufvertrag über das Auto auch angefochten werden.

3. Wie muss ich den Widerruf erklären?

Form

Es gibt keine bestimmte Formvorschrift. Sie können den Widerruf also schriftlich, per Mail, Fax, SMS oder theoretisch auch mündlich gegenüber ihrem Geschäftspartner erklären. Aus Beweiszwecken ist es jedoch besser, schriftlich zu widerrufen. Oft gibt es ein Muster-Widerrufsformular, das Sie ausfüllen können.

Sie müssen den Widerruf auch nicht begründen. Es muss jedoch klar verständlich sein, dass Sie den Vertrag nicht mehr wollen. Nur die Ware zurückzusenden oder die Leistungen nicht zu benutzen, reicht in der Regel nicht aus.

Widerrufsfrist

Die Widerrufsfrist beträgt grundsätzlich 14 Tage. Wann sie beginnt, hängt von der Art des Vertrags ab. Zum Beispiel beim Kaufvertrag beginnt die Frist in der Regel mit der vollständigen Lieferung der Ware. In den meisten anderen Fällen ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich.

Die Frist beginnt allerdings erst zu laufen, nachdem der Unternehmer Sie ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht belehrt hat.

Welche Angaben dafür im Detail erforderlich sind, ist immer wieder Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Eine erste Orientierung erlaubt die gesetzliche Mustererklärung. Damit ist der Verkäufer grundsätzlich auf der sicheren Seite.

Wenn er dies nicht tut, haben Sie also länger Zeit. Das Widerrufsrecht erlischt in diesem Fall spätestens 12 Monate und 14 Tage nach dem Fristbeginn.

Beispiel: A bestellt am 1. Januar 2020 Möbel bei einem Versandhändler. Sie wird nicht über ihr Widerrufsrecht belehrt. Sie kann den Vertrag bis zum 14. Januar 2021 widerrufen.

4. Was passiert nach dem Widerruf?

Der wirksame Widerruf hebt den Vertrag auf. Das heißt, dass alles wieder so werden muss wie vor dem Vertragsschluss. Der Unternehmer muss also den Preis zurückzahlen und Sie müssen die Waren zurückgeben bzw. bereits genutzte Leistungen bezahlen.

Beispiel: Wer seinen Mobilfunkvertrag nach 10 Tagen widerruft, muss anteilig für die schon erfolgte Nutzung zahlen.

Dafür haben Sie beide eine Frist von 14 Tagen. Sie müssen die Waren nur rechtzeitig abschicken, um die Frist zu wahren.

Der Unternehmer muss Ihnen auch die Versandkosten für die ursprüngliche Sendung zurückerstatten. Das gilt nicht für den Mehrpreis einer aufpreispflichtigen Premium-Lieferung.

Bei der Rücksendung durch Sie trägt der Unternehmer die Verantwortung dafür, dass die Ware heil ankommt. Falls sie durch den Versand beschädigt wird, fällt das in den Risikobereich des Unternehmers.

Grundsätzlich müssen Sie die Kosten für die Rücksendung tragen. Viele Unternehmer bieten allerdings an, dass sie die Versandkosten übernehmen.

Sie dürfen die Ware zwar auspacken und sachgemäß prüfen. Allerdings dürfen Sie sie nicht benutzen. Wenn die Waren durch Ihre Benutzung abgenutzt oder beschädigt sind, müssen Sie dem Unternehmer dafür Wertersatz zahlen.

Beispiel: A bestellt ein Wasserbett bei einem Online-Versand. Er befüllt es mit Wasser und stellt sofort fest, dass ihm der Liegekomfort nicht gefällt. Fünf Tage nach Erhalt der Ware erklärt er den Widerruf.

A hat nur das Bett zurückzusenden. Wertersatz schuldet er grundsätzlich nicht. Dass der Händler mit dem Bett eventuell nach dem Befüllen nichts mehr anfangen kann, spielt keine Rolle. Anders hätte A das Bett nicht prüfen können.

Hat A hingegen mehrere Nächte in dem Bett verbracht und die Oberflächen abgenutzt, muss er Wertersatz leisten.

5. Fazit

  • Durch den Widerruf können sich Verbraucher von einem Vertrag mit einem Unternehmer lösen.
  • Dafür haben Sie grundsätzlich 14 Tage Zeit.
  • Ein Widerrufsrecht besteht meist nur, wenn der Vertrag online, per Telefon, postalisch oder außerhalb eines Geschäfts abgeschlossen wurde. Auch Ratenkäufe können in aller Regel widerrufen werden.
  • Sie können den Widerruf formlos erklären. Aus Beweisgründen bietet sich jedoch die schriftliche Form, z.B. über ein Musterformular, an.
  • Die Leistungen (z.B. Ware und Kaufpreis) müssen gegenseitig zurückerstattet werden.