Artikel bewerten
VN:F [1.9.22_1171]
Bitte bewerten Sie diesen Artikel.
2.0 von 5 Sternen auf Grundlage von 1 Bewertungen

Anspruch auf Abfindung bei Kündigung

Bei der Kündigung hoffen viele Arbeitnehmer auf den „goldene Handschlag“. Ob und wann es einen Rechtsanspruch darauf gibt, erklärt dieser Artikel.

1. Abfindung durch Arbeitsvertrag

Die Frage nach einem Anspruch auf Abfindung treibt viele Arbeitnehmer um. Besonders durch einschlägige Berichterstattung in den Medien hält sich hartnäckig das Gerücht, es gäbe bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Abfindung. Dem ist allerdings nicht so: Abfindungen sind in der Regel eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber hat daher grundsätzlich nur in Ausnahmefällen die Pflicht, eine Abfindung zu zahlen.
Zu diesen Ausnahmefällen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gehören:

  • die arbeits- oder tarifvertraglich vorgeschriebene Abfindung
  • die durch Betriebsvereinbarung oder Sozialplan vorgeschriebene Abfindung
  • die Abfindung durch betriebliche Übung
  • Zudem können Abfindungen Teil eines Aufhebungsangebots sein, bleiben in diesem Fall jedoch freiwillig.
  • Einen Sonderfall bildet die Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung. Zu diesem Thema finden Sie detaillierte Informationen in einem eigenen Artikel:  Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung.

2. Abfindung durch Arbeitsvertrag

Schon bei Unterschrift eines Arbeitsvertrags können Sie langfristig planen. Eine Abfindungsklausel kann grundsätzlich in jeden Arbeitsvertrag eingebaut werden. Deswegen lohnt es sich bei den Gehaltsverhandlungen bisweilen, an den Fall der Fälle zu denken. Selbst wenn ein höheres Monatsgehalt oder eine längere Kündigungsfrist nicht zur Debatte stehen, ist Ihr Verhandlungspartner in diesem Punkt vielleicht flexibel.
Eine arbeitsvertraglich geregelte Abfindung ist grundsätzlich verbindlich. Das bedeutet, dass sie unter normalen Umständen auch eingeklagt werden kann. Gleiches gilt selbstverständlich für Änderungsverträge und darin vereinbarte Abfindungen.
Eine Abfindung bei außerordentlichen und fristlosen Kündigungen ist zwar juristisch möglich, würde jedoch in den meisten Fällen dem Sinn einer außerordentlichen Kündigung widersprechen.

3. Abfindung durch betriebliche Übung

Wie erwähnt hängt die Zahlung einer Abfindung zum Ende eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich vom Willen des Arbeitgebers ab. Der kann allerdings nicht beliebig betätigt werden. Das Bundesarbeitsgericht hat 2001 klargestellt, dass bei der Zahlung von Abfindungen eine gewisse Gleichberechtigung bestehen muss. Der Arbeitgeber kann nicht willkürlich einigen Arbeitnehmern eine Abfindung zahlen und anderen nicht. Wenn es im Betrieb üblich ist, eine Abfindung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen, so haben alle Arbeitnehmer in vergleichbarer Situation einen Anspruch auf Abfindung, wenn sie in der Vergangenheit ohne einen ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalt gewährt wurde.
Diese sogenannte „betriebliche Übung“ kann nur in Abstimmung mit den Mitarbeitern wieder geändert werden. Geschieht das nicht, begründet sie einen Anspruch auf Abfindung.

4. Abfindung im Kündigungsschutzprozess

Viel häufiger, als durch betriebliche Übung, werden Abfindungen durch Einigung im Kündigungsschutzprozess gezahlt. Durch den Prozess an sich kommt es zwar nicht zu einem Anspruch auf Abfindung, durch ihn hat der Arbeitnehmer jedoch die Möglichkeit, seinerseits Druck auf den Arbeitgeber auszuüben.

Das geht folgendermaßen: In einem Betrieb mit mehr als 10 Mitarbeitern gilt in der Regel das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) für Beschäftigungsverhältnisse, die mindestens sechs Monate bestanden haben. Geht ein Arbeitnehmer davon aus, dass er ungerechtfertigt gekündigt wurde, kann er Kündigungsschutzklage vor den Arbeitsgerichten erheben. Im Zuge des Gerichtsverfahrens tritt er in Verhandlung mit dem Arbeitgeber und bietet an, die Klage gegen Zahlung einer Abfindung zurückzunehmen.

In der Praxis kommt es nicht selten zu solchen Einigungen, die für den Arbeitgeber den Vorteil einer schnellen und gegebenenfalls sogar kostengünstigeren Beendigung des Rechtsstreits und für den Arbeitnehmer den Vorteil der Abfindungszahlung haben. Als unverbindliche Faustregel haben sich 0,5 Monatsgehälter pro Jahr im Betrieb etabliert. Die Abfindungshöhe kann jedoch im Einzelfall variieren.

Das Arbeitsgericht kann darüber hinaus bei erfolgreicher Kündigungsschutzklage dem Arbeitnehmer eine Abfindung von bis zu 18 Monatsgehältern zusprechen, sollte es ihm unzumutbar sein, weiter in seinem Betrieb zu arbeiten. An diese Unzumutbarkeit werden jedoch relativ hohe Anforderungen gestellt.

5. Abfindung und Aufhebungsvertrag

Ebenfalls freiwillig: Die Abfindung im Aufhebungsvertrag. Dabei „garniert“ der Arbeitgeber das Angebot eines einvernehmlichen Beschäftigungsendes mit einem oftmals nicht zu unterschätzenden Abfindungsangebot. Das hat für beide Seiten grundsätzlich den Vorteil, dass keine Kündigung erfolgt und sich der Betrieb schnell und ohne Rechtsstreit vom Arbeitnehmer trennen kann. Der Arbeitnehmer erhält seinerseits die finanziellen Mittel, um die Zeit während der Stellensuche zu überbrücken. Auf den ersten Blick also ein verlockendes Angebot. Allerdings lohnt sich auch hier das genauere Hinsehen. Je nach Formulierung im Aufhebungsvertrag kann die Bundesagentur für Arbeit eine Kürzung oder Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängen.
Dieses Risiko lässt sich allerdings durch eine geschickte Vertragsgestaltung minimieren.

6. Höhe der Abfindung

Durch die unterschiedlichen Wege, auf denen es zu einer Abfindung kommt, variieren auch die Zahlungshöhen stark. Folgende Faktoren können die Höhe der Abfindung beeinflussen:

  • zeitliche Aspekte (Alter, Betriebszugehörigkeit, Zeit bis zur Rente)
  • finanzielle Aspekte (Gehalt, Liquidität des Unternehmens)
  • soziale Aspekte (Familienstand, Unterhaltspflichten, Chancen auf dem Arbeitsmarkt)
  • regionale Unterschiede (Lebensstandard und Arbeitsmarktsituation)
  • juristische Aspekte (Betriebsvereinbarungen, ausstehende Ansprüche etc.)

Dabei kommt es jeweils auf den Hintergrund des Falles an. Nur für einige Fälle gibt das Gesetz eine Vorgabe bei der Abfindungshöhe:

  • Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung: 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr nach § 1a Abs. 2 KSchG
  • Abfindung wegen Unzumutbarkeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses: Bis zu 12 Monatsgehälter nach § 10 KSchG (bei älteren Arbeitnehmern bis zu 18 Monatsgehälter)

In jüngster Zeit bieten einige Unternehmen sogenannte „Sprinterprämien“ an. Wer sich bis zu einem bestimmten Datum ohne Rechtsstreit vom Unternehmen löst, erhält dafür eine Sonderzahlung. Auch das ist eine Form der freiwilligen Abfindung und wird vom BAG grundsätzlich als zulässig erachtet.