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Körperverletzung: Welche Strafe droht bei einer Anzeige?

Sie werden beschuldigt, eine Körperverletzung begangen zu haben? In diesem Beitrag erfahren Sie, mit welcher Strafe Sie im Falle einer Verurteilung rechnen müssen und wie das Verfahren bis dahin abläuft.

1. Wie läuft das Verfahren ab?

Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft

Der Ablauf jedes Strafverfahrens beginnt zunächst mit einem Ermittlungsverfahren. Dieses wird schlicht dadurch eingeleitet, dass die Polizei oder Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Sie einleitet. Meist werden Sie auch gleich vorgeladen. Ab diesem Zeitpunkt sind Sie Beschuldigter.

Als Beschuldigter haben Sie gemäß § 136 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) das Recht zu schweigen. Sie sind nicht dazu verpflichtet, an Ihrer eigenen Verurteilung mitzuwirken.

Sie müssen also auch nicht bei der Polizei erscheinen. Das sollten Sie auch nicht, ohne vorher mit einem Strafverteidiger gesprochen zu haben.

Kann die Staatsanwaltschaft hinreichende Beweise gegen Sie aufbringen, erhebt sie Anklage vor dem zuständigen Amts- oder Landgericht. In München sind dies das Amtsgericht München oder das Landgericht München I oder das Landgericht München II. Andernfalls wird das Ermittlungsverfahren gegen Sie nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Der Staatsanwalt kann das Verfahren auch gegen Auflagen einstellen. Dem müssen Gericht und Beschuldigter zustimmen. Davon sollte der Beschuldigte z.B. absehen, wenn er vor Gericht sicher seine Unschuld beweisen kann. Auflagen können z.B. sein:

  • Zahlung eines Geldbetrags an eine gemeinnützige Organisation
  • Wiedergutmachung gegenüber dem Opfer (sog. Täter-Opfer-Ausgleich)
  • Sozialstunden

Im Falle eines sog. Antragsdeliktes ist außerdem zu beachten, dass die Staatsanwaltschaft nur dann Anklage erheben kann, wenn das Opfer Strafantrag gestellt hat oder wenn die Strafverfolgung im öffentlichen Interesse liegt. Letzteres ist eher selten der Fall. Bei der einfachen und der fahrlässigen Körperverletzung handelt es sich um Antragsdelikte. In diesen Fällen muss das Opfer also einen Strafantrag stellen. Dadurch beantragt es quasi die Bestrafung des Täters.

Zwischenverfahren

Erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage, entscheidet der Richter zunächst im Zwischenverfahren, ob das Hauptverfahren vor Gericht eröffnet wird. Dazu kommt es nur, wenn er eine Verurteilung für wahrscheinlicher hält als einen Freispruch.

Hauptverfahren vor Gericht

Das Hauptverfahren besteht in den meisten Fällen der Körperverletzung aus nur einer Hauptverhandlung bei Gericht. Dort werden alle Beweise vorgetragen und durch den Richter bewertet. Stützt sich die Anklage dabei mehrheitlich auf Zeugen als Beweismittel, so kann es sein, dass diese in der Hauptverhandlung als unglaubwürdig eingeschätzt werden und es zu einem Freispruch kommt.

Ab Erhebung der Anklage wird der Beschuldigte zum Angeklagten. Als solcher ist man ebenfalls nicht verpflichtet, an seiner eigenen Verurteilung mitzuwirken. Der Angeklagte muss allerdings zur Sitzung erscheinen. Aussagen muss er dort nicht.

Das Hauptverfahren endet mit einer rechtskräftigen Verurteilung oder einem Freispruch.

Strafe / Vollstreckungsverfahren

Endet das Hauptverfahren mit einer rechtskräftigen Verurteilung, so muss die durch das Urteil festgesetzte Strafe durchgesetzt werden. Diese Aufgabe übernimmt der Justizvollzug. Der Angeklagte ist nun Verurteilter.

2. Welche Strafen gibt es?

Das deutsche Strafrecht kennt im Wesentlichen zwei Bestrafungsmöglichkeiten:

  1. Die Geldstrafe und
  2. die Freiheitsstrafe, die auch auf Bewährung ausgesetzt werden kann. In diesem Fall ist der Verurteilte weiterhin frei, hat sich allerdings an einige Auflagen zu halten. Insbesondere muss er sich in regelmäßigen Zeitabständen bei einem Bewährungshelfer melden. Lautet das Urteil auf eine Freiheitsstrafe von über zwei Jahren, kommt die Aussetzung zur Bewährung nicht mehr in Betracht.

Zahlt der Täter eine Geldstrafe nicht, so kann diese in eine Freiheitsstrafe umgewandelt werden (sog. Ersatzfreiheitsstrafe).

Neben den genannten Strafen kann das Gericht auch ein Fahrverbot für die Dauer von bis zu sechs Monaten verhängen. Damit ist insbesondere bei Taten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr zu rechnen. Neuerdings ist die Verhängung eines Fahrverbots allerdings auch bei verkehrsfernen Taten möglich.

Die Höhe der Strafe richtet sich nach dem Ermessen des Richters. Dieser berücksichtigt bei seiner Entscheidung alle Umstände des Einzelfalls. Die Strafe darf natürlich nicht das gesetzlich vorgegebene Höchstmaß überschreiten.

Bei jugendlichen oder heranwachsenden (höchstens 20 Jahre alten) Tätern gilt zumeist das Jugendstrafrecht. Hier liegt der Fokus auf erzieherischen Maßnahmen. Wird bei einer Körperverletzung dennoch eine Strafe gegenüber jungen Tätern verhängt, fällt sie meist geringer aus als im sonst geltenden Strafrecht.

3. Wonach richtet sich die Höhe der Strafe?

Das Gesetz gibt für jede Tat lediglich einen sog. Strafrahmen vor. Innerhalb dessen kann der Richter eine konkrete Strafe festsetzen. Hierbei hat er jedoch alle Umstände des Einzelfalls entsprechend zu würdigen (vgl. § 46 StGB). Diese Umstände wirken sich entweder strafmildernd oder strafschärfend aus. Strafmildernde Umstände führen zu einer niedrigeren Strafe, strafschärfende zu einer höheren.

Strafmildernde Umstände können zum Beispiel sein:

  • Der Täter zeigt nach der Tat Reue und versucht, den Schaden wiedergutzumachen.
  • Andere Menschen (Kinder, Ehegatte) sind auf die Versorgung durch den Täter angewiesen.
  • Der Täter legt ein Geständnis ab.
  • Es ist nur zu leichten Verletzungen gekommen.
  • Der Täter ist noch nie strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Strafschärfende Umstände sind etwa:

  • Rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige niedrige Beweggründe und Ziele des Täters.
  • Der Täter zeigt keine Reue.
  • Schwere Verletzung sind entstanden.
  • Der Täter ist bereits (wegen ähnlicher Taten) vorbestraft.
  • Der Täter handelte nicht im Affekt, sondern plante die Tat von langer Hand.

4. Welche Strafe droht bei Körperverletzung?

Wie hoch die Strafe ausfällt, hängt stark davon ab, welche Form der Körperverletzung verwirklicht ist.

Einfache Körperverletzung (§ 223 StGB)

Eine einfache Körperverletzung liegt vor, wenn der Täter sein Opfer nur leicht verletzt und hierbei keine Hilfsmittel wie beispielsweise gefährliche Werkzeuge benutzt. Es handelt sich um den Grundfall der Körperverletzung. Der Täter muss allerdings mit Vorsatz handeln, die Verletzung des Opfers also wollen bzw. zumindest in Kauf nehmen.

Beispiele: Gezielter Schlag mit der Faust, Tritt mit dem nackten Fuß.

Strafrahmen: Die einfache Körperverletzung wird

  • mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren
  • oder mit Geldstrafe

bestraft.

Beispiel: Der Täter ist ein obdachloser Mann, der bei der „Tafel“ Lebensmittel für sich und seine Frau abholt. Als der Täter in einem Korb mit Lebensmitteln wühlte, forderte eine Mitarbeiterin ihn auf, damit aufzuhören. Er versuchte daraufhin, die Mitarbeiterin zu attackieren. Ein anderer Mitarbeiter ging dazwischen. Diesen schlug der Täter zwei Mal ins Gesicht. Danach bespuckte er ihn. Durch den Schlag verbog sich die Brille des Mitarbeiters und er erlitt eine leicht blutende Wunde an der Nase.
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Der Täter wurde zu 5 Monaten Freiheitsstrafe (ohne Bewährung) verurteilt (AG Höxter, Urteil vom 26.07.2017, Az.: 4 Ds 183/17).

Gerade einfache Körperverletzungen enden bei guter Verteidigung allerdings in der Regel mit einer Geldstrafe. Das gilt besonders für Täter, die nicht vorbestraft sind.

Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB)

Eine Fahrlässige Körperverletzung liegt vor, wenn der Täter sein Opfer zwar verletzt, dies aber aus Versehen geschieht, weil er nicht sorgfältig genug war.

Beispiele: Unfälle mit Personenschäden (insb. fahrlässiger Verkehrsunfall), Behandlungsfehler eines Arztes.

Strafrahmen: Die fahrlässige Körperverletzung wird mit

  • Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren
  • oder mit Geldstrafe

bestraft.

Beispiel: Der Täter ist selbstständiger Zahnarzt. Er setzte einem Patienten 18 Zahnimplantate ein. Beim Setzen der Implantate verzichtete er allerdings auf eine sog. Bohrschablone. Dies hatte zur Folge, dass die Implantate falsch saßen und der Patient starke Schmerzen erlitt.
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Der Zahnarzt wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 48.000 EUR verurteilt (AG Kitzingen, Urteil vom 28.05.2013, Az.: 1 Cs 801 Js 11930/11).

Wie das Beispiel zeigt, kommt es nur in wirklich gravierenden Fällen mit schweren Folgen oder bei besonders großer Nachlässigkeit zu Freiheitsstrafen. Die Regel ist eine Geldstrafe.

Gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB)

Eine gefährliche Körperverletzung ist zunächst eine einfache Körperverletzung, bei der die Verletzung allerdings auf eine besonders gefährliche Art und Weise herbeigeführt wurde. Erfasst sind Verletzungshandlungen

  • unter Verwendung einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs,
  • mittels Gifts,
  • in Gruppen
  • oder lebensgefährlicher Art.
Beispiele: Schlag mit einem Baseballschläger, Stich mit einem Messer, unter Umständen auch schon der Tritt mit einem Fuß, an dem ein Schuh getragen wird.

Strafrahmen: Die gefährliche Körperverletzung wird

  • mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren,

in minder schweren Fällen

  • mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren

bestraft.

Beispiel: Der Täter zündete gemeinsam mit anderen Besuchern in einem voll besetzten Stadion Fackeln. Durch den Rauch wurden acht Fans verletzt.
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Das Gericht verurteilte den Täter zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis. Es hat strafschärfend insbesondere berücksichtigt, dass der Täter während der Tat bereits einem strafrechtlichen Gerichtsverfahren unterworfen war, die Gefährdung einer größeren Anzahl von Menschen in Kauf nahm und vorbestraft war (LG Essen, Urteil vom 03.03.2015, 31 Ns 213/14).

Das Beispiel zeigt, welchen Einfluss die „Vorgeschichte“ eines Mandanten haben kann. Wäre dieselbe Tat von einem „unbeschriebenen Blatt“ begangen worden, wäre mit einer deutlich geringeren Strafe zu rechnen gewesen.

Schwere Körperverletzung (§ 226 StGB)

Eine schwere Körperverletzung ist zunächst ebenfalls eine einfache Körperverletzung, die allerdings eine besonderes schwere Folge nach sich gezogen hat.

Beispiel: Das Opfer erblindet, das Opfer verliert seine Fortpflanzungsfähigkeit.

Strafrahmen: Die schwere Körperverletzung wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

Beispiel: Der Täter und das Opfer bewohnen gemeinsam ein Zimmer in einem Asylbewerberheim. Nachdem das Opfer den Täter beleidigte, schlug der Täter mit einer Fernbedienung zu. Danach ergriff er ein Messer und stach mit diesem in Richtung des Kopfes und Halses. Durch den Schlag mit der Fernbedienung erlitt das Opfer einen Oberkieferbruch. Zwei Zähne fielen aus. Der Faustschluss der linken Hand ist ihm unmöglich. Das Opfer kann seinen Beruf als Friseur nicht mehr ausüben.
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Der Täter wurde zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren auf Bewährung verurteilt (vgl. LG Chemnitz, Urteil vom 09.06.2016, Az.: 22 Ss 728/16).

Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB)

Eine Körperverletzung mit Todesfolge setzt zunächst erneut eine Körperverletzung als sog. Grunddelikt voraus. Diesmal besteht die besonders schwere Folge allerdings im Tod des Opfers. Hierbei spielt es keine Rolle, ob der Tod gewollt war.

Beispiel: Der Täter möchte seinem Opfer nur „Eine verpassen“ und schlägt gegen den Kopf. Das Opfer taumelt, fällt unglücklich, bricht sich beim Aufprall auf der Bordsteinkante das Genick und verstirbt.

Strafrahmen: Die Körperverletzung mit Todesfolge wird mit Freiheitsstrafe von nicht unter drei Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

Beispiel: Der Täter schlug sein Opfer heftig, sodass es auf den Boden prallte und verstarb.
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Der Täter wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren (ohne Bewährung) verurteilt (vgl. LG Darmstadt, Urteil vom 16.06.2015, Az.: 1340 Ks 95002/14).

Gerade bei einfachen Unachtsamkeiten, die zu einer Körperverletzung im Straßenverkehr führen, urteilen die Gerichte häufig recht milde. Es wird meist davon ausgegangen, dass der (unbescholtene) Verkehrsteilnehmer bereits durch den Eindruck der Tatfolgen „genug gestraft“ ist.

Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 StGB)

Bei der Misshandlung von Schutzbefohlenen bildet die einfache Körperverletzung erneut die Grundlage. Es kommt hinzu, dass der Täter hier eigentlich den Schutz des Opfers zu verantworten hat. Verletzt der Täter jemanden, den er eigentlich beschützen soll, so wird dies höher bestraft.

Beispiele: Die Eltern schlagen ihr Kind, ein Lehrer schlägt einen Schüler.

Strafrahmen: Die Misshandlung Schutzbefohlener wird

  • mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

In minder schweren Fällen droht

  • eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
Beispiel: Der Täter ist Mitarbeiter eines Pflegeheims. Unter anderem drückte er einer alten Bewohnerin seinen Finger gezielt in die Wunde und ließ sich dabei filmen. Zwei weitere Bewohner behandelte er ähnlich.
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Er wurde zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt (AG Düsseldorf, Urteil vom 26.10.2009, 101 Ls – 90 Js 5539/07 – 72/08)

Beteiligung an einer Schlägerei (§ 231 StGB)

Die Strafbarkeit wegen Beteiligung an einer Schlägerei wird meist dann in Erwägung gezogen, wenn nicht mehr genau ermittelt werden kann, wer bei einer Schlägerei von mindestens drei Personen die Verletzung zugefügt hat. Es muss hierbei jedoch zu einer schweren Verletzung (siehe schwere Körperverletzung) oder zum Tod eines Menschen gekommen sein. Einfach gesagt wird dann schon das „Dabeisein“ bestraft.

Beispiel: Drei Männer schlagen sich in einer Kneipe. Jeder schlägt wild um sich. Einer wird derart fest geschlagen, dass er stirbt. Es kann nicht mehr festgestellt werden, von wem der Schlag letztlich kam. Die anderen Männer haben sich beide wegen Beteiligung an einer Schlägerei strafbar gemacht.

Strafrahmen: Die Beteiligung an einer Schlägerei wird

  • mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren
  • oder mit Geldstrafe bestraft.
Beispiel: Der Täter geriet zusammen mit Freunden in Streit mit einer anderen Gruppe. Dabei wurde eine Person durch ein Küchenmesser erstochen.
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Der Täter wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr (auf Bewährung) verurteilt (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 12.12.2012, Az.: 37a Ks 4/12).

5. Fazit

  • Nach einer Körperverletzung kommen Geldstrafe, Freiheitsentziehung und Fahrverbot als Strafe in Betracht.
  • Wie hoch die Strafe ausfällt, hängt stark vom Einzelfall ab. Der Richter hat hier Spielraum.
  • Entscheidend ist neben der Schwere der Tat auch die „Vorgeschichte“. Vorstrafen führen z.B. tendenziell zu einer höheren Bestrafung.
  • Je nach Form der Körperverletzung reicht die Strafe von einer geringen Geldstrafe bis zu einer Haftstrafe von 15 Jahren.
  • Ein Großteil der Fälle endet bei guter Verteidigung durch einen Anwalt für Strafrecht mit einem Freispruch, einer Geldstrafe oder einer Bewährungsstrafe.