Sperrzeit beim Arbeitslosengeld durch Aufhebungsvertrag?

Bei Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages droht eine Sperrfrist beim ALG. Doch diese lässt sich vermeiden.

Ein Aufhebungsvertrag wird geschlossen, um ein Arbeitsverhältnis – meist vorzeitig – zu beenden, wofür der Arbeitnehmer zum Ausgleich häufig eine Abfindung erhält. Wird das Arbeitsverhältnis allerdings auf diese Weise beendet, droht grundsätzlich eine sogenannte Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.

Eine Sperrzeit führt dazu, dass für einen Zeitraum von bis zu 12 Wochen kein Arbeitslosengeld gezahlt wird. Dies kann bei Arbeitsaufgabe der Fall sein, wenn der Arbeitslose „das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat“ (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Eine Sperrzeit kann aber auch durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages herbeigeführt werden.

Grund für eine Sperrzeit ist dann nicht etwa, dass der Arbeitnehmer eine Abfindung erhalten hat, sondern dass dieser sich mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags einverstanden erklärt hat. Hierdurch hat er selbst daran mitgewirkt, dass das Arbeitsverhältnis sein Ende findet. Wenn er sodann nicht nahtlos in eine andere Tätigkeit übergeht, sondern sich arbeitslos meldet, hat er diese Arbeitslosigkeit mit veranlasst. Voraussetzung für die Zahlung des Arbeitslosengeldes ist jedoch, dass der Arbeitnehmergegen seinen Willen arbeitslos geworden ist.

Kommt es zu einer Sperrzeit, so erhält der Arbeitslose bis zu zwölf Wochen lang kein Arbeitslosengeld. Das Arbeitslosengeld für diesen Zeitraum fällt ersatzlos weg, wird also auch nicht später nachgezahlt, so dass sich durch die Sperrzeit der Anspruch verkürzt.

Wichtiger Grund für einen Aufhebungsvertrag

Es gibt allerdings Ausnahmefälle, bei denen trotz eines Aufhebungsvertrages keine Sperrzeit verhängt wird:

  1. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es für den Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gab. Der triftige Grund ist meist dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis auch ohne Aufhebungsvertrag hätte beenden dürfen, also dann, wenn der Arbeitnehmer personen- oder betriebsbedingt hätte kündigen können.Beispiel für eine solche Ausnahme ist der Fall, dass der Arbeitnehmer unfreiwillig zu einem Aufhebungsvertrag gedrängt wurde. Ein solcher Fall ist denkbar, wenn ein Arbeitnehmer an einer Depression erkrankt, die auf ein Mobbing am Arbeitsplatz zurückzuführen ist. Wenn aus  gesundheitlichen Gründen die Situation am Arbeitsplatz unzumutbar wird, kann es dringend erforderlich werden, das krankmachende Arbeitsumfeld zu verlassen. Wenn der Arbeitnehmer aus diesem Grund einen Aufhebungsvertrag schließt, wird die Agentur für Arbeit in aller Regel keine Sperrzeit verhängen, weil es sich um eine Notsituation handelte. Dies muss der Arbeitnehmer aber im Zweifel nachweisen können, so dass zu späteren Beweiszwecken Atteste, Nachweise zur Teilnahme an einer Mobbing-Beratung uä. gesammelt werden sollten, wenn nicht der Grund sogar im Aufhebungsvertrag angegeben wird. Auch kann die Arbeitsagentur frühzeitig zur Beratung kontaktiert werden, bevor ein Aufhebungsvertrag geschlossen wird. Unter Umständen kann so eine Sperrzeit von vornherein vermieden werden, wenn die Agentur für Arbeit schon im Vorfeld den Fall prüft. Wenn die Arbeitsagentur zum Schluss kommt, dass eine Kündigung durch den Arbeitnehmer berechtigt gewesen wäre, wird die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses auch unfreiwillig bzw. aus dringenden Gründen erfolgt sein.
  2. Des Weiteren wird keine Sperrzeit verhängt, wenn dem Arbeitnehmer zu dem im Aufhebungsvertrag vorgesehenen Beendigungszeitpunkt eine rechtmäßige Kündigung gedroht hätte, die nicht in seinem Verhalten begründet war, also ebenfalls bei einer betriebsbedingten oder personenbedingten Kündigung, in diesem Fall durch den Arbeitgeber. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kommt es nicht einmal darauf an, ob die angedrohte Kündigung des Arbeitgebers rechtmäßig gewesen wäre. Es reicht aus, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung ernsthaft androht. Die Zahlung einer Abfindung steht auch hier der Annahme eines wichtigen Grundes nicht entgegen.
  3. Noch unkomplizierter liegt der Fall, wenn eine Abfindung gemäß § 1a KSchG vereinbart wird. Denn schon seit einigen Jahren ist in den Geschäftsanweisungen der Agentur für Arbeit geregelt, dass es keine Sperrzeit gibt, wenn von dieser gesetzlich geregelten Abfindungsmöglichkeit Gebrauch gemacht wird. Auch bei einer hiervon leicht abweichenden Abfindung, die zwischen 0,25 und 0,5 Gehältern pro Jahr liegt (sogenannte Korridorabfindung), ist ein Aufhebungsvertrag sperrzeitfrei möglich.
    Insgesamt ist immer der Einzelfall zu beachten, um über eine Sperrzeit zu entscheiden. Die Bundesagentur für Arbeit gibt den Sachbearbeitern sogenannte Geschäftsanweisungen (GA) zum Arbeitslosengeld vor. Hierbei handelt es sich nicht um Gesetze oder Verordnungen, jedoch ist hieraus gut ersichtlich, an welchen Kriterien sich die Arbeitsagenturen in der Praxis orientieren. Aus den Geschäftsanweisungen zu § 159 SGB III (aktuell Stand 06/2014, dort insbesondere ab Seite 14) lässt sich genauer ersehen, welche Kriterien die Agentur für Arbeit bei der Frage berücksichtigt, ob eine Sperrzeit zu verhängen ist oder ein Ausnahmefall vorliegt.

Wollen Sie bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages eine Sperrzeit vermeiden, ist die Beratung durch einen auf das Arbeitsrecht spezialisierte Rechtsanwalt zu empfehlen. Dieser wird prüfen, wie in Ihrem Fall vorzugehen ist, was im Aufhebungsvertrag zu formulieren ist und Ihnen wirklich zu empfehlen ist, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen. Nicht selten sind die vom Arbeitgeber angebotenen Abfindungen zu gering, so dass es im Einzelfall gewinnbringender sein kann, einen gerichtlichen Abfindungsvergleich zu erwirken.