Artikel bewerten
VN:F [1.9.22_1171]
Bitte bewerten Sie diesen Artikel.
3.7 von 5 Sternen auf Grundlage von 9 Bewertungen

So gelingt der Rücktritt vom Kaufvertrag für eine Immobilie

Ein Hauskauf muss gut überlegt sein. Sobald der Immobilienkaufvertrag vor einem Notar geschlossen wurde, können sich die Parteien nicht mehr ohne Weiteres davon lösen. Wir erklären, unter welchen Umständen ein Rücktritt vom Immobilienkaufvertrag noch möglich ist.

1. Rücktritt vom notariellen Immobilienkaufvertrag

Ein Kaufvertrag über eine Immobilie – sei es ein Haus oder eine Eigentumswohnung – muss vor einem Notar geschlossen werden. Haben Verkäufer und Käufer ihre Unterschriften unter den Vertrag gesetzt und wurde dieser von einem Notar beurkundet, ist der Vertrag bindend.

Ohne Beurkundung ist ein Rücktritt grundsätzlich nicht notwendig, denn der Vertrag ist dann ohnehin unwirksam.

Ansonsten muss zwischen vertraglichem und gesetzlichem Rücktrittsrecht unterschieden werden. Haben die Parteien individuell im Kaufvertrag ein Rücktrittsrecht vereinbart, geht dieses den gesetzlichen Regelungen vor.

Aber Achtung: Vertraglich vereinbarte Rücktrittsrechte müssen im beurkundeten Vertrag ausreichend bezeichnet sein. Es muss klar hervorgehen, ob es nur unter bestimmten Voraussetzungen oder jederzeit ausgeübt werden kann. Andernfalls gibt es kein vertragliches Rücktrittsrecht.

Beispiel, in dem ein vertragliches Rücktrittsrecht vereinbart werden könnte: Bei der Beurkundung des Immobilienkaufs steht die Baugenehmigung für einen Anbau noch aus. Die Parteien vereinbaren daher, dass der Käufer vom Vertrag zurücktreten darf, sollte diese nicht erteilt werden.

Ob ein gesetzliches Rücktrittsrecht vorliegt, bestimmt sich für Käufer und Verkäufer unterschiedlich. Dazu mehr in den folgenden beiden Abschnitten.

2. Rücktritt vom Immobilienkauf durch den Käufer

Wurde im Vertrag kein individuelles Rücktrittsrecht vereinbart, gelten die gesetzlichen Regelungen: Der Käufer kann vom Vertrag nur zurücktreten, wenn erhebliche Mängel an der Immobilie vorliegen.

Hierbei muss zwischen einer gebrauchten und einer neuen Immobilie unterschieden werden:

Bei einer gebrauchten Immobilie möchte der Verkäufer regelmäßig keine umfassende Haftung übernehmen. Daher vereinbaren die Parteien typischerweise einen Gewährleistungsausschluss: Der Verkäufer haftet weiterhin uneingeschränkt für Rechtsmängel, übernimmt aber keine Haftung für Sachmängel an der Immobilie. Das Haus wird gekauft wie besichtigt.

Beispiel: Ist die verkaufte Immobilie an Dritte vermietet, weiß dies der Käufer aber nicht und hätte er dies auch nicht ahnen müssen, liegt darin ein Rechtsmangel. Beim Kauf geht das Mietverhältnis nämlich per Gesetz auf den Käufer über. Feuchtigkeitsschäden oder eine fehlende Baugenehmigung stellen dagegen Sachmängel dar.

In dem Gewährleistungsausschluss für Sachmängel steckt aber gleichzeitig auch die Versicherung des Verkäufers, dass ihm keine versteckten Mängel bekannt sind. Der Käufer kann also trotz Haftungsausschluss zurücktreten, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Mit anderen Worten: Der Verkäufer müsste einen für den Käufer relevanten Mangel bereits gekannt und dennoch nicht darüber aufgeklärt oder sogar gelogen haben. Und hier liegt häufig die Schwierigkeit, denn der Käufer muss diese Arglist beweisen.

Achtung: Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Käufer einen Mangel bei Vertragsschluss kennt. Besprechen Käufer und Verkäufer einen Mangel ausführlich, hat der Käufer kein gesetzliches Rücktrittsrecht.

Auch bei einer gescheiterten Finanzierung hat der Käufer kein gesetzliches Rücktrittsrecht. Dies bleibt nur dem Verkäufer vorbehalten. Daher sollte der Vertrag erst unterschrieben werden, wenn die Finanzierung der Immobilie gesichert ist.

Ohne Ausschluss der Gewährleistung – wie zum Beispiel oft bei Neubauten – können erhebliche Sach- oder Rechtsmängel einen Rücktrittsgrund darstellen. Der Käufer muss dem Verkäufer dann in der Regel zunächst eine Frist setzten, innerhalb derer er den Mangel beheben kann. Erst wenn die Nachbesserungsfrist verstrichen ist, ohne dass der Mangel behoben wurde, kann der Käufer zurücktreten.

Allerdings muss es sich auch um einen erheblichen Mangel handeln. Bei kleineren Mängeln kann der Käufer lediglich selbst einen Handwerker beauftragen und sich für die entstandenen Kosten an den Verkäufer halten. Ob ein Mangel erheblich ist, richtet sich nach der Höhe der Mangelbeseitigungskosten.

Der Bundesgerichtshof hält Mängel meist für unerheblich, wenn sie sich mit einem Aufwand von unter 5% des Kaufpreises beheben lassen.

3. Rücktritt vom Immobilienkauf durch den Verkäufer

Dem Verkäufer steht ein gesetzliches Rücktrittsrecht insbesondere zu, wenn der Käufer in Zahlungsverzug gerät. Das ist der Fall, wenn der Käufer den Kaufpreis schuldhaft nicht vollständig bezahlt, obwohl er bereits fällig ist. Im notariellen Immobilienkaufvertrag wird in der Regel ein Zeitpunkt vereinbart, zu dem der Käufer zahlen muss. Ist dieser überschritten, ist der Käufer bereits im Zahlungsverzug. Ist kein genauer Zahlungszeitpunkt vereinbart, muss der Verkäufer den Käufer vorher mahnen, ihn also eindeutig zur Kaufpreiszahlung auffordern.

In der Praxis wird häufig vereinbart, dass der Notar dem Käufer (im Namen des Verkäufers) im Laufe der Immobilienkaufabwicklung eine sog. Fälligkeitsmitteilung schickt. Die Mitteilung landet in der Regel formlos im Briefkasten des Käufers, sodass man nicht genau sagen kann, wann sie zugestellt wurde. Um Rechtssicherheit zu schaffen, setzt der Notar darin oft eine Nachfrist, innerhalb derer der Käufer den Kaufpreis zahlen muss. Erst danach kann der Verkäufer von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen.

4. Wie läuft die Rückabwicklung des Kaufvertrags ab?

Der Rücktritt vom Immobilienkauf kann formlos erklärt werden und muss nicht vom Notar beglaubigt werden. Kam es allerdings schon zur Übertragung des Eigentums per Auflassung (Einigung) und Eintragung im Grundbuch, muss beim Notar die Rückabwicklung des Vertrages schriftlich beantragt werden.

Wenn bereits eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Käufers im Grundbuch eingetragen ist, sollte der Verkäufer deren Löschung in die Wege leiten. Durch die Auflassungsvormerkung wird die Eigentumsübertragung für den Käufer abgesichert, was nach dem Rücktritt nicht mehr nötig ist.

Für die Löschung ist die Zustimmung des Käufers erforderlich. Da die Parteien die umfassende Pflicht trifft, das ganze Geschäft rückabzuwickeln, muss er die Zustimmung erteilen. Sonst drohen Schadensersatzforderungen.

5. Private vs. gewerbliche Immobilie

Beim Rücktritt vom Kauf einer gewerblichen Immobilie ergeben sich keine großen Unterschiede. Gewerbliche Immobilienkaufverträge ähneln allerdings dem Kauf eines Unternehmens. Der notarielle Kaufvertrag ist um einiges umfangreicher, sodass eine Rückabwicklung häufig mit einem hohen Aufwand verbunden ist.

6. Widerruf, Anfechtung & Co. – Unterschiede zum Rücktritt

Der „Rücktritt“ ist nicht die einzige Möglichkeit, auf Probleme und Konflikte im Immobilienkaufvertrag zu reagieren. Für Käufer und/oder Verkäufer kommen ggf. weitere Optionen in Betracht. Oft werden die Begriffe vermengt:

  • Ein Widerruf ist dem Rücktritt sehr ähnlich und ist möglich, wenn ein Widerrufsrecht in den notariellen Vertrag mitaufgenommen wurde. Dann können die Parteien innerhalb einer typischen Frist von 14 Tagen ohne Grund und Konsequenzen den Kaufvertrag widerrufen. Hierin liegt der Unterschied. Ein Widerrufsrecht kann nützlich sein, wenn wesentliche Fragen noch ungeklärt sind, ist in der Praxis allerdings eher selten.
  • Bei der Rückabwicklung handelt es sich lediglich um eine Bezeichnung für den Rückabwicklungsprozess, nachdem eine Partei von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht hat.
  • Bei einer Minderung wird der Kaufpreis aufgrund eines Mangels abgesenkt. Hängen Sie an der Immobilie, ist das oft eine gute Lösung.
  • Die Parteien können auch einen Aufhebungsvertrag schließen. Solange das Eigentum am Haus noch nicht auf den Käufer übergegangen ist, müssen die Parteien bei der Aufhebung regelmäßig keine besondere Form einhalten. Andernfalls ist eine notarielle Beurkundung notwendig.
  • Eine Anfechtung kommt bei Täuschung oder Irrtümern in Betracht, allerdings steht dem Anfechtenden allenfalls nur sehr beschränkt Schadensersatz zu.

7. Was gilt bei einem Fertighaus?

Gegenstand eines Fertighausvertrags sind Lieferung und Erstellung eines bestimmten Haustyps eines Fertighausanbieters. Ein Notar muss den Vertrag notariell beurkunden, wenn gleichzeitig auch ein Grundstück veräußert werden soll. Dann handelt es sich um einen kombinierten Bau-/Kaufvertrag.

Will sich der Bauherr vom Fertighausvertrag lösen, kann es teuer werden. Der Bauherr kann zwar jederzeit den Bauvertrag kündigen, allerdings kann der Unternehmer dennoch die vereinbarte Vergütung verlangen. Bei einem Vertragsausstieg verlangen Firmen in der Regel eine Storno-Vergütung, die als Pauschalbetrag bis zu zehn Prozent der Bausumme ausmachen kann.

Nur bei erheblichen Pflichtverletzungen des Fertighausanbieters kann der Bauherr „kostenlos“ den Hausvertrag kündigen. Daneben kann auch ein vertragliches Rücktrittsrecht helfen. Diese sind in der Praxis allerdings selten.

8. Schadensersatz

Platzt der Immobilienkaufvertrag, entstehen oft hohe Schadensersatzforderungen. Hat der Käufer im Vertrauen auf den Kaufvertrag Investitionen getätigt und nutzt dann sein gesetzliches Rücktrittsrecht, kann er diese Folgekosten oft vom Verkäufer zurückverlangen.

Zum Beispiel:

  • Maklerprovision
  • Notar- und Grundbuchkosten
  • Finanzierungsaufwendungen
  • Nutzlose Aufwendung an der Immobilie selbst

Tritt der Verkäufer per gesetzlichem Rücktrittsrecht vom Vertrag zurück, kann er ebenfalls die die im Zusammenhang mit dem Verkauf der Immobilie entstanden Folgekosten ersetzt verlangen.

Zum Beispiel:

  • Anwalts- und Mahnkosten
  • Verlust des Verkäufers, der die Immobilie nur für einen geringeren Betrag weiterverkaufen kann
  • Entgangener Gewinn aus einer Geldanlage des Immobilienkaufpreises

Die Höhe des Schadensersatzes ergibt sich vor allem aus Kaufpreis, Rücktrittsgrund sowie dem entstandenen Schaden.

9. Rücktritt vom Vorvertrag

Durch einen Vorvertrag verpflichten sich Verkäufer und Käufer, zu einem späteren Zeitpunkt einen Kaufvertrag über eine bestimmte Immobilie abzuschließen. Ein Vorvertrag ist sinnvoll, wenn sich der Käufer hinsichtlich einer bestimmten Immobilie zwar sicher ist, aber wegen äußerer Umstände den Kaufvertrag noch nicht abschließen kann (z. B. weil die Finanzierung noch nicht abschließend geklärt ist).

Der Vorvertrag über eine Immobilie muss wie der eigentliche Kaufvertrag notariell beurkundet werden, was in zusätzlichen Kosten resultiert. Dann ist er grundsätzlich bindend, sodass ein Rücktritt nur schwer möglich ist.

Mögliche Rücktrittsgründe:

  • Hält eine Vertragspartei im Vertrag niedergeschriebene wesentliche Vereinbarungen nicht ein, hat die andere Seite ein Rücktrittsrecht.
  • Ein Rücktritt kommt auch in Frage, wenn einer Partei ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann oder wenn die Geschäftsgrundlage weggefallen ist.
Beispiele: Zahlungsunfähigkeit des Käufers, Tod des Käufers oder Verkäufers, Zerstörung der Immobilie durch eine Naturkatastrophe, geplatzte Baufinanzierung

Die Anforderungen an den Rücktrittsgrund liegen hoch. Im Zweifel entscheidet ein Gericht, ob ein hinreichender Grund besteht. Halten Sie den Vorvertrag nicht ein, kommen hohe Schadensersatzforderungen auf Sie zu.

10. Fazit

  • Ein vertragliches Rücktrittsrecht muss genau im notariellen Vertrag vereinbart werden.
  • Bei erheblichen Sach- oder Rechtsmängel kann der Käufer nach erfolglosem Ablauf einer Nachbesserungsfrist vom Immobilienkauf zurücktreten.
  • Wenn der Käufer nicht rechtzeitig zahlt, kann der Verkäufer sein Rücktrittsrecht ausüben.
  • Ist ein Widerrufsrecht im Vertrag vorgesehen, können die Parteien z.B. innerhalb von 14 Tagen ohne Grund den Vertrag widerrufen.
  • Bei einem Fertighausvertrag kann der Bauvertrag zum Unternehmer durch Kündigung rückgängig gemacht werden.
  • Nach einem Rücktritt kann die geschädigte Partei häufig umfangreichen Schadensersatz verlangen.