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Verkehrsunfall unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen

Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss hat bereits beträchtliche Auswirkungen und kann Sie für lange Zeit Ihren Führerschein kosten. Kommt es während der Fahrt im Rausch sogar zu einem Verkehrsunfall, ist jedoch nicht nur der Führerschein, sondern auch die eigene Freiheit in Gefahr: Es drohen Geld- und im schlimmsten Fall Gefängnisstrafen.

1. Von Schadensersatz bis Gefängnis – diese Strafen drohen

Solange man nicht in eine Verkehrskontrolle gerät, bleibt das Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss oftmals unbemerkt. Bei einem Verkehrsunfall kommt es aber regelmäßig zu Sach- oder Personenschäden, sodass die Fahrtüchtigkeit der Beteiligten fast immer untersucht wird.

Ein Verkehrsunfall unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen führt fast unvermeidlich zu juristischen Problemen:

  • Es drohen zivilrechtliche Konsequenzen, wenn Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden.
  • Das Verhalten ist strafrechtlich relevant und kann zu einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe führen.
  • Verkehrsrechtlich droht der Entzug der Fahrerlaubnis.
  • Zusätzlich sind versicherungsrechtliche Konsequenzen zu befürchten, wenn Leistungen gekürzt oder gänzlich ausgeschlossen werden.

2. Muss ich einem Schnelltest vor Ort zustimmen?

Die Polizei nutzt in aller Regel Drogen- und Alkoholtests, um die Fahruntüchtigkeit zu bestimmen.

Jeder Verkehrsteilnehmer darf einen Drogen- und Alkohol-Schnelltest ablehnen. Dies führt jedoch üblicherweise dazu, dass ein Bluttest veranlasst wird. Während der Fahrt zum Krankenhaus sowie der Blutentnahme sinkt der Alkoholgehalt im Blut um 0,1 bis 0,2 Promille pro Stunde. Im Zweifel wird dies zugunsten der eigenen Fahrtüchtigkeit gewertet.

Es kann also durchaus sinnvoll sein, den Schnelltest vor Ort zu verweigern.

Weil nur der Bluttest vor Gericht verwertbar ist, erfolgt bei einem positiven Schnelltest im Anschluss auf jeden Fall ein Bluttest. Dieser erfordert zwar grundsätzlich einen richterlichen Beschluss. Bei einem begründeten Verdacht kann die Polizei aber auch den zuständigen Staatsanwalt kontaktieren, um die Blutentnahme zu erzwingen.

Tipp: Bei der Durchführung von Alkohol- oder Drogentests werden oftmals Fehler gemacht, durch die das Ergebnis des Tests angreifbar wird.

3. Beurteilung der Verkehrstüchtigkeit bei Alkohol- oder Drogenkonsum

Bei einem Verkehrsunfall liegt die Vermutung nahe, dass der Konsum von Alkohol oder Drogen Ausfallerscheinungen hervorgerufen hat und der Unfall darauf zurückzuführen ist. Diese Vermutung ist aber nicht immer richtig, auch wenn es vor Gericht schwer sein kann, dies zu beweisen.

Grundsätzlich gelten folgende Richtwerte zur Beurteilung der Verkehrstüchtigkeit durch Alkoholeinfluss:

  • unter 0,3 Promille: keine Beeinträchtigung
  • 0,3 bis 1,09 Promille: relative Fahruntüchtigkeit
  • ab 1,1 Promille: absolute Fahruntüchtigkeit

Unter Drogeneinfluss gilt die relative Fahruntüchtigkeit, wobei stets Ausfallerscheinungen gegeben sein müssen, um die Fahrtauglichkeit in Zweifel zu ziehen. Bei einem Verkehrsunfall ergeben sich diese durch den Unfallhergang. Weiche Drogen, wie Cannabis, beeinflussen die Fähigkeit zum Autofahren tendenziell weniger als harte Drogen, wie z.B. Kokain oder Heroin.

Kommt es bei einer Kombination aus Alkohol- und Drogeneinfluss zu einem Verkehrsunfall, senkt dies die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit nicht automatisch herab, wie das Landgericht Gießen bereits 2013 urteilte (Az. 7 Qs 141/13).

Achtung: In der Probezeit gilt eine Null-Promille-Grenze. Selbst bei einem unverschuldeten Unfall mit 0,1 Promille Alkohol im Blut führt der Verstoß zu einer Verlängerung der Probezeit und hat ein Bußgeld zur Folge.

Fahruntüchtigkeit wegen Konsum von Alkohol oder Drogen

4. Strafrechtliche Konsequenzen eines Verkehrsunfalls unter Alkohol- und Drogeneinfluss

Je nachdem, welche Auswirkungen ein Verkehrsunfall hat, drohen ernste strafrechtliche Folgen. Diese sind in § 315c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) geregelt. Zusätzlich können Unfallverursacher nach § 229 StGB wegen fahrlässiger Körperverletzung oder nach § 222 wegen fahrlässiger Tötung angeklagt werden.

Bei einer Gefährdung fremder Sachen und Personen, die bei einem Unfall immer gegeben ist, müssen Unfallverursacher mit Geldstrafen oder einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren rechnen.

Entscheidend für den Strafrahmen sind folgende Kriterien:

  • Grad der Fahruntüchtigkeit
  • Verhalten, das zum Unfall geführt hat
  • Folgen des Verkehrsunfalls

Eine gute Verteidigung hilft dabei, das Strafmaß so gering wie möglich zu halten.

In jedem Fall drohen ein Bußgeld sowie der Führerscheinentzug. Zur Wiedererlangung lässt sich eine MPU nur schwer umgehen.

Etwas deutlicher werden die möglichen Auswirkungen anhand der folgenden Bewertungskriterien, die zu einer härteren Bestrafung führen:

  • Absolute Fahruntüchtigkeit (1,1 Promille oder mehr) oder relative Fahruntüchtigkeit mit massiven Ausfallerscheinungen
  • hoher entstandener Sachschaden
  • Beteiligung anderer Verkehrsteilnehmer
  • Verletzung von anderen Personen (im schlimmsten Fall der Tod einer anderen Person)
  • besonders verkehrsgefährdendes Verhalten (beispielsweise zusätzlich hohe Geschwindigkeit)
  • Länge der Wegstrecke und Verkehrsaufkommen zur Zeit des Unfalls

Letztlich handelt es sich stets um eine Einzelfallentscheidung. Kommen mehrere Faktoren der obigen Liste zusammen, ist die Wahrscheinlichkeit für eine hohe Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe deutlich höher.

Bei einem Unfall ohne Fremdschaden, der auch als Alleinunfall bezeichnet wird, fällt das Strafmaß entsprechend gering aus. Ohne Vorstrafen ist eine kleine Geldstrafe von 30 Tagessätzen recht wahrscheinlich.

Die Folgen eines Verkehrsunfalls mit Personenschaden sind demgegenüber sehr viel gravierender, was sich auch im Strafmaß widerspiegelt.

So verurteile beispielsweise das OLG Hamm (AZ. 3 RVs 55/14) 2014 einen Betrunkenen, der durch seine aggressive Fahrweise einen Unfall mit Todesfolge verursacht hatte, zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 9 Monaten. Die Strafe wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt.

5. Dauer des Führerscheinentzugs nach Trunkenheits- oder Drogenfahrt mit Unfall

Während ein Fahrverbot lediglich einen kurzzeitigen Entzug der Fahrerlaubnis von 1 bis 3 Monaten nach sich zieht, gilt der Führerscheinentzug für 6 Monate bis 5 Jahre. Die generelle Fahrerlaubnis wird nicht nur ausgesetzt, sondern erlischt vollständig.

Jeder Unfallverursacher muss einen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis stellen, die an strenge Bedingungen (beispielsweise eine medizinisch psychologische Untersuchung) geknüpft ist. Im jeweiligen Verfahren wird eine Sperrfrist zur Neuerteilung mitgeteilt, vor deren Ablauf die Fahrerlaubnis nicht neu ausgestellt werden darf.

6. Zahlt die Versicherung bei einem Verkehrsunfall unter Alkohol- oder Drogeneinfluss?

KFZ-Versicherungen schützen sich meist durch die sog. Trunkenheitsklausel in ihren Verträgen. Dadurch ist es nicht gestattet, das versicherte Fahrzeug unter Alkohol- und Drogeneinfluss zu führen. Versicherer schließen damit aus, für Kosten aufkommen zu müssen.

Je nach Promillewert können Versicherer jegliche Kostenübernahme ablehnen. Teils erfolgt eine anteilige Ablehnung des entstandenen Schadens:

Die KFZ-Haftpflichtversicherung übernimmt typischerweise die gesamten Kosten des Unfallgeschädigten. Der Versicherer kann sich jedoch bis zu 5.000 Euro des Betrags im Zuge des Regresses von dem Versicherungsnehmer zurückholen.

Vollkasko-Versicherer greifen auf den Grad der Fahrlässigkeit zurück:

  • 0,3 bis 1,09 Promille: Kommt es zu einem Unfall, werden die individuellen Ausfallerscheinungen berücksichtigt. Der Unfallhergang dient als Anhaltspunkt zur Bewertung des Verschuldens. Häufig erfolgt eine Teilzahlung seitens des Versicherers.
  • Mindestens 1,1 Promille oder Drogen am Steuer: Das Verhalten wird als grob fahrlässig oder vorsätzlich bewertet. In diesem Fall kann kaum jemand darauf hoffen, seinen eigenen Schaden ersetzt zu bekommen.

7. Alkohol und Drogen am Steuer – ist man immer Unfallverursacher?

Nicht bei jedem Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluss oder Drogeneinfluss ist derjenige schuld, der Drogen oder Alkohol im Blut hat.

Die berauschenden Mittel stellen allerdings ein starkes Indiz für die Unfallverursachung dar. Bei einem klaren Rechts-vor-Links-Verstoß kann die Beurteilung jedoch auch anders ausfallen.

Eine Teilschuld wird oft angenommen, da sich Unfälle bei voller Kontrolle leicht vermeiden lassen. Im konkreten Fall muss die Schuld dennoch nachgewiesen werden und eröffnet Möglichkeiten einer guten Verteidigungsstrategie.

8. Welche Regeln gelten mit dem Fahrrad?

 

Auf dem Fahrrad ist es grundsätzlich erlaubt, trotz Alkoholgenuss zu fahren. Die Grenze für die absolute Fahruntüchtigkeit liegt bei 1,6 Promille. Bereits ab 0,3 Promille gelten Personen als relativ fahruntüchtig, wenn Begleiterscheinungen bemerkbar sind. Dies gilt beispielsweise, wenn ein Unfall verursacht wird. Gleiches gilt für E-Bikes (bis 25 km/h). Schnellere S-Pedelecs (bis 45 km/h) unterliegen den strengeren Regeln für PKWs. Diese Regeln gelten auch für jeden, der betrunken mit dem E-Scooter unterwegs ist.

Unter Drogeneinfluss darf jedoch niemand Fahrrad, E-Bike oder S-Pedelec fahren.

Achtung: Auch der Unfall mit dem Fahrrad kann zum Entzug der Fahrerlaubnis für den PKW führen. Zudem kann die private Haftpflichtversicherung die Zahlung verweigern, wenn grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz festgestellt wird.

9. Fazit

 

  • Polizeibeamte dürfen auch nach einem Verkehrsunfall keinen Schnelltest auf Alkohol oder Drogen erzwingen. Eine Blutentnahme kann allerdings angeordnet werden.
  • Bei einem Verkehrsunfall unter Drogen- oder Alkoholeinfluss drohen der Führerscheinentzug sowie auch strafrechtliche Konsequenzen. Diese reichen von einer Geldstrafe bis hin zu einer 5-jährigen Freiheitsstrafe.
  • Um den entzogenen Führerschein wiederzuerlangen, ist eine positive MPU erforderlich.
  • Versicherungen kürzen Leistungen, wenn die Handlung grob fahrlässig war. Schäden an fremden Sachen und Personenschäden sind meist abgedeckt. Die Versicherer können jedoch bis zu 5.000 Euro zurückfordern und der Vollkasko-Schutz kann komplett erlöschen.