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Betrunken E Scooter fahren? Diese Strafe droht bei Alkohol

Seit Sommer 2019 prägen E Scooter das Stadtbild in Deutschland. Doch was passiert, wenn man in alkoholisiertem Zustand fährt oder gar in einen Unfall verwickelt ist?

1. Welche Promillegrenzen gelten?

Achtung: Es gelten die Promillegrenzen für die Fahrt mit einem Kraftfahrzeug, nicht die großzügigeren Promillegrenzen wie bei Fahrrädern.

Das bedeutet im Detail:

Blutalkoholkonzentration (BAK) Besondere Umstände Darf gefahren werden?
> 0 Promille In der Probezeit / Fahrer unter 21 Jahren Nein! In der Probezeit gilt eine Null-Promille-Grenze.

Ausnahme: Für E Scooter-Fahrer ab 21 Jahren, die noch keinen Führerschein haben, gilt diese Grenze nicht, da sie sich nicht in der Probezeit befinden können.

< 0,3 Promille Keine Einschränkungen Ja! Liegt der Promillewert unter 0,3 und liegt keine der oben genannten Ausnahmen vor, drohen keine Konsequenzen.
0,3 – 1,09 Promille „Relative Fahruntauglichkeit“ Ja, wenn keine Ausfallerscheinungen vorliegen.

Nein, wenn Ausfallerscheinungen hinzutreten (z.B. Schlangenlinien fahren, erhöhte Risikobereitschaft beim Fahren).

Aber: Ab 0,5 Promille liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit einem Bußgeld von bis zu 1.500 Euro bestraft wird.

Ab 1,1 Promille „Absolute Fahruntauglichkeit“ Es darf unter keinen Umständen mehr gefahren werden. Wer mit 1,1 Promille oder mehr auf einem E Scooter erwischt wird, macht sich strafbar (§ 316 StGB).
Achtung: Auch durch den Konsum von anderen Drogen – wie z.B. Cannabis – oder durch die Einnahme von Medikamenten, kann sich eine Fahruntüchtigkeit ergeben. Hierbei gibt es allerdings keine so klaren Grenzen wie beim Alkohol.

2. Was ist die Strafe, wenn ich betrunken gefahren bin?

Wer alkoholisiert auf einem E Scooter erwischt wird, muss grundsätzlich mit den gleichen Strafen wie ein Autofahrer rechnen:

Bußgeld

Wenn Sie betrunken E Scooter fahren, erwartet Sie meist mindestens ein Bußgeld. Dieses kann nach dem neuen Bußgeldkatalog 500 – 1.500 € betragen.

Der Verstoß gegen die Null-Promille-Grenze in der Probezeit kostet (zusätzlich) 250 €.

Punkte in Flensburg

Für das Fahren im betrunkenen Zustand gibt es allgemein (zusätzlich) zwei bis drei Punkte.

Für den Verstoß gegen die Null-Promille-Grenze in der Probezeit gibt es einen Punkt im Fahreignungsregister.

Fahrverbot und Entzug der Fahrerlaubnis

Daneben kann auch ein generelles Fahrverbot für ein bis drei Monate verhängt werden. In diesem Fall dürfen Sie nicht mehr mit einem Kraftfahrzeug am Straßenverkehr teilnehmen. Dies gilt im Zweifel sowohl für den E Scooter als auch für das Auto oder Motorrad.

Denkbar ist auch ein Entzug der Fahrerlaubnis, wobei hierzu die rechtliche Lage im Hinblick auf eine Trunkenheitsfahrt mit dem E Scooter unklar ist. Die Gerichte sind sich hierzu bisher nicht einig und eine verbindliche Entscheidung eines Bundesgerichts liegt noch nicht vor.

Nach einem kürzlich ergangenen Urteil des OLG Frankfurt am Main kann auch bei einer Trunkenheitsfahrt auf einem E Scooter die Fahrerlaubnis entzogen werden (OLG Frankfurt a.M., Urt. vom 08.05.2023, Az. 1 Ss 276/22).

Das OLG stützt sich in seiner Begründung auf die Gleichstellung von E Scootern mit anderen Kraftfahrzeugen durch die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKfV). Auf die (wohl anzunehmende) geringere Gefährlichkeit bei der Benutzung von E Scootern gegenüber einem KFZ kommt es nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht an, da auch E Scooter-Unfälle tödlich enden können.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main konnte in diesem Fall nicht mehr angegriffen werden, da erstinstanzlich ein Amtsgericht geurteilt hatte. Für E Scooter-Fahrer gilt spätestens jetzt: Ein Führerscheinentzug droht auch bei einer Trunkenheitsfahrt auf dem E Scooter.

Strafrechtliche Verfolgung

Achtung: Wer betrunken E Scooter fährt, begeht im äußersten Fall auch eine Straftat. Sie können wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) belangt werden, wenn Sie fahruntüchtig waren. Bei einer Verurteilung drohen eine Geldstrafe und im schlimmsten Fall sogar eine Haftstrafe.

Hinzu kommen unter Umständen weitere Straftatbestände, die im Zuge einer Trunkenheitsfahrt häufiger verwirklicht sind:

3. Wie kann ich mich verteidigen?

Schweigen Sie zu allen Vorwürfen, bis Sie mit einem Anwalt gesprochen haben! Dieser wird Akteneinsicht nehmen und dann mit Ihnen eine Strategie erarbeiten. Im schlimmsten Fall vertritt er Sie auch vor Gericht.

Ein wichtiger Hinweis: Bei einer Polizeikontrolle müssen Sie keine Angaben zu Ihrem Alkoholkonsum machen. Sie haben das Recht, zu schweigen. Niemals müssen Sie sich selbst belasten! Daher müssen Sie vor Ort auch keine Alkoholtests machen (z.B. ins Röhrchen pusten oder auf einer geraden Linie laufen).

Aber: Die Polizei kann inzwischen selbst in den meisten Fällen die Blutentnahme zur Feststellung der Alkoholkonzentration im Blut (sog. BAK) anordnen.

Die Feststellung dieser BAK ist für einen eventuell folgenden Strafprozess entscheidend, denn nur so kann eine Fahruntüchtigkeit beweiskräftig festgestellt werden. In einem solchen Fall ist Ihre Zustimmung nicht mehr erforderlich, da die Entnahme durch die Strafprozessordnung gerechtfertigt ist. Sie können sich folglich der Blutentnahme selbst nicht widersetzen.

Im Nachgang kann jedoch überprüft werden, ob tatsächlich Gefahr in Verzug bestand und die Anordnung durch die Polizei folglich zulässig war. War die Anordnung rechtswidrig, wird das Blutergebnis nicht als Beweismittel zugelassen.

Häufig lohnt es sich zu prüfen, ob ein Einspruch gegen den Bescheid sinnvoll ist. Denn oft unterlaufen den Behörden formale Fehler, die den Bescheid angreifbar machen.

4. Betrunkener Beifahrer auf dem E Scooter

Häufig sind E Scooter-Fahrer zu zweit auf einem Roller zu sehen. Das ist untersagt und wird mit einer Geldbuße von 10 € bestraft.

Achtung: Selbst, wenn Sie nur betrunkener Beifahrer eines nüchternen E Scooter-Fahrers sind, können alkoholbedingte Strafen drohen. So hat es das LG Oldenburg jedenfalls für den Fall entschieden, dass sich der Beifahrer am Lenker des E Scooters festgehalten hat (LG Oldenburg, Beschluss vom 07.11.2022 – Az. 4 Qs 368/22). Das Gericht sah darin bereits ein Lenken und damit eine Fahrzeugführung.

Auch hier ist die Rechtslage aber nicht abschließend geklärt. Es kann sich daher auch in diesem Fall lohnen, gegen das Bußgeld oder das Fahrverbot vorzugehen.

5. Fazit

  • Für E Scooter gelten die strengen Promille-Grenzen für Kraftfahrzeuge:
    • Ab 0,3 Promille droht bereits ein Strafverfahren, wenn alkoholbedingte Ausfallerscheinungen vorliegen (z.B. schwankendes Fahren).
    • Ab 0,5 Promille liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit einem Bußgeld geahndet wird.
    • Ab 1,1 Promille besteht absolute Fahruntüchtigkeit. Wer trotzdem einen E Scooter fährt, macht sich strafbar (§ 316 StGB).
  • Fahrverbote und Führerscheinentzug sind möglich und gelten auch für die Fahrt mit dem Auto oder Motorrad.
  • Die Polizei kann zur Überprüfung der Blutalkoholkonzentration einen Bluttest anordnen. Dieser muss geduldet werden.
  • Auch einem betrunkenen E Scooter Beifahrer können ein Fahrverbot oder Entzug der Fahrerlaubnis drohen.