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MPU umgehen nach Alkohol am Steuer – wie geht das?

Wer einmal mit Alkohol am Steuer erwischt wurde, verliert meist seinen Führerschein. Doch wie bekommt man ihn wieder?

Zwischen unfreiwilligen Spaziergängen und uneingeschränkter Mobilität steht neben einer Wartezeit häufig die gefürchtete medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU).
Diese umgangssprachlich auch „Idiotentest“ genannte Prüfung besteht aus einer Reihe von medizinischen Tests, psychologischen Gesprächen und Übungen, in denen beurteilt wird, ob man geeignet ist, wieder am Straßenverkehr teilzunehmen. Den Gutachter beim ersten Versuch jedoch von der eigenen inneren Wandlung zu überzeugen, ist bekanntermaßen nicht so einfach.

Besser ist es, alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um diese teure und nervenaufreibende Untersuchung zu umgehen. Kann man jedoch nichts mehr gegen das zugrunde liegende Urteil oder den Strafbefehl unternehmen, sollte man sich in den meisten Fällen besser gut auf die anstehende MPU vorzubereiten. Ist man schließlich dennoch durchgefallen, so können entweder die Gerichte helfen – oder man behält das negative Ergebnis für sich und versucht es erneut. Beachtet man dabei gewisse Aspekte, hat man beim zweiten Mal bessere Chancen.

1. Wann wird eine MPU nach Alkohol am Steuer angeordnet?

Wer im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss fährt, kann sich strafbar machen und riskiert seinen Führerschein. Bei Alkohol am Steuer wird der sog. Entzug der Fahrerlaubnis nach § 69 Strafgesetzbuch – StGB von einem Strafgericht angeordnet, das über Verkehrsstraftaten urteilt bzw. hierzu einen Strafbefehl erlässt. Das Gericht entscheidet nach der Verurteilung, ob der Betroffene infolge der Tat zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Wer allerdings mit über 1,1 Promille am Steuer erwischt wird, mit mindestens 0,3 Promille im Blut Schlangenlinien gefahren ist oder sogar den Straßenverkehr ernsthaft gefährdet oder Unfallflucht begangen hat, der verliert seinen Führerschein fast immer (vgl. § 69 Abs. 2 StGB).

Will man wieder Auto fahren, muss man den Führerschein neu beantragen. Doch das Gericht erlegt dem Betroffenen nach § 69a StGB meist eine sog. Sperrfrist zwischen sechs Monaten und fünf Jahren auf, vor deren Ablauf keine neue Fahrerlaub erteilt werden kann. Den Antrag auf Wiedererteilung darf man erst drei Monate vor Ablauf der Frist bei der Fahrerlaubnisbehörde beantragen.

Nach dieser erzwungenen Wartezeit muss man zwar in der Regel keine neue Führerscheinprüfung ablegen. Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet jedoch an, sich einer MPU zu unterziehen. § 13 FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung) bestimmt, in welchen Fällen ein medizinisch-psychologisches Gutachten angefordert werden muss. Das ist der Fall, wenn

  • Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen (eine Alkoholabhängigkeit ist nicht erforderlich),
  • man wiederholt durch Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss auffällt,
  • eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr festgestellt wurde,
  • die Fahrerlaubnis aus einem der ersten drei genannten Gründe entzogen war oder
  • sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht.

Verweigert der Betroffene eine Untersuchung oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 17. März 2021 entschieden, dass auch bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit hoher Blutalkoholkonzentration und fehlenden Ausfallerscheinungen ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist. Ansonsten kann auf die Nichteignung geschlossen werden.

Bei Personen, die aufgrund ihres Trinkverhaltens eine hohe Alkoholgewöhnung erreicht haben, besteht nicht nur eine erhöhte Rückfallgefahr, sondern auch die Gefahr, dass die Auswirkungen des Alkoholkonsums auf die Fahrsicherheit nicht mehr realistisch eingeschätzt werden können. Nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen kann nämlich von einer außergewöhnlichen Alkoholgewöhnung ausgegangen werden, wenn der Betroffene bei einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,1 Promille keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen zeigte.

Übrigens: Auch wenn man einem Entzug der Fahrerlaubnis entkommen ist und beispielsweise nur ein Fahrverbot oder ein Bußgeld auferlegt bekommen hat, kann einem die MPU drohen. Die Behörde kann unabhängig von einem gerichtlichen Verfahren zu der Prognose kommen, dass man besser nicht mehr hinterm Steuer sitzen sollte – z.B., wenn man möglicherweise alkoholabhängig ist oder Anzeichen dafür bestehen, dass man missbräuchlich damit umgeht. Legt man dann in der vorgegebenen Zeit keine MPU vor, die das Gegenteil beweist, darf die Behörde die Fahrerlaubnis auch entziehen und erst wieder erteilen, wenn man das positive MPU-Ergebnis nachgereicht hat.

2. Wie verhindert man den Führerscheinentzug?

Wird man verurteilt, ist der Führerschein ab diesem Moment ungültig. Das Dokument wird – wenn die Polizei es bei der verhängnisvollen Alkoholkontrolle nicht sowieso schon vorläufig beschlagnahmt hat – entweder eingezogen oder mit einem Ungültigkeitsvermerk versehen.

Im besten Falle kann man allerdings – mithilfe eines guten Strafverteidigers – verhindern, überhaupt verurteilt zu werden. Hat man sich während der Polizeikontrolle zwar kooperativ verhalten, aber keinerlei Aussagen zum eigenen Alkoholkonsum getroffen, gelingt es häufig, Fehler bei der Blutkontrolle nachzuweisen (z.B. fehlende richterliche Anordnung, kein Beweis des zeitlichen Abstands zwischen letztem alkoholischen Getränk und Blutprobe) und diese in der Verhandlung mit Erfolg zu rügen.

Schwieriger, aber nicht unmöglich, ist es auch, Berufung oder Revision gegen die Verurteilung einzulegen, bevor das Urteil rechtskräftig wird. Hier ist es möglich, den Rechtsbeistand zu wechseln, falls man sich in der ersten Instanz nicht gut vertreten gefühlt hat.

3. MPU angeordnet – kann man sie jetzt noch umgehen?

Sollte der Brief, in dem man um die Einreichung eines MPU-Gutachtens gebeten wird, bereits im Briefkasten liegen, wird es leider schwer, die MPU jetzt noch zu umgehen.

Zunächst sollte man auf jeden Fall den eigenen Anspruch wahrnehmen, Akteneinsicht in all die Unterlagen zu bekommen, welche die Behörde dem MPU-Gutachter übersenden wird. Wichtig ist insbesondere die Begründung des Gerichts für die Entscheidung, die Fahrerlaubnis zu entziehen und eine Sperrfrist anzuordnen. Sie ist die Grundlage, auf der ein Gutachter später arbeiten wird.

Gegen die Anordnung selbst kann man leider nichts tun. Wie das Bundesverwaltungsgericht es sieht, ist das Schreiben nur vorbereitend und enthält keine Regelung, die man selbstständig angreifen kann – schließlich kann man sich auch entscheiden, sich nicht „freiwillig“ der MPU zu unterziehen und auf den Führerschein zu verzichten.

Wehren kann man sich aber, wenn die Behörde die Fahrerlaubnis bereits entzogen bzw. ihre Wiedererteilung versagt hat. Möchte man die MPU also um jeden Preis umgehen, kann man abwarten, bis die Frist der Behörde verstrichen ist und einen negativen Bescheid kassieren. Dann kann man mit einem gerichtlichen Eilverfahren verhindern, dass diese Entscheidung sofort rechtswirksam wird. Außerdem muss man innerhalb der Frist von einem Monat nach Zugang dieser Entscheidung Widerspruch einlegen bzw. Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Solche Verfahren können z.B. erfolgreich sein, wenn der Führerscheinstelle formelle Fehler bei der Anordnung der MPU unterlaufen sind oder sie die zugrundeliegenden Tatsachen falsch gewürdigt hat. Ein spezialisierter Anwalt für Verkehrsrecht kennt diese „Schlupflöcher“ und kann hierzu individuell beraten.

4. Wie man sich auf die MPU vorbereiten und sie bestehen kann

Haben solche Maßnahmen keinen Erfolg, kommt man um die MPU nicht herum. Dann muss man sich selbst an eine anerkannte „Begutachtungsstelle für Fahreignung“ wenden und die MPU in Auftrag geben – zum Beispiel den TÜV. Die MPU selbst besteht dann – wie der Name schon sagt – aus einem medizinischen und einem psychologischen Untersuchungsabschnitt.

Im medizinischen Teil der MPU wird der Körper untersucht – zum Beispiel Blut abgenommen, wenn der Verdacht auf Alkoholabhängigkeit besteht. Zudem fragt der Gutachter den Betroffenen nach seinem Konsumverhalten. Dazu kann es sein, dass die Behörde zusätzlich einen Nachweis verlangt, dass man an einem sog. ETG-Programm teilgenommen und regelmäßige Abstinenznachweise erbracht hat. Naturgemäß dauert es, ein solches Programm zu absolvieren. Daher sollte man sich über dieses Erfordernis erkundigen, bevor man einen Antrag auf Wiedererteilung des Führerscheins stellt.

Im psychologischen Teil muss man sich zunächst ebenfalls gewissen Tests zur Leistungsfähigkeit unterziehen (z.B. Reaktionsleistung, Konzentration, Aufmerksamkeit etc.). Der Gutachter erstellt dann nach einem oder mehreren Gesprächen eine schriftliche Prognose darüber, ob er das zukünftige Verhalten des Betroffenen als so positiv einschätzt, dass man ihn wieder fahren lassen kann. Dabei folgt er einem vorgegebenen Schema, den „Beurteilungskriterien zur Urteilsbildung in der Medizinisch-Psychologischen Fahreignungsdiagnostik“.

Um sich auf dieses Gespräch vorzubereiten, gibt es diverse kommerzielle Vorbereitungskurse, deren Qualität allerdings sehr unterschiedlich ist. Wichtiger, als hier irgendwelche Antworten auswendig zu lernen, ist es, sich ernsthaft mit den damaligen Geschehnissen auseinanderzusetzen. Man muss in der Lage sein, darzustellen, dass man das Fehlverhalten genau analysiert und eingesehen hat. Wichtig ist es auch, glaubhaft beschreiben zu können, inwiefern man sein eigenes Leben geändert hat. Die Motivation zur Veränderung muss aus einem selbst heraus kommen und darf nicht durch äußere Umstände angetrieben worden sein. Schließlich muss man anerkennen, dass Ausnahmesituationen immer wieder passieren können und daher eine realistische Strategie parat haben, wie man sich selbst davon abhalten kann, wieder einen so großen Fehler zu machen.

5. Was tun, wenn man durchgefallen ist?

Ist man trotz aller Vorbereitung „durchgefallen“, hilft es vielleicht, zu wissen, dass man damit absolut nicht allein ist. Vielen gelingt es das erste Mal nicht, das Misstrauen des behördlichen Psychologen auszuräumen. Das Wichtigste in einem solchen Fall: Das Gutachten ist für den Betroffenen zwar sehr wichtig, nicht aber für die Führerscheinstelle! Man ist nicht verpflichtet, die negative Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde mitzuteilen und sollte dies auch auf keinen Fall tun, selbst wenn man dazu aufgefordert wird. Und der Begutachtungsstelle ist es aufgrund des Vertrages ohne Einwilligung verboten, irgendwelche Informationen weiterzuleiten.

Es gibt Möglichkeiten, gegen dieses Gutachten vorzugehen. Zum einen kann man den Gutachter selbst vor einem Zivilgericht mit der Begründung verklagen, er habe seine Vertragspflichten verletzt und das Gutachten nicht ordnungsgemäß erstellt. Solche Prozesse haben jedoch eher in Ausnahmefällen Erfolgsaussichten.
Eine andere Möglichkeit ist es, vor das Verwaltungsgericht zu ziehen und das Gutachten selbst anzugreifen. Dies kann hilfreich sein, wenn die festgelegten Beurteilungskriterien nicht eingehalten wurden. Der Gutachter darf sich beispielsweise nicht auf eine statistische Rückfallwahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit Alkohol stützen, sondern muss sich individuell mit der Situation des Gegenübers auseinandersetzen. Allerdings muss man für einen solchen Prozess dem Gericht ein sog. Obergutachten einreichen, aus dem sich ergibt, dass der Erstgutachter Unrecht hatte. Der „Ober-Gutachter“ ist dann ein anderer Erstgutachter.

Schafft man es also nicht, auf einem dieser Wege ein positives Gutachten bei der Behörde einzureichen, verpasst man die behördliche Frist und der Antrag auf Wiedererteilung wird abgelehnt. Für den Fall, dass die Behörde eine MPU angeordnet hat, um den Führerschein zu behalten, wird sie ihn nach Fristablauf entziehen. Wie bereits oben erläutert, kann man in Ausnahmefällen dagegen vorgehen.

Entscheidet man sich gegen ein gerichtliches Vorgehen bzw. hatte man damit keinen Erfolg, so muss man einen erneuten Antrag bei der Führerscheinbehörde stellen, die MPU-Anordnung abwarten und dann die Prüfung wiederholen – bis man Erfolg hat.

6. Fazit

Zusammenfassend gilt Folgendes, wenn man wegen Alkohol am Steuer den Führerschein verloren hat und ihn trotz MPU-Anordnung wieder bekommen möchte:

  • Die Behörde verlangt eine MPU meist, wenn man wegen Alkohol am Steuer verurteilt wurde, die Sperrfrist verstrichen ist und man den Führerschein neu beantragt hat
  • Gegen die Anordnung, eine MPU durchzuführen, kann man nicht klagen – erst, wenn der „Lappen“ weg ist, kann man vor Gericht ziehen
  • Zur Vorbereitung auf die MPU sollte man sich ernsthaft mit dem damaligen Geschehen auseinandersetzen, begründen können, warum das nun nicht mehr passieren könnte und warum man sich entschieden hat, sein Leben zu ändern
  • Wenn man durch die MPU fällt: Das Ergebnis sollte man keinesfalls der Behörde mitteilen!

7. Praxistipps

Muss man die MPU wiederholen, ist es wichtig, sich einen neuen Gutachter zu suchen, der weder das Ergebnis noch den Inhalt des Erstgutachtens kennt. Dann hat man nämlich einen entscheidenden Vorteil: Man weiß, welche Punkte beim ersten Mal zur negativen Entscheidung geführt haben und kann sich diesen gezielt widmen, um sich aufs nächste Mal vorzubereiten. Beachtet man die Empfehlungen des ersten Verkehrspsychologen, hat man beim zweiten gute Erfolgschancen.

Beim Fachanwalt für Verkehrsrecht kann man sich darüber hinaus auch über die Voraussetzungen für die Wiedererlangung des Führerscheins nach Cannabis- oder sonstigem Betäubungsmittelkonsum im Straßenverkehr informieren.