1. Was ist eine Pauschalreise?
Die in diesem Artikel besprochenen Rechte und Pflichten des Reisenden beziehen sich auf sogenannte Pauschalreiseverträge.
Klassisches Beispiel einer Pauschalreise ist die Buchung einer kompletten Reise in einem Reisebüro. Pauschalreiseverträge können jedoch auch online abgeschlossen werden. Dies gilt sogar bei verbundenen Onlinebuchungen, etwa wenn Reisewillige nach der Online-Buchung eines Fluges auf eine andere Website weitergeleitet werden und sie dort unmittelbar ein Hotel buchen.
2. Kein 14-tägiges Widerrufsrecht im Reiserecht
Weithin bekannt ist, dass Verbraucher etwa bei Onlinekäufen binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen vom Vertrag Abstand nehmen können. Diese Regelung ermöglicht es, online erworbene Waren zu prüfen und bei Nichtgefallen ohne Weiteres den Kauf rückgängig zu machen, ohne dass der Anbieter dafür eine Entschädigung verlangen kann.
Im Folgenden erklären wir, welche rechtlichen Bestimmungen stattdessen gelten.
3. Rücktritt vor Reisebeginn
Wie ist der Reiserücktritt gesetzlich geregelt?
Auch im Reiserecht gilt das Prinzip, dass einmal abgeschlossene Verträge einzuhalten sind. Dennoch haben Kunden Handlungsmöglichkeiten, wenn Sie eine gebuchte Reise nicht wahrnehmen möchten oder können: Statt eines Widerrufsrechts können Reisende vor Reisebeginn vom Vertrag zurückzutreten. Dieser Rücktritt unterliegt den Regelungen des § 651h BGB und ermöglicht es Reisenden ohne Angabe von Gründen vor Reiseantritt jederzeit die gebuchte Pauschalreise zu stornieren. Zudem kann der Rücktritt formlos, also beispielsweise auch per E-Mail, erklärt werden.
Erhalte ich mein Geld zurück und welche Kosten entstehen bei Stornierung?
Der Rücktritt von der Reise befreit den Kunden von der Pflicht zur Zahlung des Reisepreises. Bereits geleistete Zahlungen muss der Reiseveranstalter zurückerstatten.
Allerdings kann der Reiseveranstalter – anders als beim Widerruf – gemäß § 651h Abs. 1 Satz 3 BGB eine angemessene Entschädigung verlangen. Häufig finden sich Entschädigungspauschalen, sogenannte Stornokosten, in den AGB des Reiseveranstalters.
In jedem Fall müssen die dort festgeschriebenen Stornokosten in einer nachvollziehbaren Beziehung zu den Kosten stehen, die dem Veranstalter durch den Rücktritt tatsächlich entstehen.
Hinsichtlich der Höhe der Entschädigung spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, darunter:
- der Zeitraum zwischen der Rücktrittserklärung und dem Reisebeginn
- die zu erwartende Ersparnis des Veranstalters
- die zu erwartenden Einnahmen durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen
Die Stornokosten staffeln sich dabei zumeist nach der Faustregel: Je später der Rücktritt, desto teurer. Erfolgt der Rücktritt sehr kurzfristig, etwa wenige Tage oder gar Stunden vor Beginn der Reise, so kann der Reiseveranstalter womöglich bis zu 100 Prozent des gesamten Reisepreises als angemessene Entschädigung verlangen.
Enthält der Reisevertrag keine Entschädigungspauschalen, so bestimmt sich die Höhe der Entschädigung nach dem Reisepreis abzüglich des Werts der vom Veranstalter eingesparten Kosten. Abgezogen wird auch das, was der Veranstalter durch anderweitigen Verkauf der Reiseleistungen erwirbt. Der Kunde kann verlangen, dass ihm die Höhe der Entschädigung begründet wird.
Keine Stornokosten bei „höherer Gewalt“?
Solche Umstände können Naturkatastrophen oder bürgerkriegsähnliche Zustände am Urlaubsort oder in dessen näherer Umgebung sein. Die Frage, ob ein solcher Fall vorliegt, führt jedoch gelegentlich zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Wenn der Reisekunde plötzlich erkrankt, reicht dies als Grund jedenfalls nicht aus.
Versehentlich gebucht? Vertrag wegen Irrtum anfechten
Haben Sie sich geirrt und wollten Sie die vertragliche Verpflichtung eigentlich gar nicht eingehen? Dann können Sie den Vertrag wegen eines Irrtums anfechten.
Ein solcher Irrtum kann beispielsweise dann gegeben sein, wenn Sie aus Versehen eine doppelte Buchung durchgeführt haben, Sie irrtümlich den Buchungsbutton geklickt haben oder Sie eigentlich eine andere Reise buchen wollten.
In diesem Fall sollten Sie dies Ihrem Vertragspartner unverzüglich mitteilen und dabei auch den Grund des Irrtums beziehungsweise die genauen Umstände nennen. Es wird dann rechtlich davon ausgegangen, dass sich Ihre Buchung niemals ereignet hat. Sie müssen sodann keinen Reisepreis an den Veranstalter zahlen, gegebenenfalls aber Schadensersatz, sofern etwa schon Kosten für die Bearbeitung Ihrer Buchung angefallen sind.
4. Kündigung nach Reiseantritt
Nach Antritt der Reise können Reisende den Vertrag kündigen.
Beispiele aus der Praxis:
- Unterbringung in einem nicht barrierefreien Hotel, wenn ein barrierefreies Hotel gebucht wurde
- Unterbringung in einem Hotel ohne Reitmöglichkeit, obwohl ein Hotel mit Reitmöglichkeit gebucht wurde
- Lärmbeeinträchtigungen etwa durch eine nahe Autobahn
- Unzumutbare Strandverhältnisse z.B. durch Vermüllung
- Änderung des Abflug- oder Ankunftsorts durch den Reiseveranstalter ohne wichtigen Grund
- Geringwertige Ersatzunterkunft bei überbuchtem Hotel
Nach einer wirksamen Kündigung sind Reisende nur zur Zahlung des Preises der bereits erbrachten Reiseleistung verpflichtet. Bei einer unverzüglichen Rückbeförderung hat der Reiseveranstalter eventuell anfallende zusätzliche Kosten zu tragen.
5. Wie und wann schützt eine Reiserücktrittsversicherung?
Mit einer Reiserücktrittsversicherung können sich Reisekunden gegen die finanziellen Folgen eines Rücktritts absichern. Dies kann insbesondere bei Reisen sinnvoll sein, die weit in der Zukunft liegen oder deren Kosten sehr hoch sind.
Unterschiedliche Versicherungsbedingungen
Einige Reiserücktrittsversicherungen bieten auch Leistungen im Falle eines Reiseabbruchs an, während dies in anderen Fällen möglicherweise separat mit einer Reiseabbruchversicherung versichert werden muss.
Angebotene Versicherungen variieren zudem stark in ihren Bedingungen. Einige decken nur ernsthafte Erkrankungen und Todesfälle ab, während andere eine breitere Palette von Gründen akzeptieren, wie betriebsbedingte Kündigungen oder sogar die Verspätung von Verkehrsmitteln zum Flughafen.
Meist werden bei einem verspäteten Reiseantritt die Kosten für die Nachreise erstattet oder im Fall eines Rücktritts vor Reisebeginn die oben angesprochenen Stornokosten. Die bei einem Nichtantritt fälligen Stornokosten stellen oft auch die Grenze dar, bis zu welcher Kosten für eine Nachreise übernommen werden. Reiserücktritts- und Reiseabbruchversicherungen zahlen in der Regel auch, wenn Reisende während der Reise einen schweren Unfall erleiden oder der Aufenthalt wegen Krankheit verlängert werden muss.
Welche Nachweise müssen bei Rücktritt wegen Krankheit der Versicherung vorgelegt werden?
Ist Krankheit der Grund für den Reiserücktritt, müssen Reisende dies in der Regel mittels eines ärztlichen Attests gegenüber der Versicherung nachweisen. Dies soll Missbrauch verhindern und sicherstellen, dass die Versicherung rechtmäßige Ansprüche abdeckt.
Zahlt die Versicherung bei Reisewarnungen?
Reiserücktrittsversicherungen zahlen in vielen Fällen nicht, selbst wenn vor Ort etwa der Wald brennt oder Terror stattfindet. Nach Auffassung der Versicherungen gelten solche Ereignisse meist als allgemeines Lebensrisiko. Anders sieht die Beurteilung aus, wenn eine konkrete Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für die entsprechende Urlaubsdestination vorliegt.
6. Fazit
- Reiserücktritt vs. Reiseabbruch: Es gilt zu unterscheiden zwischen einem Rücktritt vor Reisebeginn und einem Abbruch während der Reise. Reisende können vor Reisebeginn ohne Angabe von Gründen vom Reisevertrag zurückzutreten. Nach Reiseantritt kommt eine Kündigung in Frage.
- Stornokosten: Der Rücktritt entbindet von der Zahlung des Reisepreises, jedoch kann der Veranstalter eine angemessene Entschädigung verlangen.
- Reiserücktritts- und Abbruchversicherung: Reisende können sich gegen Kosten bei Rücktritt und Abbruch der Reise absichern, wobei die Bedingungen je nach Versicherung variieren.
- Versicherungsauszahlung und Rücktritt oder Abbruch bei Krankheit: Um eine Erkrankung als Grund für Rücktritt oder Reiseabbruch geltend zu machen, ist ein ärztlicher Nachweis erforderlich.
- Reisewarnungen: Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes können unter bestimmten Umständen einen Rücktritt oder Abbruch rechtfertigen und einen Anspruch gegenüber der Versicherung begründen.