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Gewährleistung beim Gebrauchtwagen­kauf von Händler oder Privat

Nicht immer läuft beim Gebrauchtwagenkauf alles glatt. Zeigen sich nach dem Kauf Störungen oder Schäden, kann der Käufer mitunter Gewährleistungsrechte geltend machen.
Inwieweit diese ausgeschlossen werden können, welche Rechte in Betracht kommen und wie diese sich von einer Garantie unterscheiden, erfahren Sie hier.

1. Wann bestehen Rechte auf Gewährleistung beim Gebrauchtwagenkauf?

Wichtigste Voraussetzung aller Gewährleistungsrechte ist, dass der Gebrauchtwagen einen Mangel hat. Einfach gesagt muss der Wagen in einem schlechteren Zustand sein, als vereinbart oder es üblicherweise zu erwarten ist. Dies muss bei Übergabe des PKWs der Fall sein. Schäden, zu denen es später erst kommt und deren Grundlage bei Übergabe noch nicht gelegt war, stellen keinen Sachmangel des PKW dar.

Beispiel: Zwei Monate nach Übergabe des Fahrzeugs ist es zu einem Kolbenfresser gekommen. Lag die Ursache dafür schon bei der Übergabe vor, liegt ein Mangel vor.

Keine Mängel sind natürlich Schäden, die z.B. durch spätere Unfälle eintreten.

Folgende Umstände stellen beim Gebrauchtwagen klassischerweise einen Mangel dar (ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, ist letztlich aber Frage des Einzelfalls):

  • Fahrzeug „aus erster Hand“ hat tatsächlich mehrere Vorbesitzer
  • Das Fahrzeug hat versprochene Ausstattungsmerkmale nicht
  • Der Verkäufer verkauft das Fahrzeug mit „HU neu“ oder „TÜV neu“, die Hauptuntersuchung wurde aber nicht durchgeführt oder nicht bestanden
  • Der Benzinverbrauch liegt weit über der Angabe
Der Bundesgerichtshof hat Anfang 2019 deutlich gemacht, dass er die Abschalteinrichtung im Diesel-Skandal für einen Sachmangel hält (Hinweisbeschluss des BGH).

Wann ein technischer Fehler einen Mangel darstellt, kann pauschal nicht gesagt werden. Die Grenze zum gewöhnlichen Verschleiß ist bei Gebrauchtwagen fließend. Häufig kann hier nur mithilfe von Gutachtern eine Entscheidung getroffen werden.

Entscheidend für sämtliche Gewährleistungsrechte ist auch, wann sie geltend gemacht werden. Grundsätzlich verjähren die Ansprüche zwei Jahre nach der Übergabe des Gebrauchtwagens. Hat der Verkäufer einen Mangel arglistig (also vorsätzlich) verschwiegen, können Rechte wegen dieses Mangels auch noch später beansprucht werden. Es gilt dann eine Verjährungsfrist von drei Jahren, die mit Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Käufer von dem Mangel erfährt oder ihn grob fahrlässig verkennt. Spätestens nach zehn Jahren kann er Mängelrechte nicht mehr geltend machen.

2. Welche Gewährleistungsrechte bestehen beim Gebrauchtwagenkauf?

Ist der Gebrauchtwagen mangelhaft, die Gewährleistung nicht wirksam ausgeschlossen (s.u.) und die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen, kann der Käufer meist unterschiedliche Rechte geltend machen. Dafür müssen zum Teil weitere Kriterien erfüllt sein, die im Folgenden erläutert werden:

Nacherfüllung

Das klassische Gewährleistungsrecht ist die Nacherfüllung. Der Käufer kann verlangen, dass der Mangel am PKW ausgebessert wird.

Beispiel: Eine Einspritzdüse eines Gebrauchtwagens ist bei der Übergabe des PKW defekt. Der Käufer kann verlangen, dass eine neue Einspritzdüse eingebaut oder die alte repariert wird. Dies geschieht auf Kosten des Verkäufers.

Es besteht allerdings kein Recht auf Selbstvornahme! Der Käufer kann in aller Regel also nicht einfach zur Werkstatt seines Vertrauens gehen, diese mit der Reparatur beauftragen und die Rechnung anschließend vom Verkäufer ersetzt verlangen. Dies ist allenfalls im Wege des Schadensersatzes möglich (s.u.).

Wie die Nachbesserung erfolgt, ist Sache des Verkäufers.

Ein Neulieferung – also ein neuer PKW – kommt beim Gebrauchtwagenkauf meist nicht in Betracht. Schließlich weichen die Zustände verschiedener Gebrauchtwagen stark voneinander ab, sodass die Bereitstellung eines anderen Gebrauchtwagens nicht die Pflicht des Verkäufers erfüllen kann, den eigentlich gekauften PKW mangelfrei zu übereignen. Etwas anderes kann bei stark miteinander vergleichbaren Jahreswagen gelten. Im Übrigen schließt diese Rechtsprechung natürlich nicht aus, dass sich Käufer und Verkäufer darauf einigen, dass der Käufer einen anderen, mangelfreien Gebrauchtwagen erhält (einen Anspruch darauf hat der Käufer aber nicht).

Rücktritt

Der Käufer kann bei einem Mangel auch vom Vertrag zurücktreten. In der Folge hat er den PKW zurückzugeben. Natürlich erhält er auch den Kaufpreis zurück. In der Regel sind auch Nutzungen vom Käufer und vom Verkäufer zu ersetzen.

Beispiel: Der Wagen ist ein Unfallwagen, obwohl ausdrücklich vom Verkäufer versprochen wurde, dass dies nicht der Fall sei. Fällt dem Käufer dies nach z.B. drei Wochen auf, kann er den PKW zurückgeben und den Kaufpreis zurückverlangen. In der Regel hat er nach dem Rücktritt vom Autokauf eine Nutzungsentschädigung für jeden Tag der Nutzung zu zahlen. Im Gegenzug muss der Verkäufer (nicht) gezogene Zinsen erstatten.

Neben den o.g. Grundvoraussetzungen müssen für den Rücktritt noch folgende Merkmale erfüllt sein:

  • Der Käufer hat den Verkäufer zunächst zur Nachbesserung aufzufordern. Er hat ihm dazu eine angemessene Frist zu setzen. Erst wenn die Nachbesserung scheitert oder sie ernsthaft vom Verkäufer verweigert wird, kann der Käufer den Rücktritt erklären. Dieses Erfordernis besteht natürlich nicht, wenn die Nachbesserung unmöglich ist (z.B. kann die tatsächliche Laufleistung nicht durch Nachbesserung verändert werden).
  • Der Mangel darf nicht unerheblich sein. Ein unerheblicher Mangel liegt meistens vor, wenn der Aufwand zur Beseitigung des Mangels weniger als 5% des Kaufpreises beträgt.
    Auf die Erheblichkeit kommt es hingegen nicht an, wenn eine Eigenschaft ausdrücklich zugesichert wurde oder über einen Mangel arglistig getäuscht wurde.

Beispiel: Ein Vorschaden eines Gebrauchtwagens (Unfallwagen) mindert den Wert des PKW um nur 1%. Ist nicht ausdrücklich zugesichert oder wurde darüber getäuscht, dass der PKW keinen Unfall hatte, ist der Rücktritt ausgeschlossen.

Das Eindringen von Feuchtigkeit auch in ältere Gebrauchtwagen stellt in aller Regel einen erheblichen Mangel dar.

Minderung

Der Käufer kann den Kaufpreis mindern. Er ist in dem Verhältnis zu mindern, wie der tatsächliche Wert des PKW im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zum mangelfreien Zustand stand.

Rechenbeispiel: Der PKW wird für 8.000 € verkauft. Im mangelfreien Zustand wäre der PKW 11.000 € wert gewesen. Tatsächlich ist er wegen eines Mangels aber nur 9.000 € wert.

Es ist wie folgt zu rechnen: 8.000 € / 11.000 € * 9.000 € = 6545,46 €

Ist der Kaufpreis schon bezahlt, kann der Käufer also (8.000 € – 6.545,46 € =) 1.454,54 € zurückverlangen.

Die Voraussetzungen für eine Minderung sind dieselben wie die des Rücktritts. Allerdings kann der Kaufpreis auch bei unerheblichen Mängeln gemindert werden.

Schadensersatz

Der Käufer kann auch Schadensersatz verlangen. Man unterscheidet den kleinen und großen Schadensersatz.

  • Beim kleinen Schadensersatz behält der Käufer den PKW und erhält die Wertdifferenz zum mangelfreien Zustand ersetzt.
  • Beim großen Schadensersatz entsteht eine ähnliche Lage wie beim Rücktritt. Der PKW ist in diesem Zuge natürlich zurückzugeben.

Der Schadensersatz kommt insbesondere in Betracht, wenn es zu Folgeschäden gekommen ist.

Beispiel: Bei Übergabe des PKW sind die Bremsen defekt. Es kommt deshalb zu einem Unfall. Die Schäden dieses Unfalls kann der Käufer ersetzt verlangen (soweit die im Folgenden genannten Voraussetzungen erfüllt sind).

Auch für den Schadensersatz müssen allerdings weitere Voraussetzungen erfüllt sein.

  • Zunächst ist auch hier eine Frist zur Nachbesserung zu setzen. Es gilt das zum Rücktritt Gesagte.
  • Den großen Schadensersatz kann der Käufer nur verlangen, wenn der Mangel nicht unerheblich ist. Auch hier gilt dasselbe wie beim Rücktritt.
  • Der Verkäufer hat den Mangel zu verschulden. Einfach ausgedrückt muss er „für den Mangel etwas können“. Es liegt am Verkäufer zu beweisen, dass dies nicht der Fall ist.

3. Was ist der Unterschied zwischen Gewährleistung und Garantie?

Die Gewährleistungsrechte sind gesetzliche Ansprüche, die in jedem Kaufvertrag bestehen, sofern sie nicht wirksam ausgeschlossen wurden.

Garantien beim Gebrauchtwagenkauf sind weitergehende Zusagen des Verkäufers oder z.B. des Herstellers. Häufig gehen die darin gewährte Rechte im Falle eines Mangels weiter (z.B. „Mobilitätsgarantie“) oder die Verjährungsfristen werden verlängert.

Garantien werden stets auf freiwilliger Basis gewährt. Hat der Verkäufer oder Hersteller allerdings einmal eine Garantie zugesichert, ist er im Garantiefall (z.B. bei einem Mangel) auch zur entsprechenden Leistung verpflichtet.

4. Kann die Gewährleistung beim Gebrauchtwagenkauf ausgeschlossen werden?

Ob der Verkäufer die Gewährleistung beim Gebrauchtwagenkauf ausschließen kann, hängt davon ab, ob es sich um eine Privatperson oder einen Händler handelt.

Kauf vom Händler

Ein professioneller Händler kann nur sehr eingeschränkt Gewährleistungsrechte ausschließen.

Folgende Einschränkungsmöglichkeiten bleiben ihm allerdings:

  • Er kann die Verjährung auf ein Jahr verkürzen.
  • Er kann das Recht des Käufers ausschließen, Schadensersatz zu verlangen. Alle übrigen Rechte im Falle eines Mangels bleiben erhalten.

Diese Einschränkungen gelten allerdings nicht, wenn der Verkäufer eine bestimmte Beschaffenheit zugesichert oder einen Mangel arglistig (also vorsätzlich) verschwiegen hat.

Beispiel: Im Kaufvertrag verkürzt der Autohändler V die Verjährungsfrist auf ein Jahr. Er verspricht dem Käufer K ausdrücklich, dass ein generalüberholter Motor im Fahrzeug verbaut wurde. Schadensersatz wegen Mängeln schließt er im Vertrag aus. Stellt sich erst nach 1,5 Jahren heraus, dass der neu eingesetzte Motor nicht generalüberholt war, kann der Käufer trotz der Verjährungskürzung noch alle Mängelrechte geltend machen (auch Schadensersatz).

Da die meisten Kaufverträge eines Händlers vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind, ist der Spielraum des Verkäufers meist sogar noch enger gefasst. So kann der Verkäufer in AGB die Verjährung nur verkürzen und Schadensersatz nur ausschließen, wenn dieser Ausschluss nicht für Schäden folgender Art gilt:

  • Verletzung von Körper, Leben und Gesundheit oder
  • Schäden jeder Art, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers oder seiner Erfüllungsgehilfen (z.B. Mitarbeiter) beruhen.

Diese Einschränkung hat der Verkäufer in den AGB unbedingt zu machen. Andernfalls sind die Einschränkungen der Gewährleistungsrechte unwirksam. Das gilt auch dann, wenn es im konkreten Fall nicht um die Verletzung des Körpers etc. geht. Er wird sich in der Regel am Wortlaut des § 309 Nr. 7 BGB orientieren.

Wer gilt als Händler in dem Sinne?

Unternehmer ist u.a.

  • Jeder Gebrauchtwagenhändler, der regelmäßig Fahrzeuge veräußert.
  • Jeder Gewerbetreibende, der ein Fahrzeug veräußert (auch wenn dies nicht sein eigentliches Geschäft ist).
  • Auch wer den PKW z.B. als Freiberufler überwiegend beruflich genutzt hat, gilt beim Verkauf des Gebrauchtwagens als Unternehmer.

Es kommt allein auf diese Kriterien an. Im Kaufvertrag kann nicht etwa vom Unternehmer bestimmt werden, dass er als Privatperson gilt.

Der Käufer muss das Fahrzeug überwiegend zu privaten Zwecken nutzen. Gegenüber anderen Unternehmern kann die Gewährleistung wie unter Privatleuten ausgeschlossen werden (s.u.).

Kann einfach eine schlechte Beschaffenheit vereinbart werden?

Für den gewerblichen Verkäufer erscheint es verlockend, den Käufer von vornherein darauf hinzuweisen, dass der PKW mangelbehaftet ist. So zielt er darauf ab, eine negative Beschaffenheitsvereinbarung abzuschließen, die Mängelrechte wegen des besprochenen „Mangels“ ausschließt.

Dem Händler ist dies allerdings nur eingeschränkt möglich. Pauschale Beschreibungen sind meist nicht wirksam.

Beispiel: Vereinbaren Käufer und Verkäufer, der PKW werde „gekauft wie gesehen“, ist darin in der Regel kein wirksamer Ausschluss der Gewährleistungsrechte zu sehen. Halten die Parteien hingegen fest, dass der linke Außenspiegel gebrochen ist, kann deshalb keine Gewährleistung vom Käufer bezogen auf diesen Umstand beansprucht werden.

Kauf von Privat

Privatleute hingegen können die Gewährleistungsrechte fast vollständig ausschließen.

Welche Gewährleistungsrechte können von Privatleuten nicht ausgeschlossen werden?

Die Beschränkungen sind überschaubar. Folgende sind relevant:

    • Gewährleistungsrechte können nicht für Mängel ausgeschlossen werden, die der Verkäufer arglistig (vorsätzlich) verschweigt.
Beispiel: Der Verkäufer weiß, dass sein PKW einen Unfall hatte. Die Frage nach Unfallschäden verneint er gegenüber dem Käufer allerdings.
  • Selbiges gilt für Mängel, die einer Beschaffenheitsvereinbarung widersprechen.
Beispiel: Der Verkäufer gibt selbst an (und nicht bloß „laut Tacho“ oder „gemäß Vorbesitzer“), dass der Gebrauchtwagen eine Laufleistung von 60.000 km hat. Beträgt diese tatsächlich aber 100.000 km, kann der Käufer Gewährleistungsrechte geltend machen, obwohl diese vom Verkäufer ausgeschlossen wurden.

Klassische Beschaffenheitsvereinbarungen betreffen z.B. die folgenden Umstände:

  • Laufleistung
  • Unfallfreiheit
  • Jahreswagen
  • Fahrbereitschaft

In AGB (insbesondere Musterverträgen) muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der Haftungsausschluss nicht die in § 309 Nr. 7 BGB genannten Schäden erfasst (s.o.).  Der Ausschluss der Gewährleistungsansprüche und die Verkürzung ihrer Verjährung sind daher nicht möglich für folgende Schäden:

  • Verletzung von Körper, Leben und Gesundheit oder
  • Schäden jeder Art, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers oder seiner Erfüllungsgehilfen (z.B. Mitarbeiter) beruhen.

 Wer sind Privatleute in diesem Sinne?

Der fast unbeschränkte Ausschluss von Gewährleistungsrechten ist möglich zwischen zwei Verbrauchern. Dies sind alle, die nicht Unternehmer sind (s.o.).

Übrigens gelten dieselben Ausschlussregeln auch beim Verkauf zwischen zwei Unternehmern.

5. Fazit

  • Beim Kauf eines mangelhaften Gebrauchtwagens stehen dem Käufer grundsätzlich folgende Rechte zu (sofern sie nicht wirksam ausgeschlossen wurden):
    • Nachbesserung
    • Schadensersatz
    • Rücktritt
    • Minderung
  • Im Unterschied zur Garantie sind Gewährleistungsansprüche gesetzlich vorgeschriebene Rechte. Eine Garantie ist stets eine freiwillige Zusage.
  • Inwieweit die Gewährleistung ausgeschlossen werden kann, hängt maßgeblich davon ab, ob der Verkäufer des Gebrauchtwagens ein Händler oder eine Privatperson ist.
    • Händler können lediglich die Verjährung auf ein Jahr verkürzen und Schadensersatzzahlungen wirksam ausschließen.
    • Private Verkäufer haben mehr Spielraum. Sie können sämtliche Gewährleistungsansprüche ausschließen außer für Mängel, über die sie arglistig getäuscht haben oder die einer ausdrücklich vereinbarten Beschaffenheit widersprechen.
  • Daneben gilt es zu berücksichtigen, dass bestimmte Schäden nicht vom Ausschluss erfasst sind: Darunter fallen die Verletzung von Körper, Leben und Gesundheit und Schäden jeder Art, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers oder seiner Erfüllungsgehilfen (z.B. Mitarbeiter) beruhen.