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Welche Strafen drohen bei Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz?

Hier erfahren Sie, welche Strafe bei Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz im Zusammenhang mit Fat-Burnern, Supplements, Potenzmitteln und anderen Substanzen droht.

1. Was regelt das Arzneimittelgesetz?

Arzneimittel sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Gegen jedes Wehwehchen gibt es ein Mittel.

Von einem unachtsamen Umgang mit Arzneimitteln geht aber auch eine große Gefahr aus. Dies gilt insbesondere für deren Herstellung und Vertrieb.

Das Arzneimittelgesetz (AMG) soll daher für eine geordnete Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sorgen. Hierbei sollen Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Produkte sichergestellt (§ 1 AMG) und so die Gesundheit der Verbraucher geschützt werden.

Zu diesem Zweck regelt das AMG Anforderungen, Herstellung und Zulassung von Arzneimitteln. Daneben legt es einige Straf- und Bußgeldvorschriften fest.

2. Unterscheidung zwischen Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel

Nicht jeder Stoff, der umgangssprachlich als „Arznei“ bezeichnet wird, ist auch wirklich ein „Arzneimittel“. Es ist daher wichtig zu wissen, ob ein Stoff ein „Arzneimittel“ ist oder nicht. Denn nur, wenn ein Präparat als Arzneimittel gilt, fällt es auch unter das AMG.

Das AMG bestimmt in § 2 AMG selbst, welche Stoffe als Arzneimittel gelten.

Ein Präparat ist nur unter folgenden Voraussetzungen ein Arzneimittel:

  • Der Stoff ist gerade dazu bestimmt, im oder am menschlichen Körper angewandt zu werden und Krankheiten oder Beschwerden vorzubeugen oder zu bekämpfen.
  • ODER der Stoff kann benutzt werden, um physiologische Funktionen des Körpers durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung zu beeinflussen.

Es spielt daher keine Rolle, ob ein Präparat dazu bestimmt ist, als Arznei heilend zu wirken oder dies nur faktisch der Fall ist. Auch spielt es keine Rolle, ob der Hersteller oder Verkäufer des Präparats dieses als Nahrungsergänzungs- oder Arzneimittel sieht. Erfüllt es die Anforderungen des § 2 Abs. 1 AMG, so ist es auch ein Arzneimittel.

Der Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 AMG ist damit jedoch sehr weit. Könnten daher auch folgende Beispiele unter das AMG fallen?

Beispiel 1: Auch eine Feuchtigkeitscreme soll am menschlichen Körper angewandt werden und körperliche Beschwerden vorbeugen.

Beispiel 2: Ein Apfel soll konsumiert werden und die Gesundheit positiv beeinflussen.

Nein, dies würde zu weit greifen. Daher gelten folgende Dinge in den meisten Fällen nicht als Arzneimittel (§ 2 Abs. 3 AMG):

  • Lebensmittel
  • Kosmetika
  • Tabakerzeugnisse

Die Nahrungsergänzungsmittel zählen hierbei zu den Lebensmitteln (§ 1 NemV).

Wozu aber zählt das Präparat, das Sie verkaufen? Nahrungsergänzungsmittel? Arzneimittel?

Eine endgültige Aussage lässt sich hier nicht treffen, stattdessen muss immer das konkrete Präparat betrachtet werden. Als Leitlinie gilt: Es handelt sich unter folgenden Voraussetzungen um ein einfaches Nahrungsergänzungs- (§ 1 Abs. 1 NemV) und nicht um ein Arzneimittel.

  • Das Präparat liegt in dosierter Form vor (Tablette, Kapsel etc.).
  • Es handelt sich um ein Konzentrat von Nährstoffen, gemeint sind Vitamine und Mineralstoffe.
  • Das Präparat ergänzt die normale Ernährung. Es darf daher kein über die normale Nahrungsaufnahme hinausgehender nennenswerter Effekt eintreten.

Hierbei kommt es auf die objektive Zweckbestimmung des Präparats an, wie sie sich für den durchschnittlichen Verbraucher darstellt. Hersteller und Verkäufer sollten daher darauf achten, wie Sie ihr Präparat bewerben und dem Verbraucher präsentieren.

Hierzu folgender Beispielfall (Az. I ZR 61/05), der vor dem BGH verhandelt wurde:

A warb für ein Präparat, das 1000mg L-Carnitin (Aminosäure) enthielt und von A in Fertiggetränken, Beuteln und Trinkampullen vertrieben wurde. Durch die Aminosäuren sollte der Stoffwechsel angeregt und die Ausdauer gefördert werden. A wurde daraufhin von einem Verband verklagt. Dieser argumentierte, bei dem Produkt handele es sich um ein Arzneimittel, für welches der A keine Zulassung habe. A hingegen sah das Präparat als Lebensmittel an. Zu Recht?

Der BGH entschied, dass die Klage unbegründet sei. Das Präparat könne zwar körperliche Effekte erzielen, diese gingen aber nicht erheblich über die Wirkung einer gewöhnlichen Ernährung hinaus. Eine wesentliche Beeinflussung des Körpers finde nicht statt. Zwar nehme der Verbraucher das Mittel zur Leistungssteigerung beim Sport ein, jedoch sei dies zunehmend auch Zweck einer gesunden Ernährung. Für den Verbraucher bestehe somit keine Gefahr. Das Präparat gelte daher nicht als Arzneimittel.

Achtung: Die Abgrenzung von Arzneimittel und normalem Nahrungsergänzungsmittel ist schwer und oft mit Unsicherheiten behaftet. Selbst vor Gericht müssen oftmals umfassende Gutachten eingeholt werden. Kann nicht mit endgültiger Sicherheit geklärt werden, ob ein Präparat Nahrungsergänzungsmittel oder Arzneimittel ist, so gilt es im Zweifelsfall als Arzneimittel (§ 2 Abs. 3a AMG). Der Verbraucher soll lieber zu viel als zu wenig geschützt werden.

3. Welcher Verstoß gegen das AMG ist strafbar?

Wenn ein Präparat im Einzelfall als Arzneimittel gilt, stellt sich dem Verkäufer natürlich die Frage, wann er sich strafbar macht. Hier zeigt sich erst die Relevanz der Abgrenzung zwischen Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel; Sobald ein Präparat als Arzneimittel eingestuft wird, gehen damit eine Vielzahl an Pflichten und Auflagen einher, deren Verletzung den Verkäufer schwer treffen kann.

Die §§ 95, 96, 97 AMG enthalten eine Vielzahl von Straf- und Bußvorschriften. So ist insbesondere verboten:

  • Möglicherweise schädliche Arzneimittel in den Verkehr bringen. Inverkehrbringen meint bereits das vorrätig Halten zum Verkauf oder sonstiger Abgabe oder das Anbieten an andere (§ 4 Abs. 17 AMG).
  • Unerlaubte Herstellung von Arzneimitteln. Darunter fällt insbesondere die Herstellung von minderwertigen Arzneimitteln entgegen den anerkannten pharmazeutischen Regeln.
  • Die Zulassung eines Arzneimittels bei der zuständigen Behörde nicht oder nicht ordnungsgemäß beantragen.
  • Ohne Erlaubnis einen Großhandel mit Arzneimitteln betreiben. Gewöhnliche Apotheken werden meist nicht als Großhandel verstanden. Werden allerdings hauptsächlich Ärzte oder Krankenhäuser im großen Stil gewerbsmäßig beliefert, ist von einem Großhandel auszugehen.
  • Arzneimittel ohne die vorgeschriebene Kennzeichnung in den Verkehr bringen. Die Kennzeichnungspflichten sind zahlreich und können § 10 AMG entnommen werden.

Daneben treffen den Hersteller oder Verkäufer eine Vielzahl an weiteren Pflichten, deren Verletzung empfindliche Bußgelder nach sich ziehen kann. Unwissenheit schützt hier vor Strafe nicht.

Die Straftat kann auch fahrlässig begangen werden. Der Verkäufer muss also nicht vorsätzlich handeln.

Die Strafvorschriften des AMG richten sich also vornehmlich an den Hersteller und Verkäufer von Arzneimitteln.

Der Endverbraucher wird hingegen für Erwerb und Besitz von Arzneimitteln grundsätzlich nicht bestraft. Eine Strafbarkeit kann sich im Einzelfall jedoch aus dem Betäubungsmittelgesetz oder dem Anti-Doping-Gesetz ergeben.

Achtung: Die hier aufgezählten verbotenen Handlungen sind nur ein kleiner Ausschnitt der §§ 95-97 AMG. Aufgrund der komplexen rechtlichen Materie und der Vielzahl an strafbaren Handlungen sollte zur Beurteilung im Einzelfall ein Anwalt für Strafrecht aufgesucht werden.

4. Welche Strafen drohen bei Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz?

Die Strafe oder das Bußgeld variieren stark, je nachdem welche Vorschrift genau verletzt wurde. Das konkrete Strafmaß wird vom Richter im Einzelfall festgesetzt. Er betrachtet hierzu alle Umstände des konkreten Falls, insbesondere die Gefahr, die vom Arzneimittel für die Gesundheit der Verbraucher ausging.

  • Wer gegen § 95 AMG verstößt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wird die Gesundheit von Menschen gefährdet oder grob eigennützig zur Erzielung von Gewinn gehandelt, so kann die Strafe sogar Freiheitsstrafe von mindestens einem bis zu zehn Jahren betragen.
  • Handelt der Täter lediglich fahrlässig, beträgt die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
  • Weniger schwere Verstoße (s. § 96 AMG) werden hingegen nur mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.
  • Ein Verstoß gegen § 97 AMG wird nur mit Bußgeld bestraft.

In allen Fällen gilt jedoch: Ein Verstoß gegen das AMG ist kein Kavaliersdelikt, gefährdet die Gesundheit der Verbraucher und wird daher von der zuständigen Behörde zumeist mit Nachdruck verfolgt. Die Vertretung durch einen erfahrenen Strafverteidiger ist daher empfehlenswert.

5. Fazit

  • Unter das AMG fallen nur Arzneimittel und keine Nahrungs(ergänzungs)mittel.
  • Ob ein Präparat Nahrungsergänzungsmittel oder Arzneimittel ist, muss im Einzelfall ermittelt werden.
  • Als Arzneimittel gelten Stoffe, die dazu bestimmt sind, am oder im Körper angewandt zu werden und medizinische Wirkung entfalten sollen oder die dazu zwar nicht bestimmt sind, aber physiologische Funktionen des Körpers durch pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung beeinflussen.
  • Hingegen handelt es sich dann nur um ein Nahrungsergänzungsmittel, wenn das Präparat ein Konzentrat von Nährstoffen ist und die normale Ernährung lediglich ergänzt.
  • Eine Verletzung des AMG ist in den §§ 95-97 AMG oftmals strafbewehrt und kann mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft werden. Auch kann ein Bußgeld verhängt werden.