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Strafbefehl: Was Sie jetzt tun sollten und wann ein Einspruch lohnt

Alles zum Strafbefehl: Wir erläutern, wann ein Strafbefehl das kleinere Übel ist und in welchen Fällen und in welcher Form ein Einspruch gegen den Strafbefehl sinnvoll ist.

1. Wann es zu einem Strafbefehl kommt

Der Strafbefehl ermöglicht den Strafverfolgungsbehörden ein kostensparendes und schnelles, daher „vereinfachtes“ bzw. verkürztes Strafverfahren: Der Angeklagte erhält eine Strafe, ohne dass hierfür eine Hauptverhandlung – also eine mündliche Gerichtsverhandlung, an der Sie teilnehmen müssten – erforderlich ist. Ebenso bedarf es keines Strafurteils, da der Strafbefehl bereits eine strafrechtliche Verurteilung enthält.

Zulässig ist das Strafbefehlsverfahren bei kleineren Straftaten, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von unter einem Jahr oder mit Geldstrafe bedroht sind.

Hierzu zählen beispielsweise die folgenden Delikte:

Nicht zulässig ist der Strafbefehl aber bei Verbrechen wie Mord, Totschlag oder Raub, für die eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder mehr droht.

Durch den Strafbefehl dürfen nur bestimmte Strafen festgesetzt werden, wie beispielsweise eine Geldstrafe, eine Verwarnung oder ein Fahrverbot.

Bei einem Verdacht auf eine Straftat leiten Polizei und Staatsanwaltschaft zunächst ein Ermittlungsverfahren ein. Der Beschuldigte wird meist bereits im Zuge dieser Ermittlungen über den Vorwurf einer Straftat schriftlich informiert. Ein später folgender Strafbefehl kommt dann also nicht allzu überraschend.

Anders als bei einem Strafurteil muss bei einem Strafbefehl nicht feststehen, dass sich der Beschuldigte der Straftat tatsächlich schuldig gemacht hat. Der sogenannte „hinreichende Tatverdacht“ reicht aus.

Dieser liegt vor, wenn eine Schuld des Betroffenen wahrscheinlich ist. Über den Erlass des Strafbefehls entscheidet das Strafgericht, den Antrag stellt die Staatsanwaltschaft. Hält das Gericht den Beschuldigten nicht für hinreichend verdächtig oder erachtet es eine mündliche Verhandlung zur weiteren Aufklärung der Tatumstände für notwendig, wird es einen Strafbefehl ablehnen. Das Gericht wird dann statt des Strafbefehls einen Termin für eine Hauptverhandlung ansetzen.

Erlässt das Gericht den beantragten Strafbefehl, ist der Betroffene ab diesem Zeitpunkt nicht mehr nur Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren, sondern Angeklagter eines Strafverfahrens.

2. Wie Sie sich jetzt richtig verhalten

Sie erhalten den Strafbefehl per Post. In dem Schreiben erfahren Sie, welche Straftat die Staatsanwaltschaft Ihnen aufgrund der vorangegangenen Ermittlungen vorwirft und welche Strafe gegen Sie festgesetzt wird.

Wenn Sie sich nicht bereits im Zuge des Ermittlungsverfahrens einen Anwalt genommen haben, sollten Sie dies spätestens jetzt machen. Ohne einen erfahrenen Strafverteidiger ist es für Sie schwer einschätzbar, wie Sie sich nun bestmöglich verhalten, denn das Strafbefehlsverfahren kann je nach den genaueren Umständen für Sie zum Nachteil, aber auch zum Vorteil sein.

In manchen Fällen sollten Sie nicht gegen den Strafbefehl vorgehen und die dort festgesetzte Strafe annehmen. Dies gilt vor allem, wenn der Tatvorwurf zutrifft und die nach dem Ermittlungsverfahren feststehenden Beweise gegen Sie erdrückend sind.

Ein Einspruch wäre dann unter Umständen das falsche Mittel. Dagegen bestehen in vielen anderen Fällen Möglichkeiten, etwas gegen den Strafbefehl zu unternehmen.

Bei diesen Überlegungen ist stets die relativ kurze Einspruchsfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Strafbefehls zu beachten. Wird nicht fristgerecht Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, wird dieser rechtskräftig und ist wie ein Strafurteil vollstreckbar!

3. Strafbefehl akzeptieren – ja oder nein?

Ihr Strafverteidiger wird Ihre Optionen prüfen und die Pros und Contras zum Strafbefehl in Abstimmung mit Ihnen abwägen. Hierzu wird Ihr Anwalt auch Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen und prüfen, was das Ermittlungsverfahren mit Blick auf den Hergang der Tat, die Beteiligten, Beweise etc. zutage gebracht hat.

Für die Annahme des Strafbefehls können folgende Umstände sprechen:

  1. der Tatvorwurf trifft zu und die festgesetzte Strafe ist angemessen
  2. keine öffentliche Hauptverhandlung erforderlich, Ihnen bleibt eine – häufig belastende – mündliche Erörterung Ihres Falles vor Gericht erspart
  3. eine möglichst „leise“ Abwicklung des Strafverfahrens, sodass z. B. eine Veröffentlichung in der Presse oder eine öffentliche Stigmatisierung wegen der erhobenen Vorwürfe eher vermieden werden kann.

Gegen den Strafbefehl und für einen Einspruch können folgende Umstände sprechen:

  1. Sie sind unschuldig oder nicht in dem Umfang schuldig, wie es der Tatvorwurf feststellt
  2. der Tatvorwurf trifft zwar zu, aber die festgesetzte Strafe, ist unverhältnismäßig, also zu hoch
  3. der rechtskräftige Strafbefehl stellt nichts anderes als eine strafrechtliche Verurteilung dar, z. B. zu einer Geldstrafe oder einem Fahrverbot
  4. zudem wird der Strafbefehl im Bundeszentralregister und eventuell im Führungszeugnis eingetragen, was sich nachteilig auf Ihr Berufsleben auswirken kann

Um das Für und Wider sachgerecht abwägen zu können, benötigen Sie die kompetente Einschätzung eines erfahrenen Strafverteidigers. Nicht selten können für die Entscheidung Gründe maßgeblich sein, die Sie selbst als juristischer Laie gar nicht sehen.

Lassen Sie daher frühzeitig vor Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist prüfen, ob ein Einspruch Erfolgsaussicht hat und eventuell sogar die Möglichkeit der Einstellung oder gar eines Freispruchs besteht.

4. Wann ein Einspruch gegen den Strafbefehl sinnvoll ist

Hat ein Einspruch gegen den Strafbefehl Erfolgsaussichten, wird er binnen der Zweiwochenfrist schriftlich oder notfalls mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts eingelegt, das den Strafbefehl erlassen hat. Eine Begründung ist zwar nicht zwingend, aber empfehlenswert, damit das Gericht weiß, weshalb Sie die Strafe nicht akzeptieren.  Anderenfalls wäre der Richter unter Umständen gezwungen, einen Termin für eine Hauptverhandlung zu bestimmen, um Näheres zu erfahren – was Sie wahrscheinlich ja gerade vermeiden wollen.

Ein Einspruch kann sich gegen den Strafbefehl insgesamt – sogenannter unbeschränkter Einspruch – oder nur gegen die im Strafbefehl festgesetzte Strafe – sogenannter beschränkter Einspruch – richten.

Der Einspruch sollte unbeschränkt eingelegt werden, wenn der im Strafbefehl aufgeführte Sachverhalt Fehler enthält oder nicht den Tatsachen entspricht.

Ebenso ist der unbeschränkte Einspruch das richtige Mittel, wenn der Strafbefehl rechtliche Fehler enthält. Je nach den Einzelumständen kann dann auch eine Einstellung oder sogar ein Freispruch erreicht werden.

Der beschränkte Einspruch sollte gewählt werden, wenn der im Strafbefehl beschriebene Sachverhalt richtig ist, ggf. sogar im Ermittlungsverfahren nachgewiesen wurde. Denn in diesem Fall kann sich ein unbeschränkter Einspruch als nachteilig erweisen: Stellt das Gericht fest, dass die im Strafbefehl aufgeführten Tatsachen richtig sind, kann dies auch zu einer noch höheren Strafe führen. Denn das Gericht kann das Strafmaß im Einspruchsverfahren überprüfen und ist dabei nicht an die zuvor von der Staatsanwaltschaft festgelegte Strafe gebunden. Bei einem auf die Rechtsfolgen beschränkten Einspruch kann das Gericht daher sowohl zum Nachteil als auch zugunsten des Angeklagten feststellen, dass die im Strafbefehl festgesetzte Strafe falsch oder die Strafhöhe unverhältnismäßig ist, und z. B. bei einer Geldstrafe die Tagessatzhöhe neu bestimmen.

5. Fazit

  • Das Strafbefehlsverfahren ist ein einfaches und schnelles Verfahren, das die Strafjustiz entlastet.
  • Ein Strafbefehl ist nur möglich bei kleineren Delikten wie Diebstahl, einfache Körperverletzung, Beleidigung u. ä.
  • Es gilt eine zweiwöchige Einspruchsfrist ab Zustellung; danach ist der Strafbefehl rechtskräftig und vollstreckbar.
  • Ein Einspruch kann sich gegen den gesamten Strafbefehl oder nur gegen die darin festgesetzte Strafe richten.
  • Fehler beim Einspruch können durchaus zu einer höheren Strafe führen als die ursprünglich im Strafbefehl festgesetzte.