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Alkohol und Fahrradfahren

Der Biergarten ist oft ein beliebtes Etappen- oder Endziel bei einer Fahrradtour im Sommer. Doch wie viel Alkohol ist für die Heimfahrt auf dem Fahrrad erlaubt?

1. Keine Promillegrenze für Radfahrer

Für Kraftfahrzeuge gilt ein sogenannter Gefahrengrenzwert von 0,5 Promille, landläufig bekannt als sogenannte Promillegrenze. Ab diesem Blutalkoholwert ist wahrscheinlich, dass ein Fahrzeugführer nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug verkehrsgerecht zu führen.

Wer mit diesem Promillewert mit dem Auto unterwegs ist, macht sich zwar noch nicht strafbar. Er begeht aber eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Straßenverkehrsgesetz, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. Für Fahranfänger mit einem Führerschein auf Probe gilt sogar ein Alkoholverbot nach § 24c Straßenverkehrsgesetz.

Eine solche Ordnungswidrigkeitsgrenze gibt es für Radfahrer nicht, da das Fahrradfahren erheblich weniger gefahrenträchtig ist als das Führen eines Kraftfahrzeugs. Bestrebungen in die Richtung, auch für Radfahrer eine Gefahrengrenze zu bestimmen, konnten sich bislang nicht durchsetzen. Daher trifft es durchaus zu, dass man sich als Radfahrer im Vergleich zum Autofahrer einige „Tröpfchen Alkohol“ mehr erlauben kann.

2. Strafbare Trunkenheitsfahrt

Doch auch als Fahrradfahrer gibt es ein Zuviel an Alkohol, so dass Alkohol hinter dem Fahrradlenker sogar eine Straftat darstellen kann.

Wann eine Fahrt unter Alkoholeinfluss strafbar wird, ist in § 316 StGB geregelt. Strafbar wird die Trunkenheitsfahrt, wenn der Fahrer nicht mehr in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Dies gilt für alle Fahrzeuge, so dass nicht nur Kraftfahrzeuge gemeint sind, sondern auch Fahrräder.

Die Promillegrenze für Fahruntüchtigkeit ist nicht im Gesetz geregelt, sondern wird von der Rechtsprechung bewertet. Während Kraftfahrer ab einer Blutalkoholkonzentration (kurz: BAK) von 1,1 Promille als „absolut“ fahruntauglich gelten, liegt die absolute Fahruntauglichkeit für Radfahrer erst bei 1,6 Promille. Diese Zahl setzt sich aus einem Grundwert von 1,5 Promille und einem Sicherheitszuschlag von 0,1 Promille für etwaige Messungenauigkeiten zusammen.

Maßgeblich für die Bestimmung dieser Promillegrenze ist ein Beschluss des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1986 (BGH, Beschluss vom 17.07.1986, 4 StR 543/85). Der Bundesgerichtshof setzte erstmals auch für Radfahrer einen Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit fest, und zwar auf 1,7 Promille. Dieser Wert hat sich seitdem nur insofern um 0,1 Promille reduziert, als dass der Sicherheitszuschlag Anfang der 90er Jahre von 0,2 auf 0,1 herabgesetzt wurde, da sich die Messmethoden verbessert haben und die Messergebnisse genauer sind. Der Grundwert von 1,5 Promille gilt aber seit 1986 unverändert.

An dieser Promillegrenze wird sich voraussichtlich auch weiterhin nichts ändern. Entsprechende Beratungen der Verkehrsminister der Länder über eine Herabsenkung dieser Promillegrenze und Empfehlungen an das Bundesverkehrsministerium, die geltenden Gesetze zu überprüfen, haben auch in neuerer Zeit zu keinen Veränderungen geführt. Daher gilt in Deutschland ein Radfahrer auch weiterhin erst mit 1,6 Promille Alkohol im Blut als nicht mehr fahrtauglich – unabhängig davon, ob hierdurch eine Gefahr für andere Personen oder Sachen besteht oder nicht. Ab Erreichen dieses Promillewertes wird die Fahruntüchtigkeit des Radfahrers unwiderlegbar vermutet.

Wer diese 1,6 Promille oder mehr aufweist, dem blühen eine Geldstrafe – meist in Höhe eines Nettomonatsgehalts – 3 Punkte in Flensburg und die Anordnung einer sogenannten medizinisch-psychologische Untersuchung, kurz MPU, besser bekannt als „Idiotentest“. Wenn dieser nicht bestanden wird, droht sogar der Führerscheinverlust. Angesichts dieser möglichen erheblichen Folgen sollte klar werden, dass auch bei der Radfahrt mit Alkohol nicht zu Spaßen ist.

Wie viele Glas Bier sind zuviel?
Doch wann ist es genug? Die Frage, nach wie viel Bier oder Wein man das Auto oder Fahrrad besser stehen lässt, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern hängt von den individuellen körperlichen Voraussetzungen ab.

Der Alkoholgehalt im Blut eines Menschen wird üblicherweise in Promille angegeben und berechnet und kann in der Atemluft oder im Blut gemessen werden. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat einen Promillerechner entwickelt, mit dem man seine persönlichen Promillewerte ermitteln kann.

3. Konsequenzen drohen schon ab 0,3 Promille

Was wenige Radfahrer wissen: Sowohl für Auto- als auch für Radfahrer gilt die sogenannte relative Fahruntüchtigkeit ab einem Promillewert von 0,3 Promille. Wer also auch mit weniger als dem absoluten Grenzwert fährt, dabei aber durch Ausfallerscheinungen auffällt, macht sich strafbar. Typische alkoholbedingte Fahrfehler wie Schlangenlinien fahren, verlangsamte Reaktionen wie zu spätes Blinkersetzen oder verkehrt in Einbahnstraßen fahren können zwar auch ohne Alkoholeinfluss erfolgen. Wer sich aber verkehrsaufällig verhält und dabei alkoholisiert erwischt wird, riskiert schon mit recht geringen Promillewerten eine Strafanzeige.

Wenn darüber hinaus auch ein Unfall verursacht wird, bei dem das Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet werden, droht eine Geld- oder sogar Freiheitsstrafe nach § 315c Strafgesetzbuch.

4. Kein Haftpflichtschutz bei fahrlässiger Unfallverursachung

Zu bedenken ist auch, dass einen alkoholisierten Radfahrer, der an einem Unfall beteiligt war, vor Gericht in aller Regel zumindest eine Teilschuld trifft.
Noch ärger trifft es den, für den Fahrlässigkeit oder sogar Vorsatz festgestellt wird: In diesen Fällen wird die private Haftpflichtversicherung von der Leistungspflicht befreit, so dass der Radfahrer für alle Schäden und das Schmerzensgeld selbst aufkommen muss. Sollte eine „betrunkene“ Radtour zu einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren führen und der Verlust des Führerscheins und die beschriebenen haftungsrechtliche Folgen drohen, sollten Sie umgehend einen auf dieses Rechtsgebiet spezialisierten Anwalt einschalten.