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Anhörung im Bußgeldverfahren: Das sind Ihre Optionen

Mit einem Bußgeldverfahren wurde fast jeder Autofahrer schon einmal konfrontiert: Wer eine rote Ampel überfahren hat, geblitzt wurde oder im absoluten Halteverbot geparkt hat, erhält in der Regel wenige Wochen nach dem Verstoß einen Anhörungsbogen per Post. In diesem Beitrag erläutern wir, wie Sie darauf reagieren können.

1. Wann droht eine Anhörung im Bußgeldverfahren?

Vor der Verhängung eines Bußgelds erhält der Betroffene in der Regel zunächst einen Anhörungsbogen, in dem der konkrete Tatvorwurf beschrieben wird. Ein Anhörungsbogen wird also in den meisten Fällen verschickt, wenn Ihnen ein Verkehrsverstoß vorgeworfen und deshalb ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird.

Beispiele:

Wann der Anhörungsbogen verschickt wird, ist von Behörde zu Behörde unterschiedlich. Meist dauert es nur wenige Wochen, bis Ihnen ein Anhörungsbogen zugeschickt wird.

Die meisten Ordnungswidrigkeiten nach dem Straßenverkehrsgesetz verjähren nach drei Monaten (§ 26 Abs. 3 StVG), wenn bis dahin kein Bußgeldbescheid verhängt wurde. Ist nach drei Monaten also noch kein Anhörungsbogen eingetroffen, wurde voraussichtlich kein Bußgeldverfahren eingeleitet.
Achtung: Bei kleinen Verstößen erhalten Verkehrssünder gelegentlich auch umgehend ein sogenanntes Verwarngeld. Die Behörde bietet damit an, das Verfahren gegen Zahlung einer geringen Geldbuße einzustellen. Wird das Verwarngeld fristgerecht bezahlt, können Betroffene zusätzliche Gebühren eines Bußgeldverfahrens vermeiden. Zahlen Sie hingegen nicht, wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet und ein Anhörungsbogen zugeschickt.

2. Muss man den Anhörungsbogen zurücksenden?

Der Anhörungsbogen gibt Ihnen die Möglichkeit, sich zu dem Vorwurf zu äußern. Dazu sind Sie jedoch nicht verpflichtet. Verkehrssünder müssen sich nicht selbst belasten. Sie müssen sich also zu den Tatvorwürfen nicht äußern.

In vielen Fällen darf der Anhörungsbogen daher ignoriert werden. Das gilt aber nicht ausnahmslos: Werden im Anhörungsbogen Angaben zu Ihrer Person erfragt, müssen Sie diese wahrheitsgemäß mitteilen. Zu diesen Pflichtangaben zählen

  • Name,
  • Adresse,
  • Staatsangehörigkeit und
  • Geburtsdatum und -ort.

Wird nach diesen Daten gefragt, darf der Anhörungsbogen also nicht ignoriert werden. Da der Behörde in den meisten Fällen aber diese Daten bereits vorliegen, kommt das nur selten vor.

Der Anhörungsbogen muss nur beantwortet werden, wenn Angaben zu Ihrer Person erfragt werden.

Wenn Sie auf den Anhörungsbogen antworten, sollten Sie dies innerhalb der angegebenen Frist tun. Diese beträgt häufig nur ein bis zwei Wochen. Lassen Sie die Frist verstreichen, wird die Bußgeldbehörde wahrscheinlich umgehend einen Bußgeldbescheid anfertigen. Im Übrigen handelt es sich jedoch nicht um eine gesetzliche Frist. Reagieren Sie nicht, drohen Ihnen abgesehen von einem Bußgeldbescheid also keine weiteren nachteiligen Konsequenzen.

3. Was sollte man im Anhörungsbogen schreiben?

Wer einen Anhörungsbogen erhält, hat grundsätzlich drei Optionen:

  1. Verstoß zugeben
  2. Anhörungsbogen ignorieren
  3. Verstoß abstreiten

Ob eine Einlassung zum Tatvorwurf sinnvoll ist, hängt stark von dem konkreten Tatvorwurf und dem tatsächlichen Geschehensablauf ab.

Verstoß zugeben

Die Behörde darf Ihre Einlassung in beide Richtungen verwerten. Freiwillige Angaben im Anhörungsbogen können daher den Tatvorwurf sogar noch verschlimmern.

Beispiel: A hat eine rote Ampel überfahren und wurde dabei von einem Rotlichtblitzer geblitzt. Im Anhörungsbogen gibt er an, dass er die Ampel nur überfahren habe, weil er als Mitglied der freiwilligen Feuerwehr wegen eines Einsatzes zur Wache gerufen wurde.

In diesem Fall macht A den Tatvorwurf unter Umständen schlimmer. Auf dem Weg zur Wache gelten für A noch keine Sonderrechte, er muss daher auch an roten Ampeln halten. Mit seiner Einlassung räumt er jedoch ein, die Ampel absichtlich – also mit Vorsatz – überfahren zu haben. Er muss daher trotz seiner guten Absicht mit einem höheren Bußgeld rechnen.

Sinnvoll sind also nur solche Angaben, die Sie auch entlasten können. Auf keinen Fall ist es erforderlich, einen Verstoß zuzugeben.

Anhörungsbogen ignorieren

Ist der Vorwurf zutreffend und sieht die Beweislage ungünstig aus, ist es in vielen Fällen sinnvoll, den Anhörungsbogen zu ignorieren.

Lassen Sie sich nicht zum Vorwurf ein, wird die Bußgeldbehörde zwar ein Bußgeld verhängen, ein „Geständnis“ trägt allerdings nicht zwingend dazu bei, dieses Bußgeld zu reduzieren. Im Gegenteil: Antworten Sie auf den Anhörungsbogen, erhebt die Behörde meist weitere Bearbeitungsgebühren. Schweigen ist daher häufig das bessere Mittel. So vermeiden Sie das Risiko, den Vorwurf durch eine Einlassung zu verschlimmern und die Kosten zu steigern.

In einigen Fällen können Verkehrsverstöße auch dann noch erfolgreich zurückgewiesen werden, wenn sie zutreffend sind. Das gilt vor allem bei Geschwindigkeitsverstößen, denn hier sind die Anforderungen an die Geschwindigkeitsmessung hoch und damit fehleranfällig.

Ob der Anhörungsbogen ignoriert und das Bußgeld damit akzeptiert werden sollte, ist also stets eine Frage des konkreten Tatvorwurfs und der Umstände im Einzelfall. Grundsätzlich gilt: Je schwerer der Vorwurf und je höher das angedrohte Bußgeld, desto eher sollten Sie sich gegen das Bußgeldverfahren verteidigen.

Verkehrsverstoß abstreiten

Wird Ihnen die Tat zu Unrecht vorgeworfen, ist es sinnvoll, schon auf den Anhörungsbogen zu reagieren. Um allerdings die Erfolgschancen zu erhöhen, sollten Sie sich vorher mit einem Anwalt für Verkehrsrecht abstimmen.

Hinweis: Als Fahrzeughalter erhalten Sie einen Anhörungsbogen auch dann, wenn Sie selbst nicht gefahren sind (z.B., weil das Fahrzeug vom Ehepartner oder den Kindern gefahren wurde). In diesem Fall sollte der Fahrzeughalter auf den Anhörungsbogen reagieren und mitteilen, dass er nicht gefahren ist. Ist stattdessen ein enges Familienmitglied gefahren, muss das nicht offengelegt werden. Sie haben in dem Fall ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Das Zeugnisverweigerungsrecht ist jedoch keine Garantie für eine Einstellung des Bußgeldverfahrens. Insbesondere bei schweren Geschwindigkeitsverstößen stellt die Behörde unter Umständen weitere Ermittlungen an (z.B. Gegenüberstellung von Familienmitgliedern mit Hilfe des Blitzerfotos).

Außerdem müssen Sie bei Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts stets damit rechnen, dass die Behörde Sie zur Führung eines Fahrtenbuches verpflichtet.

4. Was droht bei falschen Angaben im Anhörungsbogen?

Machen Sie Angaben im Anhörungsbogen, müssen diese der Wahrheit entsprechen. Andernfalls drohen erhebliche Konsequenzen bis hin zu einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren.

Beispiel: A wurde geblitzt. Auf dem Blitzerfoto trägt A eine Kappe und eine Sonnenbrille. Er glaubt daher, dass ihn die Bußgeldbehörde nicht zweifelsfrei identifizieren kann und behauptet deshalb, sein Nachbar B sei gefahren.

A riskiert mit diesem Verhalten ein weiteres Bußgeld, denn die unrichtige Angabe von persönlichen Angaben gegenüber einer Behörde stellt ebenfalls eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 111 OWiG).

Wer im Anhörungsbogen falsche Angaben zu seiner Person macht, riskiert ein Bußgeld von bis zu 1.000 Euro (§ 111 OWiG).

Im schlimmsten Fall riskieren Sie sogar ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen falscher Verdächtigung (§ 164 Abs. 2 StGB). Eine Straftat liegt zwar nur dann vor, wenn Sie auch beabsichtigt haben, dass gegen die zu Unrecht benannte Person ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet wird. Dass dies nicht der Fall war, müssen Sie jedoch gegebenenfalls erst einmal in einem Strafverfahren beweisen.

Auch wenn eine Lüge im Anhörungsbogen in vielen Fällen nicht strafbar ist, können hierdurch besondere Nachteile entstehen. Das gilt insbesondere dann, wenn der Fahrzeughalter angibt, den wahren Fahrzeugführer nicht zu kennen. Häufig wird dem Fahrzeughalter dann das Führen eines Fahrtenbuches auferlegt.

5. Wie lässt sich ein Bußgeld abwenden?

Wollen Sie sich von vornherein gegen ein drohendes Bußgeld verteidigen, sollten Sie bereits auf den Anhörungsbogen reagieren. Tun Sie das nicht, wird die Behörde ein Bußgeld verhängen. Gegen dieses können Betroffene dann innerhalb von zwei Wochen schriftlich Einspruch einlegen. Das ist jedoch in der Regel mit weiteren Gebühren verbunden.

Wie schnell der Bußgeldbescheid nach einem Anhörungsbogen ergeht, hängt stark von der Auslastung der Behörde ab. Häufig ist der Bußgeldbescheid jedoch schon vorbereitet und wird daher zügig versendet.

6. Fazit

  • Vor der Verhängung eines Bußgeldbescheids erhalten Betroffene häufig zunächst einen Anhörungsbogen.
  • Bei kleinen Verstößen wird anstelle eines Bußgeldverfahrens ein Verwarngeld gegen Einstellung angeboten. Ein Anhörungsbogen wird dann nur verschickt, wenn das Verwarngeld nicht innerhalb der angegebenen Frist gezahlt wurde.
  • Verkehrssünder müssen sich nicht zum Tatvorwurf äußern und sich also insbesondere nicht selbst belasten.
  • Angaben zur Person sind hingegen verpflichtend. Dazu zählen Name, Geburtstag- und Ort, Familienstand, Beruf, Wohnort und die Staatsangehörigkeit.
  • Falsche Angaben oder das Verweigern von Angaben zur Person können zu einem Bußgeld von bis zu 1.000 Euro führen.
  • Wer den Tatvorwurf auf eine andere Person lenkt, macht sich unter Umständen strafbar.
  • Angaben zur Tat sind nur sinnvoll, wenn diese den Vorwurf auch tatsächlich entkräften können. Ein „Geständnis“ ist meist nicht hilfreich.