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Welche Strafe droht bei einer Anzeige wegen Sexting?

Die Kriminalstatistiken der letzten Jahre zeigen einen eindeutigen Trend: Die Verbreitung strafrechtlich relevanter Pornographie durch Kinder und Jugendliche nimmt zu. Wir erklären, welche Verteidigungsstrategie sinnvoll ist, um jugendliche Täter vor einer hohen Strafe zu bewahren.

1. Welche pornographischen Inhalte sind für Kinder und Jugendliche strafbar?

In der Regel nutzen Kinder und Jugendliche soziale Medien oder Messenger-Dienste zur Verbreitung pornographischer Inhalte, wobei diese als unterhaltend dargestellt und verharmlost werden.

Beispiel: „Sticker“ oder GIFs bei Whatsapp finden sich auf jedem Handy eines Kindes oder Jugendlichen, enthalten gelegentlich aber verbotene pornographische Inhalte.

Bei der Verbreitung von verbotener Pornographie drohen harte strafrechtliche Konsequenzen, welche schwere Folgen für die Zukunft der Kinder und Jugendlichen nach sich ziehen können.

Die genaue Strafe hängt vom jeweiligen Straftatbestand ab. Jugendliche können sich nach den § 184a-c StGB strafbar machen, wobei die Tathandlungen vom bloßen Besitz strafrechtlich relevanter pornographischer Inhalte bis zur Missbrauchsdarstellung reichen.

Das sogenannte „Sexting“ – also die Verbreitung von jugendpornographischem Inhalt von sich selbst – ist dagegen in der Regel noch nicht strafbar. Natürlich gilt aber: Der Empfänger der Inhalte macht sich strafbar, wenn er diese an eine andere Person weiterleitet.
 
Wenn die abgebildete Person unter 14 Jahren alt ist, macht sich der Empfänger bereits durch den Besitz strafbar – selbst wenn das abgebildete Kind einverstanden ist.

2. Strafen für Kinder- und Jugendpornographie

Kinderpornographie

Unter den Straftatbestand der Kinderpornographie nach § 184b StGB fallen Aufnahmen von sexuellen Handlungen

  • von einem Kind unter 14 Jahren,
  • an einem Kind unter 14 Jahren,
  • oder vor einem Kind unter 14 Jahren
  • sowie von Kindern in aufreizenden Positionen, sogenannte „Posing-Pics“.

Auch die immer häufiger verwendeten „Sticker“ auf Messenger-Diensten können unter den Begriff der Pornographie fallen.

 

Als Tathandlungen sind neben der Verbreitung einige weitere aufgezählt:

 

  • das Herstellen,
  • der Öffentlichkeit zugänglich machen,
  • Beziehen,
  • Liefern,
  • Vorrätig halten,
  • Anbieten,
  • Bewerben
  • oder Ausführen pornographischer Schriften.
Vorsicht: Auch durch den Besitz solcher Inhalte, unabhängig davon ob gewollt oder ungewollt, kann man sich strafbar machen.

Sollte das Verhalten nach § 184b StGB strafbar sein, droht Erwachsenen in der Regel bereits eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Das Strafmaß wurde erst kürzlich durch das 2021 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder hochgestuft.

Kinder und Jugendliche erwarten in aller Regel andere und geringere Strafen. Dazu später mehr.

Jugendpornographie

Um Jugendpornographie (§ 184c StGB) handelt es sich bei pornographischen Inhalten von 14-17jährigen. Im Unterschied zur Verbreitung von Kinderpornographie ist das Herstellen von jugendpornographischen Inhalten dann nicht strafbar, wenn die abgebildete Person einverstanden ist und die Aufnahme allein dem persönlichen Gebrauch dient.

Die Verbreitung und die weiteren genannten Tathandlungen sind allerdings ebenso strafbar, auch wenn das Strafmaß im Vergleich zur Kinderpornographie niedriger ist.

3. Welche Besonderheiten sind im Jugendstrafrecht zu beachten?

Wie bereits angedeutet, können jugendliche Täter andere und deutlich geringere Strafen erwarten. Bei 14-18-Jährigen ergeben sich nämlich die Rechtsfolgen aus dem Jugendgerichtsgesetz (§ 1 JGG), dessen Strafen eher erzieherischen Charakter haben sollen (§ 2 Abs. 1 S. 2 JGG). Auch Heranwachsenden (18-21jährige) kommt in der Regel noch das Jugendgerichtsgesetz zugute, sofern ihre geistige Reife nach Auffassung des Richters eher einem Jugendlichen entspricht.

 

Im Rahmen des Jugendgerichtsgesetzes sollen primär Erziehungsmaßregeln angeordnet werden (§ 5 Abs. 1 JGG). Mögliche Maßnahmen sind insbesondere:

 

  • Bloße Verwarnung
  • Erteilung von Auflagen (u.a. Sozialstunden, Verpflichtung zur Teilnahme an Trainingskursen oder Spenden)

 

Sollten diese keinen Erfolg versprechen oder stellt der Jugendrichter eine besondere Schwere der Schuld fest (§ 17 Abs. 2 JGG), wird die Straftat mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe sanktioniert (§ 5 Abs. 3 JGG). Dies wird aber nur in besonders schweren Fällen, etwa bei Wiederholungstätern vorkommen. Die gelegentliche Verwendung eines „Stickers“ o.ä. bei Whatsapp genügt dafür noch nicht.

 

Zudem bieten die einschlägigen gesetzlichen Regelungen der Staatsanwaltschaft und dem Gericht zahlreiche Möglichkeiten zur Verfahrenserledigung ohne förmliche Verurteilung. § 45 JGG gilt entsprechend auch im Strafverfahren gegen Heranwachsende, wenn Jugendstrafrecht zur Anwendung kommt. Außerdem regelt § 48 JGG, dass die Hauptverhandlung nicht öffentlich ist. Sie müssen also keine Zuschauer befürchten.

4. Die richtige Verteidigungsstrategie für eine zweite Chance

Letztendlich bleibt aufgrund des hohen Strafmaßes im Rahmen der Verbreitung von verbotener Pornographie eine professionelle Verteidigungsstrategie unverzichtbar.

Im Fall eines Kindes oder Jugendlichen als Beschuldigter der Kinderpornographie ist dies sogar zwingend, da ein Fall notwendiger Verteidigung vorliegt (§ 68 Nr. 1 JGG i.V.m. § 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO). Dies bedeutet, dass dem Beschuldigten spätestens vor seiner Beschuldigtenvernehmung durch die Polizei oder die Staatsanwaltschaft von Amts wegen ein Pflichtverteidiger zugeteilt wird, sofern er noch keinen Verteidiger hat.

Tipp: Sie sollten bereits bei ersten Anhaltspunkten der Beschuldigung einen Anwalt für Sexualstrafrecht kontaktieren. Dieser kann auf eine möglichst schnelle und geräuschlose Beendigung des Verfahrens hinwirken.

Außerdem ist Folgendes zu beachten:

  • Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens kommt es in der Regel zu einer Hausdurchsuchung. Auch wenn Beschuldigte oder Familienangehörige die Hausdurchsuchung nicht behindern sollten, schweigen Sie zu den Vorwürfen. In aller Regel suchen die Beamten Handys, Tablets und Computer.
  • Sobald dem Beschuldigten Akteneinsicht gewährt wird (diese kann nur der Anwalt beantragen), ist eine gründliche Analyse der Auswertung der Datenträger aus dem Ermittlungsverfahren essenziell, um mögliche Fehlerquellen der Auswertung zu identifizieren.
  • Oberstes Ziel sollte die Vermeidung der Hauptverhandlung sein, um nicht nur eine Strafe, sondern auch psychische Belastungen und eine Rufschädigung zu vermeiden.

5. Verjährung der Strafbarkeit wegen Kinderpornographie

Die Verjährung ist an die Höhe des Strafmaßes gebunden und beträgt daher im Fall der Kinderpornographie zehn und im Fall der Jugendpornographie fünf Jahre. Die Frist beginnt bei Beendigung der Tat, d.h. in der Regel bei Aufgabe des Besitzes des pornographischen Inhalts. Das kann etwa das endgültige (!) Löschen des Materials auf dem Handy und aller anderen Geräte oder Speichermedien sein.

6. Fazit

  • Bei der Verbreitung strafrechtlich relevanter pornographischer Inhalte drohen hohe Strafen. Schon der Besitz kann bereits strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
  • Verboten ist insbesondere der Besitz an und das Verbreiten von Kinder- und Jugendpornographie.
  • Im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht bietet das Jugendstrafrecht viele Möglichkeiten der Verfahrenseinstellung und Alternativen zur „klassischen“ Strafe. Zur Haft oder Geldstrafe kommt es hier seltener.
  • Ein Strafverteidiger weiß um diese Besonderheiten des Jugendstrafrechts und kann Ihre Strafe mildern oder Sie vor einer Strafe bewahren.